So viele wie noch nie: Experten besorgt wegen Anzahl der Drogentote in NRW

Nordrhein-Westfalen verzeichnet mit 872 Drogentoten ein weiteres Jahr mit einem traurigen Negativrekord. Experten äußern nun die Befürchtung, dass die Situation noch schlimmer werden könnte.
Ein Heroin-Junkie am Tisch. Foto: cunaplus/Shutterstock
Ein Heroin-Junkie am Tisch. Foto: cunaplus/Shutterstock

Die steigende Anzahl von Drogentoten in Nordrhein-Westfalen alarmiert Suchtforscher zusehends. Im vergangenen Jahr verzeichnete das NRW-Innenministerium einen Anstieg um 24 Prozent auf 872 Todesfälle im Zusammenhang mit illegalen Drogenkonsum. Seit 2015 (181 Drogentote) hat sich diese Zahl fast verfünffacht.

Professor Daniel Deimel von der TH Nürnberg erklärt, dass die unklaren Ursachen für diesen Anstieg in NRW auf eine unzureichende Datenbasis zurückzuführen sind. Es werde zu wenig obduziert und toxikologisch begutachtet, wodurch die Qualität der Daten rudimentär sei.

>> Spritzen, Kot, Klopapier: Das ist Kölns dreckigstes Parkhaus <<

Fentanyl in Heroin aus NRW gefunden

Dennoch sei unbestritten, dass Opioide die Hauptrolle bei akuten Drogentodesfällen spielen, da sie das Atemzentrum lähmen. Eine bundesweite Untersuchung ergab, dass sich in 3,6 Prozent der Heroinproben Fentanyl, auch bekannt als „Zombie-Droge“, befindet. Diese synthetischen Opioide sind 100 Mal tödlicher als Heroin. Experten empfehlen Drug-Checking, um Drogen auf tödliche Beigaben zu testen. Allerdings reagieren vorhandene Schnelltests nur auf einzelne Stoffe, was bedeutet, dass eine Überdosis mit anderen synthetischen Opioiden trotz Test möglich ist.

Experten befürchten, dass die Vernichtung von Mohnfeldern in Afghanistan durch die Taliban dazu führen könnte, dass Drogenkartelle vermehrt auf synthetische Opioide umsteigen, was jedoch noch nicht vollständig eingetreten ist. Professor Heino Stöver von der Frankfurt University of Applied Sciences erklärt, dass der Großteil der Drogentoten auf Opioidabhängigkeit zurückzuführen ist, während der Rest auf Crack oder Mischkonsum entfällt.

>> Drogen-Hölle Neumarkt: Stadt Köln errichtet „lebendigen Kummerkasten“ <<

Mohnfelder in Afghanistan werden vernichtet – weniger Heroin verfügbar

Mit dem Verschwinden der Mohnfelder in Afghanistan werde das Angebot an Heroin bald drastisch zurückgehen, was die Nachfrage nach synthetischen Opioiden erhöhen könnte. Die Verteilung von Naloxon als Gegenmittel sollte flächendeckend erfolgen, doch einige Ärzte scheuen sich, das Mittel zu verschreiben. Stöver und andere Suchtforscher fordern dringende Maßnahmen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Eine weitere besorgniserregende Entwicklung ist der Anstieg von Crack aufgrund hochreinen und billigen Kokains auf dem Markt. Streetworker in Düsseldorf und Köln berichten von einem vermehrten Konsum von Crack, was zu härteren Konsummuster und zunehmender Verelendung in der Drogenszene führt.

mit dpa