NRW feiert „überdurchschnittlich unauffällig“ Karneval – die Bilanz zum Altweiber 2024

Diesmal regnete es nicht nur Konfetti, doch Deutschlands Karnevalisten ließen sich davon nicht die Laune verderben. Zwar war es draußen nicht so voll wie sonst, aber gefeiert wurde trotzdem.
Weiberfastnacht - Köln
Karnevalistinnen feiern in Regenschutz vor dem Dom. Mit Weiberfastnacht beginnt der Straßenkarneval. Foto: Oliver Berg/dpa
Karnevalistinnen feiern in Regenschutz vor dem Dom. Mit Weiberfastnacht beginnt der Straßenkarneval. Foto: Oliver Berg/dpa

Mit nassem Konfetti und Regencape über dem Kostüm sind die Narren am Donnerstag in den Straßenkarneval gestartet. Obwohl das Wetter verhangen bis regnerisch war, feierten Clowns, Batmans und Eisbären unter freiem Himmel auf Straßen und Plätzen. Nass wurden dabei auch die Kehlen – ein paar Getränke waren ebenso dabei.

„Karneval war ruhig“, fasste ein Sprecher der Polizei Düsseldorf am Freitagmorgen das Einsatzgeschehen zusammen. Auch ein Kölner Polizeisprecher sagte: „Wir haben keine größeren Einsatzlagen gehabt. Kleinere Scharmützel, die auch am Wochenende vorkommen, aber im Ganzen sehr ruhig.“

Polizei spricht von „überdurchschnittlich unauffälliger“ Karnevalsnacht

Die Nacht von Weiberfastnacht auf Freitag verlief in den Karnevalshochburgen Köln und Düsseldorf nach Polizeiangaben „überdurchschnittlich unauffällig“, wie ein Sprecher der Polizei Düsseldorf die erste Zwischenbilanz (Stand: 20 Uhr) nannte. In der Landeshauptstadt sei die Polizei mit so vielen Kräften wie nie zuvor im Einsatz gewesen, habe aber „nichts Schlimmes“ zu bearbeiten gehabt: „mal eine Körperverletzung, mal ein Randalierer“. Vermutlich habe das schlechte Wetter dazu beigetragen, dass nicht so früh so viele aggressive, betrunkene Jugendliche auf den Straßen unterwegs gewesen seien, sagte der Sprecher. „Nicht vergleichbar mit früheren Altweiber-Jahren.“

Auch eine Sprecherin der Kölner Polizei meldete keine herausragenden Vorkommnisse. „Bislang wurden 10 Personen in Gewahrsam genommen und 21 Strafanzeigen wegen Körperverletzungsdelikten (18), Raub (1), Widerstand (1) und Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (1) gefertigt“. Zudem seien vier Sexualdelikte angezeigt worden, bei denen Frauen begrapscht worden seien, sowie eine exhibitionistische Handlung. Generell habe die verregnete Altweiber-Fastnacht gezeigt: „An allen Hotspots waren vergleichsweise weniger Jecken unterwegs als im Vorjahr.“

Karneval in NRW begeistert die Jecken – „Möhnen“ stürmen Düsseldorf

Karneval Altweiber Düsseldorf Möhnensturm Rathaus

OB Stephan Keller lässt sich von den Möhnen die Krawatte abschneiden. Foto: Michael Gstettenbauer / Stadt Düsseldorf

Wie an Weiberfastnacht üblich stürmten in vielen Städten Frauen die Rathäuser und übernahmen symbolisch die Macht. So setzten in Düsseldorf die „Möhnen“ Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) gefangen, der sich als Wagenknecht verkleidet hatte.

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Eine ganz besondere Weiberfastnacht gab es diesmal in Bonn-Beuel, wo der 200. Jahrestag des sogenannten Wäscherinnen-Aufstands gefeiert wurde. 1824 hatten sich die Beueler Wäscherinnen gegen das Patriarchat und die damit verbundene Ausbeutung der Frauen gewandt und ein Damenkomitee gegründet. Bei einem Kaffeeklatsch nach einem festen Reglement tauschten sich die Frauen von da an regelmäßig über grobe Verstöße ihrer Männer gegen den Hausfrieden und die eheliche Treue aus.

In Mainz versammelten sich etwa 7000 Narren, nach Polizei-Angaben waren das weniger als sonst. In Teilen von Baden-Württemberg nahm die schwäbisch-alemannische Fastnacht Fahrt auf. So wurde in Konstanz am Bodensee der „Schmotzige Dunschtig“ oder der „Gumpige“ Donnerstag mit Musik, Glocken und Rätschen eingeläutet. Dort hieß es schon um 6 Uhr: Narrenwecken. Bis in den Abend standen „Schulbefreiungen“, das Narrenbaum-Stellen und Umzüge auf dem Programm. In Bayern ließ sich Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Unsinnigen Donnerstag in der Staatskanzlei die Krawatte abschneiden.

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„Kwartier Latäng“ in Köln wieder gut besucht

Zülpicher Straße an Weiberfastnacht in Köln

Voll, voller, Zülpicher Straße zu Karneval in Köln! Foto: Thomas Banneyer/dpa

So sorgte die „fünfte Jahreszeit“ auch unter grauem Himmel für einen Stimmungsaufheller. „Mal ganz im Ernst: Wenn überall nur schlechte Nachrichten sind, warum sollte man dann nicht mal ein bisschen Frohsinn versprühen?“, sagte Frieda, Jungfrau im Kölner Dreigestirn, der dpa. Das gebe den Menschen dann auch wieder Kraft und Halt.

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) erklärte sich den geringeren Zulauf mit den Worten: „Die nur saufen wollen, sind eben zu Hause geblieben.“ Sie klang dabei nicht unglücklich.

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In Köln knubbelten sich die Feiernden vor allem im Studentenviertel „Kwartier Latäng“ rund um die Zülpicher Straße. Rund 1500 Polizisten, 200 Ordnungsamtsmitarbeiter und mehr als 1000 private Sicherheitskräfte standen bereit, um den Ansturm der Partytouristen in halbwegs geregelte Bahnen zu lenken.

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Erstmals lief auch eine Präventionskampagne unter dem Motto „It’s a dress, not a yes!“: Videoclips machten darauf aufmerksam, dass bestimmte Kleidung oder ausgelassenes Feiern nicht als Einladung für sexuelle Übergriffe missverstanden werden dürften. „Lasst die Hände bei euch“, mahnt etwa ein Tanzmariechen der Roten Funken. Die Polizei fügt hinzu: „Föttchesföhler, also Grapscher, sind unerwünscht!“

Unfall am Kölner Hauptbahnhof

Am Kölner Hauptbahnhof war es am Donnerstagnachmittag zu einem Unfall mit Karnevalswagen gekommen. Ein Auto sei plötzlich zwischen zwei Festwagen gefahren, teilte die Polizei mit. Aufgrund der dadurch notwendig gewordenen Vollbremsung seien auf der Ladefläche eines der Wagen vier Karnevalisten gestürzt und hätten sich Verletzungen zugezogen. Rettungswagen hätten drei von ihnen ins Krankenhaus gebracht. Der Autofahrer sei weitergefahren, ohne anzuhalten.

Karneval in Köln: Reker setzt deutliches Zeichen gegen Rechts

Weiberfastnacht - Köln

Henriette Reker, Oberbürgermeisterin von Köln, feiert an Weiberfastnacht die Eröffnung des Straßenkarnevals auf dem Alter Markt. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Oberbürgermeisterin Reker, die 2015 von einem rechtsextremen Attentäter lebensgefährlich verletzt worden war, schlug einen Bogen von den Demonstrationen gegen rechts zum Karneval. Der Kölner Karneval stehe grundsätzlich allen Menschen offen – nicht nur den Einheimischen, sagte Reker der dpa. „Im Karneval wird in Köln die Vielfalt gefeiert. Wir sind integrativ, wir sind inklusiv.“ Es reiche aber nicht aus, diese Vielfalt zu beschunkeln, sie müsse jeden Tag gelebt werden.

Karnevalspräsident Christoph Kuckelkorn betonte: „Köln ist bunt. Wir haben alle Nationalitäten, alle Religionszugehörigkeiten, Orientierungen hier. Köln ist ein Raum der Vielfalt. Da haben irgendwelche Strömungen, die das in irgendeiner Weise auch nur annähernd eingrenzen wollen, überhaupt keine Chance, und dafür streiten wir. Der Karneval steht immer fest an der Seite der Demokratie.“

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Karnevalsverweigerer können sich auf den Literaturnobelpreisträger und gebürtigen Kölner Heinrich Böll (1917-1985) berufen. Von ihm stammt der Ausspruch: „Ich kann mir keine schrecklichere Pflicht vorstellen als die Pflicht zum Humor.“

dpa