Trägt Royal Caribbean eine Mitschuld am Tod von 21 Kreuzfahrt-Touristen?

Überlebende des Vulkanausbruchs auf der neuseeländischen Insel White Island wollen das Kreuzfahrtunternehmen Royal Caribbean wegen Fahrlässigkeit verklagen.
Ovation of the Seas Kreuzfahrt Sidney
Foto: Joel Carrett/AAP/dpa
Foto: Joel Carrett/AAP/dpa

Überlebende des verheerenden Vulkanausbruchs auf der neuseeländischen Insel White Island wollen das Kreuzfahrtunternehmen Royal Caribbean wegen Fahrlässigkeit verklagen.

Das Unternehmen habe die Reiseteilnehmer nicht ausreichend über das Ausbruchsrisiko aufgeklärt, sagte eine Anwältin der Überlebenden am Montag. Bei dem Vulkanausbruch im Dezember vergangenen Jahres waren 21 Menschen ums Leben gekommen, viele weitere erlitten schwere Verbrennungen.

Ihre Anwaltskanzlei Stacks Goudkamp in Sydney bereite nun im Namen von Überlebenden und Angehörigen der Opfer eine Klage gegen Royal Caribbean vor, sagte die Anwältin Rita Yousef. Demnach werfen ihre Mandanten dem Kreuzfahrtnternehmen Fahrlässigkeit, Vertragsbruch und Verstöße gegen das australische Verbraucherschutzgesetz vor.

Die meisten der 47 Touristen, die zum Zeitpunkt des Vulkanausbruchs auf White Island waren, waren Australier. Viele von ihnen waren Passagiere des Kreuzfahrtschiffs „Ovation of the Seas“.

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Die neuseeländischen Behörden hatten das Ausbruchsrisiko für White Island Mitte November auf die Stufe 2 hochgesetzt. Dies ist die höchste Gefahrenstufe vor einem Vulkanausbruch. Es gebe „absolut keine Hinweise“ darauf, dass Royal Caribbean das erhöhte Ausbruchsrisiko beachtet habe, sagte Yousef.

Warum wurden die Touren nicht abgesagt

„Das Mindeste wäre gewesen, die Reiseteilnehmer über das Risiko zu informieren und sie entscheiden zu lassen, ob sie dieses Risiko eingehen wollen“, sagte Yousef der Nachrichtenagentur AFP. Man könne jedoch auch fragen, „warum diese Touren überhaupt angeboten wurden, wenn es so ein hohes Risiko gab. Warum wurden sie nicht abgesagt?“, sagte Yousef weiter.

Das Kreuzfahrtunternehmen hatte die Fahrt nach White Island als „unvergessliche geführte Tour zu Neuseelands aktivstem Vulkan“ beworben. Zu der angekündigten Klage äußerte sich das Unternehmen auf Anfrage zunächst nicht.

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In Neuseeland kommt bei Unglücken ein staatliches Entschädigungsprogramm zum Tragen, über das Neuseeländer und Touristen verschuldensunabhängig kompensiert werden. Yousef sagte jedoch, dass die Kosten und Verluste ihrer Mandanten die Entschädigungszahlungen bei weitem überstiegen. So seien unter den Überlebenden Menschen, die durch den Vulkanausbruch „schwere und unvorstellbare Behinderungen“ davongetragen hätten. Viele Ärzte hätten „noch nie in ihrem Leben“ solche Verbrennungen gesehen.

Nach dem Vulkanausbruch hatte die Regierung in Wellington eine Untersuchung der Unglücksumstände eingeleitet. Ermittlungsergebnisse werden frühestens Ende des Jahres erwartet.

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Die „Weiße Insel“ wurde 1769 von dem britischen Seefahrer James Cook entdeckt, der ihr auch den Namen gab. Grund dafür war, dass White Island ständig in einer Wolke von weißem Dampf und Rauch erschien. Cook ahnte jedoch offenbar nicht, dass sich dahinter ein Vulkan verbirgt. Die Tagestouren, bei denen man einen Blick ins Innere der Erde werfen kann, sind sehr beliebt.

Neuseeland liegt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde. Auch Erdbeben sind dort keine Seltenheit. In der Stadt Christchurch kamen bei einem Beben im Februar 2011 mehr als 180 Menschen ums Leben.

dpa