Eine Düsseldorfer Club-Ära ist vorbei: der letzte Tanz im Golzheim

Ende Januar 2023 war Schicht im Schacht: Einer der letzten Underground-, besser "Under The Bridge"-Clubs in Düsseldorf schloss seine Pforten. Die geplanten Umbauarbeiten an der Theodor-Heuss-Brücke zwangen Club-Betreiber Daniel Fritschi zu diesem schweren Schritt. Das Ende war schon etwas länger in Sicht, dennoch schmerzt der Verlust.
Golzheim Düsseldorf
Schon bald gehen im Golzheim die Lichter aus. Foto: Tonight
Schon bald gehen im Golzheim die Lichter aus. Foto: Tonight

Für viele startete das Jahr 2023 mit guten Vorsätzen, für Club-Betreiber Daniel Fritschi mit einer traurigen Gewissheit: Sein langjähriges „Baby“, das Golzheim, wird Ende Januar zur letzten Veranstaltung laden. Danach heißt es: Plattennadeln hoch, Licht aus, Türen zu – ein mondscheinschimmerndes Stück Düsseldorfer Subkultur zieht seinen Hut. Immerhin durfte Daniel Fritschi sich auf ein besonderes „Closing“-Wochenende am 27. und 28. Januar freuen: dabei feierte das Urgestein der Düsseldorfer Clubszene nicht nur das achtjährige „Rohbau“-Jubiläum, sondern auch seinen 51. Geburtstag.

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Golzheim in Düsseldorf: Club schließt wegen Arbeiten an der Brückenrampe

Wer es nicht kennt, wird den dahinterliegenden Club vor allem tagsüber nur schwer erkennen: Hinter einer Tür im Unterbau der Theodor-Heuss-Brücke verbirgt sich mit dem „Golzheim“ einer dieser Clubs, auf den jede Stadt ungemein stolz sein sollte – eine Fläche für Veranstaltungen abseits des gewohnten Partytrubels aus der Altstadt und ein lebendes Stück Club-Kultur.

Nachdem Fritschi die drohende Schließung vom Golzheim bereits Ende August 2022 über seine Social Media Kanäle verbreitete, ließ das Echo seitens der vielen Fans nicht lange auf sich warten. Viele zeigten sich bestürzt, einige verärgert, wieder andere wollten am besten sofort eine Petition zum Erhalt des Golzheim starten. Doch Fritschi stellte schnell klar: Am Ende der Location in den Räumlichkeiten an der Theodor-Heuss-Brücke wird man nichts mehr drehen können.

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Anfang September 2022 starteten bereits die ersten Sondierungs-Arbeiten an dem 65-Jahre alten und mittlerweile als marode geltenden Rheinbrücke. Wie genau sich deren Umbau gestaltet, steht derweil noch in den Sternen. Wahrscheinlich ist aber, dass große Teile der Brücke langfristig neu gebaut werden müssen. Für die Sanierung der Brückenrampe muss das Golzheim nun weichen.

Die Krux an der Sache: Die Stadt Düsseldorf plant mit zwei Bauabschnitten innerhalb von drei Jahren. Für die vertraglich festgelegte Freimachung des Baufelds müsste es laut Fritschi  zum Rückbau von rund 95 Prozent des Clubs kommen – damit wären auch sämtliche Investitionen verloren.

Golzheim-Betreiber Daniel Fritschi: „Eine absolute Katastrophe“

Im Gespräch verrät uns Daniel Fritschi, wie hart ihn das Ende des Clubs in vielerlei Hinsicht trifft: „Es ist natürlich eine absolute Katastrophe, wenn alles, was man sich in Jahren aufgebaut hat, ersatzlos ausgelöscht wird. Das Golzheim ist von der Räumlichkeit kaum zu toppen und hat sich über die Jahre als einziger Underground Ort u.a. für Techno etabliert. Es ist schon sehr bitter, wenn man so etwas aufgeben muss.“

Immerhin, und das sickerte auch über die letzten Wochen in einigen Gesprächen mit ihm durch, scheinen die Gespräche mit der Stadt Düsseldorf recht positiv zu laufen. Nur ob das am Ende wirklich reichen wird? Und wie weit kann die Stadt dem Clubbetreiber überhaupt unter die Arme greifen? Der 50-Jährige bleibt kurz vor dem Closing realistisch – und niedergeschlagen: „Es gab konstruktive Gespräche mit der Stadt bezüglich möglicher Standorte für einen Clubneustart. Es scheint zumindest ein Interesse zu geben einen neuen Standort zu finden. Aber bis jetzt ist es noch zu früh für eine Einschätzung, wie realistisch ein Clubneustart ist, denn das Hauptproblem dürften die Erschließungskosten bleiben.“

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Zum Hintergrund: Für Daniel Fritschi wäre es bereits das dritte Mal, dass er einen Club neu aufbauen muss – und die Finanzen sind nach Corona- und Energiekrise dünn wie eine Plattennadel. „Konkret habe ich bisher noch keine Hilfen angeboten bekommen. Ich muss nun im Februar auf eigene Kosten den Ursprungszustand im Club herstellen. Und ohne Einnahmen des Club brechen dann auf jeden Fall schwierigere Zeiten an.“

Timothy J. Fairplay und Britches Closing am 20. und 21. Januar 2023

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Von all dem sollten die Feiernden im Club am vorletzten Wochenende so wenig wie möglich mitbekommen. Kurz vor dem Finale wurde noch einmal amtlich aufgetischt: Am 20. Januar ließ sich neben Timothy J. Fairplay und Acid Basztard auch Fritschi selbst lässt an den Decks blicken. In der Nacht vom 21. auf den 22. Januar wurde dann das „Britches Golzheim Closing“ gefeiert – Acid-Legende Oliver Bondzio legte ein letztes Mal im Golzheim auf. Als DJ war der Düsseldorfer Musikproduzent unter anderem Resident im legendären Kölner Warehouse Club und prägte dort eine ganze Generation Raver.

Am Closing Weekend kamen die Golzheim-Residents nochmal zum Zug

Das große Finale am 27. und 28. Januar 2023 legte Fritschi sehr gerne in die fähigen Hände der Golzheim Residents: Von Sophietje über Sebastian Rebig, von Roxtone über Marcel Woyt, von Tava Oro bis zu Lutz reihte sich bereits zum Start ins Wochenende ein Publikumsliebling an den nächsten.

Am Samstag, dem 28. Januar 2023, stand dann wirklich der letzte Tanz im Golzheim an: „Zum großen Golzheim Finale haben wir viele der regelmäßigen Residents, die den Sound bei unseren technoiden Abenden wesentlich mitgeprägt haben, eingeladen. Außerdem spielt der aus dem Golzheim erwachsene Liveact ‚Logarhythm‘.“

Das Logarythm-Trio aus Ceren Gülcelik an den Vocals, Justus Großkreutz und Daniel Fritschi an einer ganzen Batterie an Hardware-Synths und Synthesizern, hat in den letzten Monaten eine Wandlung vom Live-improvisierten Vinyl-Hybrid-Liveset zu Live-Variationen von eigenen Tracks vollzogen – und das Zusammenspiel immer weiter verfeinert. Für den Auftritt hatten sie ganz neues Material vorbereitet.

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Die letzte Geburtstagsparty im Golzheim: Daniel Fritschi feiert durch

Obwohl es die letzte Nacht im Golzheim war, gab es in der Nacht vom 28. auf den 29. Januar noch zwei gute Gründe zu feiern: das 8. Jubiläum der Veranstaltungsreihe „Rohbau“ und der 51. Geburtstag von Daniel Fritschi am Sonntag.

„Wir erwarten einen dem Golzheim würdigen großen Abschluss“ schreibt man auf Facebook. Außerdem bedankt man sich bei den langjährigen Fans, Supportern und Mitarbeitern: „Noch mehr als den Gästen des Closings, sind wir aber vor allem all den Gästen, die uns regelmäßig über die Jahre besucht haben und Teil dieser weit über Düsseldorf hinaus reichenden Golzheim-Community waren, zum Dank verpflichtet. Ohne Euch hätten wir nicht all die Jahre ein solches Programm mit regelmäßig hochkarätigen internationalen Artists realisieren können.“

Ein Blick in die Glaskugel fällt weiterhin schwer – auch Daniel Fritschi steht im Februar erstmal vor einem gähnenden Abgrund. „Ob und wie es im Anschluss weitergehen kann, ist noch vollkommen offen“, verrät er uns. Wir drücken dem Clubbetreiber ganz doll die Daumen, dass das Golzheim nicht sein letzter Streich gewesen ist.