Scheibe eingeschlagen, Bäckerschild beschädigt: Randale in Deutz nach Zoff um autofreie Zone

Zoff auf der Schäl Sick: Ein kaputtes Werbeschild und eine eingeschlagene Büdchen-Scheibe treiben den Streit zwischen Befürwortern der autofreien Deutzer Freiheit und Geschäftsleuten, die sich die Autos zurückwünschen, derzeit ad absurdum. Tonight News kennt die Hintergründe.
Die Scheibe des Büdchens auf der Rupertusstraße in Deutz wurde eingeschlagen. Eine Angestellte des Ladens ist die Gründerin der Initiative Deutz. Foto: Ristau/Tonight News
Die Scheibe des Büdchens auf der Rupertusstraße in Deutz wurde eingeschlagen. Eine Angestellte des Ladens ist die Gründerin der Initiative Deutz. Foto: Ristau/Tonight News

Des einen Freud ist des anderen Leid…

In Köln-Deutz sorgt das Verkehrsexperiment „autofreie Deutzer Freiheit“ seit über einem Jahr für eine Spaltung des Veedels. Diese gipfelte bereits in einer Klage gegen die autofreie Zone der Stadt Köln – und jetzt in einem Vandalismus-Drama. Was ist nur los auf der Schäl Sick?

Seit Juni 2022 ist die Deutzer Freiheit im rechtsrheinischen Köln autofrei. Wo früher Taxen hielten und das pralle Leben vibrierte, ist jetzt zwar ein Paradies für Fußgänger, aber dafür ein Drama für die dort ansässigen Geschäftsleute entstanden. Denn Bäckereien, Büdchen und Co. machen seitdem viel weniger Umsatz. „Wir verdienen 30 Prozent weniger als vor dem aberwitzigen Verkehrsexperiment der Stadt Köln“, offenbart uns etwa Ralf Luhr von Tabakwaren Luhr auf der Deutzer Freiheit. Der Grund: Durch die neu eingeführte Fußgängerzone kommen weniger Kunden an dem Geschäft vorbei, das er mit seiner Frau Petra führt.

Für Ralf und Petra Luhr ist die Fußgängerzone geschäftsschädigend. Foto: Ristau/Tonight News

Deutzer Freiheit nun autofrei – zum Leidwesen der Geschäftsleute

Auch beim Kiosk auf der Rupertstraße regt man sich massiv über das Verkehrsexperiment der Stadt Köln auf, das eigentlich nur bis Juni 2023 angesetzt wurde, nun aber bis November verlängert wurde. Eine Angestellte zu Tonight News: „Die Stimmung hier in Deutz ist seitdem extrem gekippt. Jeder zweite Kunde, der hier reinkommt, regt sich auf, dass er keinen Parkplatz mehr findet und nach der Arbeit erstmal eine Stunde umherfahren muss, um sich etwas zu suchen.“

Hintergrund: Durch die Maßnahmen der Stadt im Rahmen der „Verkehrswende“ wurden in Deutz auch zahlreiche Parkplätze gestrichen. Auch bei dem Kiosk gebe es seit der „Autofreiheit“ deutlich weniger Zulauf. Die Angestellte: „Die Menschen kommen ja mit dem Auto gar nicht mehr hier vorbei. Natürlich macht sich das bei unserem Umsatz bemerkbar.“ Und weiter: „Ich bin hier aufgewachsen und dass hier Autos fahren, war nie ein Problem, aber die Leute hier sind ja selber Schuld, wenn die alle die Grünen wählen.“

Aufgrund der in Deutz mittlerweile verbreiteten Umsatzeinbußen hat die Kiosk-Mitarbeiterin, die namentlich aufgrund vorangegangenen Hass-Tiraden auf Social-Media nicht genannt werden möchte, Ende 2022 die Initative Deutz gegründet und Klage gegen das Verkehrsexperiment eingereicht. Dennoch hatte die Stadt Köln nun vor, die autofreie Zone weiter zu zelebrieren – mit einer bunten Straßenbemalung, die am Mittwoch (19. Juli) starten sollte, aber von der Initiative Deutz am Dienstag gestoppt und verhindert wurde. „Die hatten gar keine Genehmigung dafür. Am Dienstag haben wir dann den Bescheid bekommen, dass die Straßenbemalung doch nicht stattfindet“, so die Teilzeit-Kraft des Büdchens über das erfolgreiche Vorgehen ihrer Initiative.

Doch nur wenige Stunden nach der gestoppten Straßenbemalung dann der nächste Schock: In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch kam es zu Vandalismus an verschiedenen Orten rund um die Deutzer Freiheit. Unter anderem wurde die Scheibe des Büdchens eingeschlagen, an einem Bäcker auf der Deutzer-Freiheit wurde das Schild demoliert. Die Angestellte: „Wir können nur mutmaßen, aber aufgrund der zeitlichen Nähe zur Verhinderung der Straßenbemalung, gehen wir davon aus, dass es Personen waren, die für die autofreie Zone sind.“ Aktuell sind die Fensterscheiben des Büdchens durch Tapes gesichert.

„Back Löwe“ auf Deutzer Freiheit von Vandalismus betroffen

Das Schild am „Back Löwen“ ist angeknackst. Betreiber Farshid Souwlati erzählt uns beim Ortsbesuch: „Ich habe es auf meiner Überwachungskamera gesehen, dass sechs unmaskierte Männer sich an das Schild gehangen haben und dort baumelten. Dadurch ist das Schild gebrochen.“ Eine Anzeige hat der Unternehmer, der auch der Initiative Deutz angehört, bereits erstattet. Die Ermittlungen laufen. Wie hoch sein Sachschaden ist, weiß er noch nicht.

Souwlati: „Ich warte auf den Kostenvoranschlag.“ Und das, wo der Geschäftsmann ohnehin schon mit Gewinneinbußen zu kämpfen hat: „Seitdem die Deutzer Freiheit autofrei ist, mache ich bis zu 30 Prozent weniger Umsatz allein morgens zwischen 6 und 9.30 Uhr. Früher kamen hier morgens die Taxi-Fahrer und Lieferanten, um sich bei mir Kaffee und Brötchen zu holen. Das fällt jetzt alles weg.“ Durch die Einbußen habe er bereits eine Vollzeitkraft entlassen müssen.

Das Außenschild des „Back Löwen“ wurde demoliert. Foto: Ristau/Tonight News

Und: Auch mit seinen eigenen Lieferanten gab es lange Zeit Probleme wegen der neu eingeführten Fußgängerzone: „Ich musste meine Ware dann am Bahnhof Messe/Deutz abholen, weil die hier nicht mehr vorfahren durften. Die IG autofrei (Gegner der Initiative Deutz, Anmerkung der Redaktion) hat dann empfohlen, wir sollen unsere Lieferware mit Lastenrädern abholen und vorfahren. Das ist realitätsfern. Man kann nicht eine Tonne Lebensmittel mit Lastenrädern abholen.“

Auch seine seniorige Kundschaft leide unter der Fußgängerzone. „Teilweise haben wir hier pflegebedürftige Kunden, die keinen ambulanten Pflegedienst mehr in Anspruch nehmen können, weil die Dienste hier nicht mehr vorfahren und parken dürfen. An die hat bei der Stadt niemand gedacht“, so der Backshop-Betreiber. Was er sich von der Politik wünscht: „Erneuerungen für das Veedel sind ja grundsätzlich nicht schlecht, aber bitte gemeinsam und im Dialog und nicht so!“

Ob es sich bei den Randalierern um Anhänger der IG autofrei handelt, ist unklar. Fakt ist bislang nur, dass die Geschädigten Mitglieder der Initiative Deutz sind, die sich die Autos zurück wünschen.