Preisschock am Bäcker-Tresen: So teuer ist ein Baguette – auch in der Herstellung

Den Preisschock erleben wir dieser Tage nicht nur am Bäcker-Tresen, sondern auch an der Supermarktkasse, in der Tankstelle oder in der Kneipe auf der Ecke. Doch bei den kleinen, verhältnismäßig günstigen Backwaren beim Bäcker fällt die Preissteigerung schneller auf. Was steckt hinter der Teuerung? Tonight News hat beim Kölner Traditionsbäcker Zimmermann nachgefragt.
Bäckerei-Verkäuferin Michaela präsentiert uns das Luxus-Baguette aus der Bäckerei Zimmermann's in Köln. Kostenpunkt aktuell: 3,80 Euro! Foto: Ristau/Tonight News
Bäckerei-Verkäuferin Michaela präsentiert uns das Luxus-Baguette aus der Bäckerei Zimmermann's in Köln. Kostenpunkt aktuell: 3,80 Euro! Foto: Ristau/Tonight News

Ein knuspriges Baguette, ein saftiges Croissant oder ein vollmundiges Sauerteigbrot: Dafür lieben die Stammkunden der wohlig duftenden Kult-Bäckerei Zimmermann ihren Bäcker auf der Ehrenstraße mitten in der Kölner Innenstadt. Problem: Der seit knapp 150 Jahren aktive Bäckerei-Betrieb muss immer mehr Geld für seine qualitativ hochwertigen Backwaren verlangen.

So kostete ein normales Baguette Anfang September 2023 noch stolze 4,10 Euro! Mittlerweile hat die Bäckerei Zimmermann den Baguette-Preis wieder reduziert. Aktuell müssen Kunden für eine knackige Baguette-Stange 3,80 Euro berappen. Teilhaber Max Zimmermann zu Tonight News: „Das lag schon länger auf meinem Schreibtisch, dass das Baguette wieder unter 4 Euro kosten soll.“ Der 52-Jährige musste im August die Preise um 11 Prozent anheben, um weiter wirtschaftlich arbeiten zu können. Damals gab er einfach alle Produktpreise in eine Exceltabelle und schlug die 11 Prozent drauf. Das Baguette landete im Zuge dessen bei den happigen 4,10 Euro.

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Doch wofür genau zahlt der Kunde am Ende die stolzen Preise für seine Backwaren? Max Zimmermann dröselt die Produktionskosten in Tonight News auf: „Nehmen wir das Beispiel des Baguettes. 20 Prozent gehen für Rohstoffe drauf, etwa 47 Prozent für Personalkosten und dann nochmal 27 Prozent für Energiekosten.“ Da bleiben nur 6 Prozent übrig. Zimmermann: „Genau deswegen müssen wir die Preise erhöhen. Wenn nichts mehr übrig bliebe, müssten wir dichtmachen.“

Aus diesen Produktions- und Vertriebskosten setzt sich der Backwarenpreis zusammen – am Beispiel eines Baguettes. Grafik: Julia Former/Tonight News

Bäckerei Zimmermann im Überblick

  • Gründungsjahr: 1875
  • Adresse: Ehrenstraße 75, 50672 Köln
  • Öffnungszeiten: di-fr 7-17 Uhr, sa 7-15 Uhr

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Bäckerei Zimmermann erklärt Waren-Wucher: „Zahle das 20-fache für Energie“

Besonders dramatisch: Max Zimmermann muss seit der Energiekrise das 20-fache für Gas bezahlen. Und jeder weiß: Bäckereibetriebe haben aufgrund der ständig laufenden Backöfen einen enorm hohen Gasverbrauch. Der Geschäftsführer ärgert sich über die aktuelle Situation in Deutschland: „Die Inflation hatte ja schon mit Corona begonnen. Aber mit den Russland-Sanktionen haben wir uns jetzt endgültig ins eigene deutsche Knie geschossen.“

Zusätzlich dazu seien auch die Rohstoffe teurer geworden. Zimmermann: „Wir hatten einen sehr feuchten Frühling und das Getreide stand zu lange auf nassen Feldern und fing an zu schimmeln. Ein Großteil der diesjährigen Haferernte eignet sich zum Beispiel nur als Tierfutter.“ Die deutsche Ernte falle um 15 Prozent geringer aus als im Vorjahr, so der Bäcker-Geschäftsführer. Die Preise für Getreide sind aufgrund der Knappheit demnach gestiegen. Zimmermann: „Teilweise wird ja auch aus den USA was beigemischt, aber das ist dann natürlich auch teurer.“

Auch in Krisenzeiten gut besucht: Die Bäckerei Zimmermann in Köln. Foto: Ristau/Tonight News

Was bedeutet all das für den Endverbraucher? Max Zimmermann schlüsselt in Tonight News transparent auf: „Die Löhne musste ich beispielsweise um sechs Prozent anheben. Für den Endverbraucher bedeutete das einen Preisanstieg der Waren um drei Prozent. Durch die höheren Energiekosten ergab sich eine zusätzliche Erhöhung der Backwarenpreise um 27 Prozent und durch die rund 20 Prozent teureren Rohstoffe eine Erhöhung von weiteren sechs Prozent für die Endkunden.“ Insgesamt sind die Preise also um 53 Prozent gestiegen.

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Müssen Bäcker-Kunden im Winter mit weiteren Teuerungen rechnen? Zimmermann: „Wir versuchen, die Preise stabil zu halten. Ich habe schon Schokolade und Marzipan auf Vorrat gekauft.“ Dennoch wolle Zimmermann demnächst die Löhne seiner Angestellten erneut erhöhen. Der Unternehmer weiß: „Sonst bleiben die nicht.“ Zimmermann: „Heutzutage kommen die Leute zu dir und sagen: ‚Ich will das und das und das, sonst gehe ich woanders hin.'“

Ein Ortsbesuch bei der Bäckerei Zimmermann am 22. September 2023 zeigte aber glücklicherweise, dass die Kunden sich von den aktuellen Preisen nicht abschrecken lassen. Der urige Backshop mit knusprig dekoriertem Schaufenster war am Freitagmittag wie gewohnt proppenvoll.