Bremer „Tatort“ an Ostermontag: Die dunklen Seiten der bürgerlichen Welt

Im Drogenmilieu, bei Obdachlosen, im Schmutz des Hafens: Das Bremer "Tatort" spielt oft in schwierigen Verhältnissen. Nun geht es in die bürgerliche Welt. An Abgründen mangelt es auch dort nicht.
Der Fund einer Leiche führt die Bremer Ermittlerinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) in den Wald. Foto: Radio Bremen/Claudia Konerding
Der Fund einer Leiche führt die Bremer Ermittlerinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) in den Wald. Foto: Radio Bremen/Claudia Konerding

Ein Knacksen, ein Rascheln und nichts als Unterholz: Die Kamera irrt durch die Bäume, Nebelschwaden ziehen auf. Schon in den ersten Minuten wird klar: In dem Wald will man sich lieber nicht verlaufen. Doch genau das passiert drei Freundinnen aus dem bürgerlichen Bremer Stadtteil Schwachhausen. Ihr Abenteuer wird zum Horrortrip – und am nächsten Morgen ist eine der Frauen tot. Der sozialkritische und am Ende doch gar nicht so düstere „Tatort mit dem Titel „Angst im Dunkeln“ ist am Ostermontag (1.4.) um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

Dabei wollten die Frauen (gespielt von Inez Bjørg David, Pegah Ferydoni und Sophie Lutz) nur testen, wie sicher der Wald für ihre über-behüteten Jugendlichen ist. Der Nachwuchs soll bald bei einer Art Pfadfinder-Mutprobe mitmachen. „‚Dropping‘ kommt aus Holland“, erklärt die Bremer Ermittlerin Linda Selb (Luise Wolfram) in ihrer nüchtern-belehrenden Art. „Eltern schicken ihre Kinder in den Wald und die sollen dann ohne Hilfsmittel nach draußen finden. Und das ist dann wahnsinnig pädagogisch wertvoll.“

Also keine Handys und kein GPS, aber auch kein Alkohol und kein Sex. Es dauert nicht lange, bis die Frauen die eigenen Regeln brechen. Den Weg zurück finden sie trotzdem nicht. Im Gegenteil: Je länger sie weg sind, desto mehr bröckelt ihre bürgerliche Fassade. In der hereinbrechenden Dunkelheit lassen sich die Risse ihrer heilen Welt nicht mehr kaschieren.

Todesopfer nimmt eine aktive Rolle im neuen „Tatort“-Fall ein

Ein Countdown zählt die Stunden bis zum Tod des Opfers, das durch Rückblenden bis zum Schluss – ganz untypisch für einen „Tatort“ – eine aktive Rolle in dem Krimi einnimmt. „Ich lerne als Zuschauer jemand kennen, der tot ist“, sagte Leah Striker, die mit dem Krimi ihr Regiedebüt beim Film feiert. Diese Fallhöhe habe sie gereizt. „Das ist auch wichtig für die Polizeiarbeit: Die Ermittler tauchen in ein Leben ein und nehmen das Opfer als Mensch wahr.“

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Mit schnellen Schnitten wechselt die Szenerie immer wieder zwischen der Finsternis im Wald und dem sonnendurchfluteten Schwachhausen. Der „Tatort“ zeigt diesmal ein ganz anderes Bild der Hansestadt: Altbremer Häuser dienen als Kulisse, wo Architekten und Ärztinnen wohnen, wo zum Erstaunen von Kommissarin Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) ein Klavier zum guten Ton gehört. „Die Leute hier sind selbst zum Morden zu spießig“, urteilt ihre Kollegin Linda Selb und will das Viertel möglichst schnell wieder verlassen.

Doch die Ermittlerin wird ausgerechnet von ihrer Tante (Claudia Geisler-Bading – auch im echten Leben die Tante von Luise Wolfram) auf der Straße überrascht – und von der eigenen Vergangenheit wieder eingeholt. Die Tante kramt Fotos von „Lindchen“ heraus, erzählt von deren Schwärmereien für die Backstreet Boys und weiß ganz nebenbei noch einiges über die verdächtige Nachbarschaft. „Schön, dass Linda jetzt eine Kollegin zur Freundin hat. Sie hat sich ja nicht immer leicht getan“, sagt sie zum Abschied.

Bremer „Tatort“-Trio endgültig zum Duo geschrumpft

Und tatsächlich wirken die Kommissarinnen zunehmend vertraut. Auch als Ermittlerinnen gewinnen die beiden an Sicherheit, ohne dabei ihren locker-spöttischen Ton zu verlieren. Aus dem Bremer Trio mit Kommissar Mads Andersen (Dar Salim) ist nun endgültig ein Duo geworden. „Wo ist euer dänischer Kollege?“, fragt ein Mitarbeiter der Spurensicherung, noch bevor sie die Leiche inspizieren. „Dem hat die Kollegin hier sein Herz gebrochen“, foppt Selb. „Nein, der ist in Den Haag bei Europol“, entgegnet Moormann und versetzt ihrer lachenden Kollegin einen Seitenhieb.

Auf die beiden warten in ihrem fünften Fall gleich ein Dutzend Verdächtiger. Etwa der ominöse „Handymann“, der schon vor Jahren durch die Wälder streifte und heimlich Fotos von wehrlosen Frauen macht. Mit der Zeit schleichen immer mehr potenzielle Täter dort herum, die sich im Gegensatz zu den Frauen offenbar mühelos im Dickicht orientieren können. Bei so vielen, teils nur oberflächlich erzählten Figuren, bleiben nicht nur die Kommissarinnen verwirrt zurück. Selbst die Fußabdrücke helfen da wenig weiter – Schuhgröße 45 scheinen alle zu haben. „Es ist also noch alles drin: Unfall, Körperverletzung mit Todesfolge oder Mord“, rätselt Kommissarin Selb. Aber ohne zu viel verraten zu wollen: Ohne Verbrechen wäre es kein „Tatort“.

mit Material der dpa