Extremer Nachbarschaftsstreit: Grill-Attacke endet mit Freispruch

Die mutmaßliche Wasserattacke auf einen Mann am Grill bleibt ungeklärt. Die Angeklagte bekam einen Freispruch, aber es bleibt mysteriös.
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Um das Grillen gibt es in Deutschland zur Sommerzeit oft Streit mit den Nachbarn. In Düsseldorf soll dies in einer heftigen hinterhältigen Attacke gegipfelt haben. Die bleibt aber nun ungeklärt.

Die mutmaßliche Wasserattacke auf einen Düsseldorfer an dessen Grill bleibt ungeklärt. Eine Nachbarin, die wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt war, konnte am Dienstag mit einem rechtskräftigen Freispruch in der Tasche nach Hause gehen, nachdem die Staatsanwaltschaft ihre Berufung am Landgericht zurückgezogen hatte.

Laut Anklage sollte die 53-jährige Frau Wasser auf den Gasgrill der unter ihr wohnenden Familie gegossen haben. Ihr 55 Jahre alte Nachbar erlitt durch eine explosionsartig verpuffende Wolke aus Fett und heißem Wasserdampf Verletzungen an Armen, Beinen und Füßen.

Extremer Nachbarschaftsstreit

Dem Vorfall war ein Nachbarschaftsstreit ums Grillen vorangegangen sein. Per Einstweiliger Verfügung hatte die 53-Jährige ihren Nachbarn das Grillen mit Holzkohle verbieten lassen. Doch Frank S. grillte ja mit Gas.

Die Lebensgefährtin des Verletzten sah besondere Heimtücke am Werk: „Das Wasser kam genau in dem Augenblick, in dem mein Mann die Abdeckung des Grills hochgeklappt hatte.“ Die kleine Tochter habe geschrien und wäre um ein Haar ebenfalls verbrüht worden, berichtete das betroffene Paar.

Eine Hand mit einem Gefäß habe man wahrgenommen – mehr nicht. Geöffnet habe oben niemand, als sie danach an der Wohnungstür lautstark „angeklopft“ habe, berichtete die Zeugin. Die Nachbarin, Eigentümerin einer Wohnung, habe sich Kontaktaufnahme schon früher verbeten: „Sprechen sie mich als Mieter nicht an“, habe sie gesagt. „Wir waren für sie Menschen zweiter Klasse.“

In erster Instanz war die Nachbarin vom Amtsgericht dennoch freigesprochen worden. Sie hatte im Gerichtssaal eine Bekannte als Alibi-Zeugin präsentiert: Die Angeklagte sei zur Tatzeit mit ihr auf dem Golfplatz gewesen, versicherte die Zeugin. Sie hätten sich dort zufällig getroffen.

Terminkalender als Beweis

Am Dienstag wiederholte sie diese Aussage und legte einen entsprechenden Eintrag in ihrem elektronischen Kalender vor. Der war zuvor allerdings nicht forensisch untersucht worden. So blieb unklar, wann der Termin zum Golfspielen eingetragen wurde.
Für die Angeklagte hatte es zunächst schlecht ausgesehen. Sie wohnt allein über der Familie, hat selten Besuch, war als Grillgegnerin hausbekannt. Mit Golftasche habe man sie dagegen noch nie gesehen, sagten die Opfer aus.

Außerdem hatte die Richterin die Aussage der Alibi-Zeugin zunächst als „sehr unplausibel“ gewertet: Dass die eine Verabredung mit sich selbst in einen Terminkalender einträgt, sei doch ungewöhnlich. Doch die Zeugin beteuerte: „Ich organisiere mich so.“ Außerdem versehe sie die Einträge später manchmal mit Bemerkungen, so dass es auch eine Art Tagebuch sei: „Da steht wirklich alles drin.“

Dem Gericht hatte sie zunächst aber nur eine weitgehend geschwärzte Kopie der Kalendereinträge vorgelegt. Noch mal an ihre Wahrheitspflicht erinnert, war die Zeugin drauf und dran, die Aussage zu verweigern: „Dann sag‘ ich gar nichts mehr.“
Doch dann zückte sie ihr Smartphone und zeigt auch die ungeschwärzten Einträge ihres Terminkalenders – den sie zuvor dem Gericht trotz Aufforderung vorenthalten hatte. Prompt tauchten dort weitere „Termine mit sich selbst“ auf, die ihre Version stützten: „Kuchen backen“.

Nach drei Stunden Verhandlung wird plötzlich der Vertreter der Staatsanwaltschaft aktiv: Er bittet um eine Pause. Danach zieht er die eigene Berufung zurück.

Die Nachbarin spaziert mit einem rechtskräftigen Freispruch aus dem Saal. Frank S. bleibt konsterniert zurück. Er hatte schon vorher mit der Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft gehadert: „Ich hätte mir zum Beispiel gewünscht, dass mal jemand zum Golfplatz fährt und das überprüft.“ (dpa)