Wie heißt die weltweit größte Online-Plattform für Brettspieler?

Eine Sonderstellung unter den Klassikern nimmt auch im Internet das Spiel der Könige ein. Auf Schach.de kämpfen pro Tag 25.000 Spieler um "Elo"-Punkte.
Schachbrett
Foto: Shutterstock/totojang1977
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Das erste Mal begegneten sich Sabine und Matthias im Café International in ARMfeld. Sie plauderten nett und setzten einander auf die Watchlist. Heute sind sie in Wien verheiratet und haben vor kurzem ihr erstes Baby bekommen.

Wer von Watchlisten noch nie gehört hat oder ARMfeld nicht kennt – die Stadt ist die älteste virtuelle Siedlung der Brettspielwelt oder „BSW“, wie sie von ihren Bewohnern meist genannt wird. In diesem Online-Portal kommen zu jeder Tages- und Nachtzeit Menschen aus aller Welt zusammen, um gemeinsam Online-Versionen von Brettspielen zu spielen.

Nicht jeder sucht und findet hier unbedingt den Partner fürs Leben. Die meisten Besucher kommen nur in die BSW, um zu spielen. Denn das sei ihr großer Reiz, erklärt Alexander Zbiek aus Geltendorf (Bayern): zwanglos ohne große Absprachen und Vorbereitungen mit echten Menschen zu spielen. Zbiek hat die BSW vor elf Jahren geschaffen, ursprünglich um mit den Freunden die gemeinsamen Spieleabende wieder aufleben zu lassen, nachdem Beruf und Liebe sie in alle Winde verstreut hatten.

Heute ist die BSW die weltweit größte Online-Plattform für Brettspieler. Jeden Tag tummeln sich hier laut Zbiek durchschnittlich zwischen 6000 und 7000 Spieler, die unregistrierten Gäste nicht mitgezählt. Sie haben die Wahl zwischen mehr als 70 Spielen plus Erweiterungen und Variationen. Es gibt japanische, französische und englische Ausgaben. Auch für Thomas Reuter von der in Memmelsdorf (Bayern) erscheinenden Fachzeitschrift „Spielbox“ ist die BSW „das relevante Portal“. Sie biete die meisten Titel und setze Neuheiten auf dem Spielemarkt in der Regel am schnellsten elektronisch um.

Wer dagegen Klassiker wie «Mühle» oder «Mensch ärgere Dich nicht» bevorzugt, kann zwischen einer unüberschaubaren Vielzahl von Anbieter-Seiten wählen. Um unseriöse Angebote zu erkennen, sollten Nutzer darauf achten, dass sie bei der Registrierung keine Postadresse oder gar Bankdaten angeben müssen, rät Reuter.

Eine Sonderstellung unter den Klassikern nimmt auch im Internet das Spiel der Könige ein. Auf der weltgrößten Seite Schach.de kämpfen pro Tag rund 25.000 Spieler um Ruhm und „Elo“-Punkte, erklärt Pressesprecher Andre Schulz. Diese Wertungszahl errechnet sich aus der Formel des ungarischen Physikers Arpad Elo. Je nach Wertung des Gegenspielers könne in jeder Partie eine bestimmte Anzahl von Punkten gewonnen – oder auch verloren – werden. Eine wesentliche Motivation besteht also darin, die eigene Elo-Zahl nach oben zu treiben.

Während Online-Schach stark wettkampforientiert ist, geht in der BSW miteinander Spielen vor Gewinnen. So sieht zumindest das Idealbild ihres Gründers Alexander Zbiek aus. Und tatsächlich erscheint der Gemeinschaftsgedanke in der BSW recht lebendig. Viele Spieler schließen sich zusammen und gründen eine virtuelle Stadt wie das erwähnte ARMfeld. Dabei finden Bewohner aus ganz verschiedenen Gründen zusammen. So gibt es eine Herr-der-Ringe-Stadt, eine Ruhrgebiets-Stadt oder eine homosexuelle Stadt.

Der Grundgedanke dahinter sei, erklärt Zbiek, nicht mehr online zu gehen, um in zufällig zusammengewürfelter Runde ein bestimmtes Spiel, sondern zusammen mit seinen Freunden zu spielen – wie beim klassischen Spieleabend. In einem Meta-Spiel wetteifern die Städte um Taler und Rohstoffe wie Holz, Erz und Tuch. Gemäß Zbieks Idealen werden diese aber nicht für Siege, sondern vor allem für die Zahl der gespielten Partien vergeben.

Ganz so harmonisch, wie ihr Schöpfer es gerne hätte, geht es in den Spielräumen freilich nicht immer zu. Der Selbstversuch zeigt, dass sich die Konversationen während der Spiele oft auf das Nötigste beschränken und der Ton bisweilen ziemlich ruppig ist. Für viele Spieler geht es eben auch hier vor allem ums Gewinnen. Um die eigene Statistik zu verbessern, «droppen» schwarze Schafe auch immer wieder Spiele. Das bedeutet, dass sie vor Spielende aussteigen, damit eine drohende Niederlage nicht gewertet wird.

Um Unsitten wie diese sowie Beleidigungen oder Nazi-Parolen zu unterbinden, haben die Bewohner der BSW ein eigenes Sanktionierungssystem etabliert. Dafür wählen die Städte je einen Stadtvogt und aus diesen wiederum einen Rat von Mediatoren, erläutert Zbiek. Diese sollen als Streitschlichter und Richter auftreten. Zum Strafenkatalog gehören unter anderem Geldbußen in Form von Talern oder der Rauswurf inklusive Sperrung der IP-Adresse. Meist geht es in der BSW aber friedlich zu und aus vielen Spielgruppen entwickeln sich im Laufe der Jahre Freundschaften, sagt Zbiek. Oder auch, wie bei Sabine und Matthias, ein bisschen mehr.

dpa