Skandal-Gebet im Kölner Dom: Russland dem „unbefleckten Herzen Mariens“ geweiht

In Rom weiht Papst Franziskus sowohl die Ukraine als auch Russland dem unbefleckten Herzen Mariens. Kardinal Rainer Maria Woelki tut es ihm gleich. Die Messe findet am Freitag, 25. März, um 17 Uhr im Kölner Dom statt.
Kardinal Woelki
Kardinal Woelki. Foto: Andreas Arnold/dpa
Kardinal Woelki
Kardinal Woelki. Foto: Andreas Arnold/dpa

Papst Franziskus will am Freitag, 25. März, mit einem seltenen und umstrittenen Kirchenritual ein Zeichen im Ukraine-Krieg setzen. Im Petersdom in Rom will er „Russland und die Ukraine dem Unbefleckten Herzen Mariens weihen“, wie der Vatikan mitteilte. Gleichzeitig hat der Papst alle Bischöfe der Welt eingeladen, sich ebenfalls daran zu beteiligen. In Deutschland hat Kardinal Rainer Maria Woelki angekündigt, das Weihegebet am Freitag (17 Uhr) im Kölner Dom zu sprechen.

Das Ritual ist auch innerhalb der katholischen Kirche umstritten. „Die Vorstellung, dass man Russland dem Unbefleckten Herz Mariens weihen müsse, hat eine längere Tradition“, sagte der Dogmenhistoriker Michael Seewald der Deutschen Presse-Agentur. Sie gehe im Ursprung auf Berichte über Marienerscheinungen in Fatima in Portugal im Juli 1917 zurück. Eine Anweisung der sogenannten «Seherkinder» von Fatima lautete, Russland dem Unbefleckten Herzen Mariens zu weihen. „Unbefleckt“ bezieht sich auf die katholische Lehre, dass Maria, die Mutter von Jesus, frei von Sünde gewesen sei.

Russland dem unbefleckten Herzens geweiht: Dogmenforscher erklärt Kirchenritual

„Dahinter steckte, dass der russische Zar kurz zuvor in der Februarrevolution von 1917 abgesetzt worden war“, sagte Seewald. „Damals gab es in Westeuropa die Befürchtung, dass Russland vom christlichen Glauben abfallen könnte.“ Das Gebet sei später im Kalten Krieg noch mehrfach wiederholt worden. „Dabei spielten auch antirussische Klischees eine Rolle.“

Neu sei jetzt, dass sowohl Russland als auch die Ukraine dem unbefleckten Herzen Mariens geweiht werden sollten. Aber auch das sei nicht unproblematisch: „Man verfügt ja gleichsam über jemand anderen und übereignet diesen zwangsweise einer himmlischen Gestalt.“ Diese solle dafür dann segensreich auf die Welt der Menschen einwirken, in diesem Fall etwa friedensstiftend. „Das ist Ausdruck einer Hilflosigkeit“, sagte Seewald. „In dem Moment, in dem man politisch keine Möglichkeit zur Einflussnahme mehr sieht, wendet man sich an das Jenseits.“

Diese Frömmigkeitsform entstamme dem 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Damals habe es einen enormen Kult um das Herz der Gottesmutter Maria und auch um das Herz von Jesus gegeben. Daher erklärten sich zum Beispiel die vielen Herz-Jesu-Kirchen in Deutschland. „In Krisenzeiten holt man diese Traditionsbestände wieder hervor“, sagte Seewald. „Sie haben allerdings das Problem, dass auch die meisten Katholiken nichts mehr mit der Herz-Marien-Frömmigkeit anfangen können. Man greift auf eine in der Vergangenheit etablierte Form zurück, hat dadurch aber Erklärungsnot in der Gegenwart.“

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dpa