Karneval Düsseldorf: Wagenbauer Jacques Tilly gerät in die Kritik – „kann ich gut vertragen“

Der Düsseldorfer Karnevalswagenbauer Jacques Tilly hat am Rosenmontag mit seinen provokanten Motiven viel Aufmerksamkeit erregt. Kinderschützer finden jedoch scharfe Kritik, mit der Tilly scheinbar umzugehen weiß.
Rosenmontag – Düsseldorf
Der Mottowagen, der Russlands Präsidenten Putin zeigt, der im Military-Outfit auf dem Boden kniet und die Hände auf den Kopf des russischen Patriarchen legt, der sich an Putin schmiegt, unter dem Motto "From Russia With Love", fährt im Rosenmontagszug durch die Menschenmenge feiernder Karnevalisten. Foto: Federico Gambarini/dpa
Rosenmontag – Düsseldorf
Der Mottowagen, der Russlands Präsidenten Putin zeigt, der im Military-Outfit auf dem Boden kniet und die Hände auf den Kopf des russischen Patriarchen legt, der sich an Putin schmiegt, unter dem Motto "From Russia With Love", fährt im Rosenmontagszug durch die Menschenmenge feiernder Karnevalisten. Foto: Federico Gambarini/dpa

Jacques Tilly ist über die Stadtgrenzen hinaus für seine politisch-inspirierten Karnevalswagen bekannt. Die Kontaktstelle Zartbitter gegen sexuellen Missbrauch von Kindern kritisiert allerdings eine Darstellung, die Russlands Präsident Wladimir Putin und Patriarch Kirill beim Oralsex zeigt.

„Auch wenn man Verständnis für satirische Darstellungen der Beziehung der russisch-orthodoxen Kirche zu Putin haben mag, es ist unverantwortlich, eine derartige Darstellung von Erwachsenensexualität auf einem Event für Familien zu präsentieren“, sagte Zartbitter-Leiterin Ursula Enders am Dienstag.

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Kinder würden solche Darstellungen sehr genau registrieren, so Enders. Eine größere Achtsamkeit sei hier dringend geboten. Unter Kindern in der Kita oder in der Grundschule sei „Penis-Lutschen“ ein häufiger Übergriff. Eine solche Darstellung im Karneval könne Kinder, die einen solchen Übergriff schon einmal erlebt hätten, retraumatisieren, berge aber auch die Gefahr der Verharmlosung.

Wagenbauer Tilly lässt sich von Hass nicht einschüchtern

Tilly selbst zeigt sich sowohl von maßvoller Kritik als auch hasserfüllten Reaktionen auf seine Arbeit unbeeindruckt. „Ich kann Kritik gut vertragen, ich teile ja selber aus. Ich bin ja auch hart, polemisch und gemein“, sagte er am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

Dennoch räumt Tilly ein, dass der Hass auf seine Wagen seit 2015 immer größer geworden sei. Gegen Morddrohungen, die er zum Beispiel erhalte, gehe er aber nicht rechtlich vor. „Ich kriege den Hass nicht durch irgendwelche Anzeigen aus der Welt.“

Die überwiegende Mehrheit der Reaktionen auf seine Wagen sei aber positiv, betont Tilly. Dies gelte insbesondere für die Wagen mit Botschaften gegen die AfD. Diese müsse jetzt lernen, dass sie nicht die schweigende Mehrheit repräsentiere, sondern eine kleine radikale Minderheit.

Anti-AfD-Wagen bleiben im Einsatz

Tilly und sein Team haben bereits am Tag nach Rosenmontag mit dem Abbau der Wagen begonnen. Die Wagen mit den Anti-AfD-Botschaften sollen jedoch erhalten bleiben und bei Demonstrationen gegen rechts zum Einsatz kommen. Dafür gebe es bereits entsprechende Anfragen, sagte Tilly.

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Mehr Verantwortung der Karnevalsvereine eingefordert

Die Organisation Zartbitter kritisierte zudem, dass beim Rosenmontagszug in Düsseldorf eine Gruppe sommerlich gekleideter Cheerleaderinnen mit bauchfreiem Oberteil mitgelaufen sei.

„Der Rock hing einigen Mädchen im Grundschulalter weit unter dem Bauchnabel. Dies ist im Sinne des Kinderschutzes als eindeutige Form der Kindervernachlässigung durch eine unangemessene Kleidung bei winterlichen Temperaturen zu bewerten“, so Zartbitter.

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Zartbitter fordert die Verantwortlichen des Karnevalszuges und der Vereinsvorstände auf, sich ihrer Verantwortung für das Wohl der Kinder bewusst zu sein.

„Sie sollten sich fragen, ob sie die persönlichen Rechte auf angemessene Kleidung beachten oder diese auf Kosten der Gesundheit und des Wohlbefindens von Kindern vernachlässigen“, so Philipp Büscher, Geschäftsführer von Zartbitter.

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Mit Material der dpa