Neues Kita-Jahr 2023/2024 gestartet: Düsseldorf bietet nur für jedes zweite Kind einen Platz

Die Situation in den nordrhein-westfälischen Kitas steht zum Start ins neue Jahr auf wackeligen Beinen. Man kämpft weiter mit Personalnot.
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Eine Erzieherin spielt in einer Kita mit Kindern. Foto: Uwe Anspach/dpa
Eine Erzieherin spielt in einer Kita mit Kindern. Foto: Uwe Anspach/dpa

Familien, die einen Kindergartenplatz ergattert haben, können sich eigentlich freuen – schließlich übersteigt die Nachfrage nach Betreuungsplätzen allen Ausbaubemühungen zum Trotz auch in NRW das Angebot. Doch das System der frühkindlichen Bildung steckt Experten und Verbänden zufolge in einer tiefen Krise. Was sind die größten Probleme? Was braucht es im Kampf gegen Personalnot und Kostendruck? Ein Überblick zum Start ins neue Kitajahr am 1. August 2023.

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Wie geht der Kita-Ausbau voran?

Tatsächlich ist die Kita-Landschaft in NRW wieder ein kleines Stückchen größer geworden: Rund 760.000 Kinder werden zum beginnenden Kitajahr in den vom Land geförderten Kitas oder Tagespflegestellen betreut – ein Zuwachs von mehr als 8000 Betreuungsplätzen im Vergleich zum Kitajahr 2022/23.

Mehr als 220.000 Plätze stehen den unter Dreijährigen, knapp 540 .00 den über Dreijährigen zur Verfügung.

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Kitas in NRW: Sind alle versorgt, die einen Betreuungsplatz wollen?

Davon ist insbesondere bei den Ein- und Zweijährigen nicht auszugehen. Zwar gilt für Kinder ab einem Jahr seit zehn Jahren ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Einer Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums zufolge klafft aber zwischen Angebot und Nachfrage eine große Lücke: So hatten in NRW 2022 bei einer Befragung 47,8 Prozent der Eltern von Kindern unter drei Jahren Bedarf angemeldet, tatsächlich betreut werden in NRW aber nur rund 30,4 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe.

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Worauf müssen sich Eltern einstellen, die einen Kita-Platz in NRW haben?

Das System leide unter andauerndem Personalmangel und zuletzt durch Inflation und Lohnsteigerungen gestiegenem Kostendruck, so die Träger. Unter diesen Bedingungen sei es zurzeit nicht möglich, das reguläre Bildungs- und Betreuungsangebot aufrecht zu erhalten, warnt etwa der Paritätische Wohlfahrtsverband NRW. So sieht es auch Klaus Bremen, NRW-Geschäftsführer im Deutschen Kitaverband: „Um die zurzeit in NRW geltenden gesetzlichen Vorgaben erfüllen zu können, müssen Betreuungszeiten gekürzt werden“, warnt er.

Die Folgen spüren berufstätige Eltern und deren Arbeitgeber: Kitas gehen in den Notbetrieb, schließen zum Beispiel früher oder legen Gruppen zusammen. Zahlen aus dem Ministerium zeigen, dass von den landesweit 10.700 Einrichtungen im vergangenen halben Jahr immer wieder Hunderte ihr Angebot zeitweise einschränken mussten, weil Personal fehlte. Auf dem Höhepunkt war diese Entwicklung im März 2023 mit fast 1500 betroffenen Kitas.

Wie wirkt sich Personalmangel auf die Arbeit in den Kitas aus?

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Fachleute beklagen seit langem, dass die Qualität der pädagogischen Arbeit unter einer zu dünnen Personaldecke und zu wenig finanziellen Mitteln leide – und nicht systematisch gegengesteuert werde. „Die Kosten unzureichenender Bildung in dieser sensiblen Phase werden wir als Gesellschaft zu spüren bekommen“, warnt etwa Kathrin Bock-Famulla, Expertin für frühkindliche Bildung bei der Bertelsmann Stiftung.

Bereits mit Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz hätte es einer „systematischen, großangelegten prognostischen Sichtweise“ bedurft, um etwa rechtzeitig Ausbildungskapazitäten hochzufahren, den quantitativen und qualitativen Ausbau voranzutreiben und entsprechende Mittel bereitzustellen, so die Expertin. Stattdessen fehle es seit Jahren an Daten und Analyse, was dazu führe, dass es viele vernachlässigte Stellschrauben gebe, etwa bei der Ausbildung von Erzieherinnen oder dem Lehrpersonal für pädagogische Fachkräfte.

Aus Sicht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes braucht es neben akuten Finanzspritzen auch eine langfristige Anhebung der Mittel pro Kind und mehr Investitionen in die Ausbildung von pädagogischem Fachpersonal. „Wenn NRW ein Bildungsland sein will mit einer vielfältigen, demokratischen und gebildeten Gesellschaft, dann muss das Land das Portemonnaie für Kitas aufmachen“, sagt Mechthild Thamm, Fachgruppenleiterin Kinder und Familien.

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Wo soll das fehlende Kita-Personal kurzfristig herkommen?

Das Landesfamilienministerium betont, weiter in den Ausbau, die Qualität und Entspannung der Personalsituation investieren zu wollen. Dazu sollen unter anderem auch künftig Alltagshelfer in den Kitas eingesetzt werden können, die seit der Pandemie die Fachkräfte unterstützen. Eine Imagekampagne soll zudem neue Zielgruppen erschließen – etwa Männer oder Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Kurzfristige Entspannung verspricht Familienministerin Josefine Paul (Grüne) aber nicht: „Dies ist kein Sprint, sondern ein Marathon“, heißt es in einer aktuellen Mitteilung.

Mehr Quereinsteiger fordert der Deutsche Kitaverband. „Wir können uns in der jetzigen Situation nicht erlauben an einem strikt ausgelegten Fachkraftprinzip festzuhalten“, so der Appell von Klaus Bremen. Zwar hat die Landesregierung zuletzt den Weg für Menschen mit pädagogischen Qualifikationen frei gemacht, das reiche aber nicht aus, um die Lücken zu füllen. Aus dem Ministerium heißt es dazu, dass man in Abstimmung mit den Praxisvertretern an entsprechenden Möglichkeiten des qualifizierten Quereinstiegs arbeite.

Stadt Düsseldorf zählt zum neuen Kitajahr knapp 28.000 freie Plätze für Kinder

Zum Start des neuen Kitajahres 2023/24 am Dienstag, 1. August, zählt die Stadt Düsseldorf 9.061 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren und 18.882 Plätze für Kinder von drei Jahren bis zum Schuleintritt. Damit steht für die Hälfte der Kinder unter drei Jahren und für alle Kinder über drei Jahren in Düsseldorf ein Betreuungsplatz zur Verfügung, wie die Stadt in einer Pressemitteilung offenbart.

Zur Platzvergabe von Betreuungsplätzen sagt Burkhard Hintzsche, Stadtdirektor und Jugenddezernent: „Die Platzvergabe für das neue Kindergartenjahr 2023/2024 ist noch nicht abgeschlossen. Viele Eltern, die noch keinen Betreuungsplatz für ihr Kind erhalten haben, werden bis Ende des Jahres noch eine Zusage erhalten, da bin ich mir sicher. Das liegt an den Einrichtungen, die noch fertiggestellt werden und neue Betreuungsplätze anbieten. Darüber hinaus werden Träger weitere Plätze in bestehenden Kitas vergeben, sobald sie zusätzliches Personal gefunden haben. Wir tun alles erdenklich Mögliche, um die Betreuungssituation für Kinder bis zum Schuleintritt kontinuierlich zu verbessern.“

Kita-Ausbau in Düsseldorf schreitet voran

Plätze für Kinder bis zum Schuleintritt werden in Düsseldorf weiter ausgebaut, bis der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in allen Altersgruppen umgesetzt werden kann. Es werden weitere neue Einrichtungen gerade in Stadtteilen geplant, in denen noch eine unterdurchschnittliche Versorgung erkennbar ist oder in Neubaugebieten, in denen neuer Bedarf an Betreuungsplätzen entsteht. Ein weiterer Ausbau ist auch notwendig, um ältere Einrichtungen mit höherem Sanierungsbedarf schrittweise durch neue Einrichtungen mit einem aktuellen Raumprogramm zu ersetzen. Im letzten Kindergartenjahr wurden drei ältere, kleinere Kitas daher geschlossen.

In diesem Jahr konnten bislang sechs neue oder erweiterte Kitas fertiggestellt werden. Noch in diesem Kita-Jahr fertiggestellt oder erweitert werden sollen sieben Kitas.

dpa