Erhält man einen sogenannten Kaltanruf, dann …?

Sie sind nicht nur nervig, sondern arten oft in Überrumpelung aus: Unerwünschte Werbeanrufe, auch Kaltanrufe oder "Cold Calls" genannt.
Kaltanruf Cold Call
Foto: Shutterstock/Benjamin Clapp
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Sie sind nicht nur nervig, sondern arten oft in aggressive Überrumpelung aus: Unerwünschte Werbeanrufe, auch Kaltanrufe oder „Cold Calls“ genannt. In den vergangenen zehn Jahren wurden die Gesetze schon zweimal verschärft, zuletzt erst 2013. Die Zahl der Verbraucher aber, die Opfer unseriöser Geschäftemacher wurden, ist zuletzt dennoch wieder gestiegen. Auch deshalb verlangen Verbraucherschützer, Opposition und Bundesländer immer strengere Regeln.

Wie viele Beschwerden wegen Telefonwerbung gab es zuletzt?

2016 gingen bei der Regulierungsbehörde 29.298 schriftliche Beschwerden zu unerlaubter Telefonwerbung ein. Im Jahr davor waren es 24.455. Auch die verhängten Bußgelder fielen höher aus: 2016 wurden Strafen in einer Höhe von 895.849 Euro festgesetzt im Vergleich zu 467.350 Euro im Jahr 2015. Im Zeitraum 2013 bis 2016 wurden insgesamt 455.478 Euro Bußgelder bezahlt.

Wie ist die rechtliche Lage?

Vor ziemlich genau sieben Jahren hatte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung schärfere Gesetze auf den Weg gebracht. Nach dem dann im Herbst 2013 in Kraft getretenen Gesetz müssen Verbraucher dem Erhalt von Werbeanrufen vorher ausdrücklich zustimmen. Ohne diese Einwilligung handelt es sich um einen unerlaubten Werbeanruf, einen sogenannten Cold Call. Ein Werbeanruf liegt auch dann vor, wenn der Angerufene zur Fortsetzung oder Änderung eines Vertrages gedrängt werden soll. Es ist also nicht mehr einfach so möglich, Verbraucher am Telefon zum Vertragsabschluss zu überreden. Auch die Rufnummernunterdrückung bei Werbeanrufen ist verboten.

Wann ist denn eine solche Einwilligung gegeben?

Wenn der Verbraucher schriftlich oder mündlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er im konkreten Fall mit einem Anruf einverstanden ist. Das Einholen der Einwilligung zu Beginn des Telefonats ist laut Bundesnetzagentur unzulässig. Sie müsse vor dem Anruf vorliegen. Auch könne die Einwilligung jederzeit formlos widerrufen werden.

Fallen Anrufe von Markt- und Meinungsforschern auch darunter?

Nein. Diese gelten nicht als unerlaubte Telefonwerbung – „solange sie nicht den Charakter wissenschaftlicher Forschung verlieren“, wie die Bundesnetzagentur betont: „Enthalten derartige Anrufe allerdings Werbung, ist der als Meinungsumfrage getarnte Telefonanruf rechtswidrig und kann von der Bundesnetzagentur verfolgt werden.“

Wie werden entsprechende Verstöße geahndet?

Die Bundesnetzagentur darf ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro verhängen. Allerdings ist die Behörde bisher weit darunter geblieben. Das höchste verhängte Bußgeld betrug bisher 270.000 Euro – gegen das Einspruch eingelegt wurde. Mit einem Bußgeld geahndet werden auch Werbeanrufe via automatischer Anrufmaschine. Die Regulierer benötigen bei Beschwerden präzise Angaben. Ein bloßer Anrufversuch kann nicht mit einem Bußgeld geahndet werden.

Wie sieht ein solcher Bußgeld-Fall aus?

Ein Beispiel: Im Dezember 2016 verhängte die Bundesnetzagentur gegen ein Unternehmen ein Bußgeld von 150.000 Euro. Dieses habe „mit einschüchternden und aggressiven Telefonanrufen für Tiernahrung“ geworben. Die Werbeanrufe seien ohne die vorherige Einwilligung der Verbraucher erfolgt. Verschärfend habe sich die „Art und Weise der Gesprächsführung“ ausgewirkt. Teils seien Verbraucher aufgefordert worden, Hundefutter zu bestellen, obwohl sie keine Haustiere hielten. Andere Verbraucher hätten von „regelrechtem Telefonterror“ gesprochen.

Was fordern Kritiker der bestehenden Gesetze?

Sie verlangen „wirkungsvolle“ Maßnahmen, insbesondere eine schriftliche Bestätigung von am Telefon geschlossenen Verträgen. Eine Gesetzesinitiative kommt aus Baden-Württemberg. In dem im Bundesrat eingebrachten Antrag der grün-schwarzen Landesregierung wird eine „Bestätigungslösung“ gefordert, mit der die „Wirksamkeit von Vertragsschlüssen, die auf Grund von ungebetenen Werbeanrufen zustande kommen, an eine ausdrückliche und formgerechte Bestätigung des Verbrauchers geknüpft werden sollten“.

Gibt es bereits ähnliche Vorgaben?

In dem Gesetzesantrag aus Stuttgart wird auf eine Öffnungsklausel in einer EU-Richtlinie verwiesen. Danach sollen auf Werbeanrufen basierende Verträge nur dann wirksam werden, wenn der Unternehmer sein telefonisches Angebot anschließend „auf einem dauerhaften Datenträger – beispielsweise per Post, E-Mail, Fax oder SMS – bestätigt“ und der Verbraucher per „Textform“ einverstanden ist.

dpa