Tod bei Klassenfahrt: Fall der 13-jährigen Emily vier Jahre später vor Gericht

Als die 13-jährige Emily auf Klassenfahrt Ende Juni 2019 in London im stirbt, ist das Medienecho groß: Das Mädchen litt an Diabetes, war zuckerkrank. Zwei Lehrerinnen der Theo-Hespers-Gesamtschule in Mönchengladbach sollen mitverantwortlich sein – doch das Landgericht lässt die Anklage wegen fahrlässiger Tötung nicht zu. Vier Jahre später soll den Fall jetzt das Oberlandesgericht Düsseldorf verhandeln.
Oberlandesgericht OLG Düsseldorf
Das Oberlandesgericht in Düsseldorf, kurz "OLG". Foto: Roland Weihrauch/dpa
Das Oberlandesgericht in Düsseldorf, kurz "OLG". Foto: Roland Weihrauch/dpa

Rund vier Jahre nach dem Tod der zuckerkranken Emily bei einer mehrtägigen Klassenfahrt in London wird es nun doch noch zu einem Prozess gegen zwei Lehrerinnen kommen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet, teilte eine Sprecherin am Freitag, dem 23. Juni 2023, mit. Anders als das Landgericht Mönchengladbach halte das OLG eine Verurteilung der Angeklagten für hinreichend wahrscheinlich.

Die Staatsanwaltschaft hatte die zwei Lehrerinnen wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen angeklagt. Sie sollen sich laut Anklage über die Diabeteserkrankung der Schülerin nicht ausreichend informiert, während der mehrtägigen Klassenfahrt Symptome einer akuten Überzuckerung nicht rechtzeitig erkannt und aufgrund dessen eine ärztliche Behandlung zu spät veranlasst haben, teilte das OLG mit.

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Wie weit geht die Verantwortung der Lehrer?

Das Landgericht Mönchengladbach hatte im Februar 2023 die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Die Angeklagten hätten auch bei Kenntnis der Diabeteserkrankung als medizinische Laien nicht den Schluss ziehen müssen, dass die Schülerin zwingend einer stationären Krankenhausaufnahme bedurft hätte, schilderte das OLG die damalige Auffassung des Landgerichts. Auf etwaige organisatorische Mängel anlässlich der Vorbereitung der Studienfahrt komme es daher nicht an.

Das OLG beurteilt die rechtlichen Fragen anders: Die Angeklagten hätten bei der Planung der Auslandsreise den sichersten Weg beschreiten und bei allen Schülern Vorerkrankungen schriftlich abfragen müssen. Die mündliche Nachfrage bei einer Info-Veranstaltung genüge nicht. Hätten die Angeklagten hinreichende Kenntnis von der Diabeteserkrankung gehabt, hätten sie die Krankheitszeichen und den damit einhergehenden sofortigen Handlungsbedarf erkennen können und eine unverzügliche medizinische Versorgung veranlassen müssen.

Für die Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung

Bei der Entscheidung über die Zulassung der Anklage habe das OLG  berücksichtigt, dass eine Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände zu dem tragischen Tod der Schülerin geführt haben dürfte. Die OLG-Entscheidung geht auf eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft und eines Nebenklägers zurück, der sich die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf angeschlossen hatte. Der Prozess soll an einer anderen Kammer des Landgerichts stattfinden. Für die Angeklagten gelte weiterhin die Unschuldsvermutung, erklärte das OLG Düsseldorf.

dpa