Streikrecht missbraucht? GDL-Chef Weselsky verärgert Bahnkunden mit „Denkfehler“

Weselsky, der Vorsitzende der GDL, erinnert sich fehlerhaft an einen Vermittlungsvorschlag im langanhaltenden Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn, was zu Verwirrung führt.
Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), am Ende einer Pressekonferenz zu bevorstehenden Streiks. Die GDL hat einen weiteren Streik im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn begonnen. Foto: Carsten Koall/dpa
Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), am Ende einer Pressekonferenz zu bevorstehenden Streiks. Die GDL hat einen weiteren Streik im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn begonnen. Foto: Carsten Koall/dpa

Claus Weselsky, der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, hat mit einer fehlerhaften Darstellung eines Zwischenstandes in den Bahn-Tarifverhandlungen für Unverständnis gesorgt. Thomas Prechtl, Präsident des Bundesverbands Schienennahverkehr, äußerte am Mittwoch Verständnis dafür, dass es nach zahlreichen Verhandlungsrunden zu Missverständnissen kommen könne.

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Er lobte jedoch, dass Weselsky seinen so genannten „Denkfehler“ eingestanden habe. Gleichzeitig betonte Prechtl, dass es nicht akzeptabel sei, „dass Millionen von Fahrgästen ab Donnerstag erneut nicht zur Arbeit kommen können, weil keine Züge aufgrund eines solchen Denkfehlers fahren“. Bundesverkehrsminister Volker Wissing äußerte sich besorgt darüber, dass der Konflikt zunehmend unverständlich werde. Der FDP-Politiker kritisierte insbesondere die Haltung der GDL, die seiner Meinung nach nicht an einer Lösung interessiert sei.

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GDL-Streik: Das war Weselskys Denkfehler

Die Kritik entstand aufgrund der Schilderungen Weselskys über einen Kompromissvorschlag, den der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière und der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther (beide CDU), als Vermittler während der wochenlangen Verhandlungen zwischen den beiden Tarifparteien unterbreitet hatten. Dieser Vorschlag sah eine schrittweise Senkung der Wochenarbeitszeit auf 36 Stunden bis 2028 bei vollem Lohnausgleich vor, was von der Bahn akzeptiert wurde. Die GDL lehnte jedoch ab, was zum Scheitern der Gespräche und zum erneuten Aufruf zum Streik führte.

Weselsky stellte den Vorschlag der Vermittler bei einer Pressekonferenz am Montag falsch dar, indem er behauptete, dass sie eine Senkung auf lediglich 37 Stunden bei vollem Lohnausgleich vorgeschlagen hätten. Eine weitere halbe Stunde Reduzierung wäre optional gewesen und mit finanziellen Einbußen für die Beschäftigten verbunden gewesen. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ räumte Weselsky am Dienstag ein, dass ihm ein „Denkfehler“ unterlaufen sei. Dies ändere jedoch nichts an seiner Haltung, fügte er hinzu.

Bahnsprecher reagiert mit Unverständnis auf Weselskys Angebots-Ablehnung

Ein Bahnsprecher äußerte am Mittwoch in Berlin sein Unverständnis über die Ablehnung der GDL und betonte, dass die Bahn bereit gewesen sei, über ihre eigene Schmerzgrenze hinauszugehen und den Vorschlag anzunehmen. Die GDL fordert unter anderem eine Senkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich, was einer Reduzierung von drei Stunden im Gegensatz zu den vom Vermittler vorgeschlagenen zwei Stunden entspricht.

Wissing betonte gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio, dass diejenigen, die von ihrem Streikrecht Gebrauch machen, Verantwortung übernehmen und konstruktiv verhandeln müssten. Er kritisierte die falschen Darstellungen Weselskys und forderte professionelle und verantwortungsbewusste Verhandlungen.

Weselsky sagte einen geplanten Auftritt vor GDL-Mitgliedern in Wuppertal am Mittwoch ab. Stattdessen verteidigte sein Stellvertreter, Mario Reiß, die Forderungen der Gewerkschaft und betonte, dass die GDL-Verhandler bereit gewesen seien, bei den Entgeltforderungen von 555 Euro mehr pro Monat auf 420 Euro pro Monat herunterzugehen. Allerdings stehen diese Tarifverträge unter dem Vorbehalt des Abschlusses bei der Deutschen Bahn.

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Die Diskussion über die falschen Äußerungen des Vorsitzenden seien für die GDL kein Thema, sagte Reiß in Wuppertal der Deutschen Presse-Agentur. Er behauptete, dass Weselsky sich auf einen früheren Stand der Verhandlungen bezogen habe.

Auch bei Lufthansa wird gestreikt

Abgesehen von der Lokführergewerkschaft hat auch die Gewerkschaft Verdi für diese Woche zu Warnstreiks bei der Lufthansa aufgerufen. Mit neuerlichen Arbeitskämpfen verschiedener Berufsgruppen legt Verdi wichtige Teile des deutschen Luftverkehrs am Donnerstag lahm. Passagiere müssen sich auf hunderte Flugausfälle und Verspätungen einstellen.

Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts, warnte am Mittwoch vor einem möglichen Machtmissbrauch der Gewerkschaften. Er sagte dem Fernsehsender „Welt TV“, dass der Streik die Situation verschlimmern würde und dass das Streikrecht wichtig sei, aber nicht missbraucht werden dürfe. Er befürchtete, dass es hier zu einem problematischen Einsatz komme.

mit dpa