Explosion in Ratingen: Mann wegen neunfachen Mordversuchs angeklagt – er schweigt

Ein 57-jähriger Mann muss sich vor dem Düsseldorfer Landgericht verantworten. Er soll im Mai eine Explosion in einem Ratinger Hochhaus verursacht haben, bei der vorsätzlich mehrere Einsatzkräfte schwer verletzt wurden. Doch er schweigt vor Gericht.
Landgericht Düsseldorf
Das Land- und Amtsgericht in Düsseldorf. Foto: Marcel Kusch/dpa
Das Land- und Amtsgericht in Düsseldorf. Foto: Marcel Kusch/dpa

Seit Freitag (24. November) beschäftigt die verheerende Explosion in einem Wohnhaus in Ratingen das Düsseldorfer Landgericht. Angeklagt ist ein 57-jähriger Mann. Er soll am 11. Mai mehrere Liter Benzin auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungsdienstmitarbeiter geschüttet und dann entzündet haben. Das Gas-Luft-Gemisch explodierte und ein Feuerball verletzte die Einsatzkräfte. Mehrere von ihnen kämpften wochenlang um ihr Leben. Eine Polizistin blieb monatelang im künstlichen Koma.

Dem Angeklagten wird versuchter Mord in neun Fällen vorgeworfen. Acht der neun Opfer würden absehbar bleibende Schäden zurückbehalten, heißt es in der Anklageschrift. Die Polizei hatte nach der Explosion 35 Verletzte gezählt, die meisten waren mit Verdacht auf Rauchvergiftung behandelt worden.

Explosion in Ratingen: Erste Hintergründe der Tat bekannt

Die Explosion löste einen stundenlangen Großeinsatz mit 650 Kräften aus, an dessen Ende Spezialeinheiten der Polizei den 57-Jährigen überwältigen konnten. Dabei stießen sie in der Wohnung auf eine im Rollstuhl sitzende teilweise skelettierte Leiche. Wie sich herausstellte, waren es die Überreste der Mutter des verwahrlost wirkenden Ratingers, mit der dieser wochenlang in der Wohnung ausgeharrt hatte. Er sitzt seither in Untersuchungshaft und schweigt seit gut einem halben Jahr zu den Vorwürfen – so auch am Freitag vor Gericht.

>>Explosion in einem Hochhaus in Ratingen – alle Fotos<<

Die Polizei war wegen eines überquellenden Briefkastens und Verwesungsgeruchs zu seiner Wohnung gerufen worden. Unklar ist das Tatmotiv des Mannes. Der 57-Jährige soll zu Verschwörungstheorien neigen und große Vorräte in seiner Wohnung angelegt haben. Wenige Tage vor der Tat hatte ein Polizist mit einem Haftbefehl bei ihm geklingelt, weil gegen den Mann zwei Strafbefehle wegen Körperverletzungen verhängt worden waren. Unter anderem soll er einen Nachbarn geschlagen haben. Weil er seine Geldstrafe nicht bezahlt hatte, sollte er ins Gefängnis.

In einer anderen Wohnung des Hochhauses war nach der Räumung ein 73 Jahre alter Bewohner tot entdeckt worden. Der schwer pflegebedürftige Mann könnte ums Leben gekommen sein, weil er wegen der Evakuierung zu lange unversorgt geblieben war. Ob sein Tod tatsächlich durch den Einsatz bedingt war und auch dem 57 Jahre alten Ratinger anzulasten ist, wird in einem getrennten Verfahren ermittelt.

Prozessauftakt nach Explosion in Ratingen: Angeklagter schweigt

Als erster Zeuge sagte in dem Prozess der Polizist aus, der als erster in die Wohnung gegangen war. In der Wohnung sei es still gewesen, sagte er. Dann habe er plötzlich den Angeklagten mit einem brennenden Textilstück in der Hand gesehen. Es habe einen Hitzeschlag gegeben, und seine Kollegin habe in Flammen gestanden, berichtete er. Er habe sie noch nach unten begleitet. Später habe er selbst wegen schwerer Verletzungen wochenlang im Koma gelegen. Der Angeklagte selbst schwieg zu den Vorwürfen.

Das Gericht hat bis zum 11. Januar kommenden Jahres neun Verhandlungstage für den Strafprozess angesetzt.

dpa