In welcher Sportart konnten deutsche Athleten bei Olympischen Spielen bisher am häufigsten Gold für ihr Land gewinnen?

In der Leichtathletik konnten deutsche Athleten bei Olympischen Spielen bisher am häufigsten Gold gewinnen (72, davon 38 DDR und 34 BRD).
Olympische Spiele Leichtathletik
Foto: Michael Kappeler/dpa
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Etwas mehr als ein halbes Jahr dauert es noch, bis in Tokio die Olympischen Spiele beginnen sollen. Doch derzeit leidet die japanische Hauptstadt massiv unter der Pandemie. Der Anstieg an Corona-Fällen ist seit Anfang Januar wieder besonders drastisch.

Für die deutschen Topsportler ist die extreme Vorbereitung auf die um ein Jahr verschobenen Olympischen Spiele in Tokio weiter ein großer mentaler Kampf gegen den Motivationsverlust. „Der erneute Lockdown zehrt an den Athleten genauso wie an allen Menschen“, sagte Johannes Herber, Geschäftsführer der Vereinigung Athleten Deutschland. „Niemand hat damit gerechnet, dass noch einmal so große Unsicherheiten auftreten.“

Gestärkt werde das Durchhaltevermögen der Athleten dadurch, dass die Sommerspiele vom 23. Juli bis 8. August 2021 nun „realistisch am Horizont“ zu sehen seien. „Das ist ein starker Energiespender. Die Athleten tun gut daran, diesen singulären Fokus zu haben“, so Herber.

Leichathletin Gina Lückenkemper, die bei den Europameisterschaften im Sprint über 100 Meter Zweite wurde, hat die Olympischen Spiele fest im Blick. Sie wolle bald wieder die 11-Sekunden-Marke unterbieten – dies habe in ihr ein „Gefühl des Fliegens“ hervorgerufen. „Dieses Gefühl jage ich, das will ich wieder erleben. Wenn ich dieses Gefühl habe, wird es richtig schnell“, sagt Lückenkemper. Gutes Omen: In der Leichtathletik konnten deutsche Athleten bei Olympischen Spielen bisher am häufigsten Gold für ihr Land gewinnen (72 Medaillen; 38 davon DDR, 34 Bundesrepublik Deutschland).

„Das ist in der Tat sehr hart“, sagte Nadine Apetz, die zweimalige Weltmeisterschaftsdritte im Boxen, über die Ausnahmesituation. „Was die Motivation oben hält, ist, dass sich das Warten und Durchkämpfen vielleicht ja lohnt.“ Außerdem rede sie viel mit ihrer Box-Kollegin und Freundin Ursula Gottlob und führe Gespräche mit Sportpsychologen.

Für Apetz haben sich aber durch die Folgen der Corona-Krise nicht nur die sportlichen Pläne radikal verändert, sondern auch die privaten. „Ich wollte erst zu Olympia und dann meine Doktorarbeit fertigschreiben“, sagte sie. Jetzt habe sie nichts von beiden und sich so durch das vergangene Jahr „gewurschtelt“.

„Die Motivation oben zu halten, ist wirklich schwierig. Aufgrund des Mangels an Wettkämpfen“, sagte Turner Andreas Toba. Um sie aufrechtzuerhalten, stelle er sich vor, dass es ganz normale Olympische Spiele sein werden. „Darauf bereite ich mich vor und davon gehe ich aus“, erklärte er seine psychologische Strategie.

Eine ähnliche Durchhaltetaktik hat sein Turn-Mitstreiter Marcel Nguyen. „Ich gehe einfach mal davon aus, dass es mit Olympia funktioniert und zudem die Europameisterschaften im April in Basel stattfinden“, sagte der zweimalige Olympia-Zweite von 2012. „Das ist das nächste Ziel und es laufen die Vorbereitungen darauf.“

Das Fehlen der Wettkämpfe ist ebenso für Kunstturnerin Elisabeth Seitz das zentrale Problem. „Das einzig Schwierige ist, dass wir raus aus der Normalität sind“, meinte die Stuttgarterin, die ihrer dritten Olympia-Teilnahme entgegenblickt. „Die Normalität ist, dass wir uns immer auf Wettkämpfe vorbereiten und sie bestreiten. Das gibt es aktuell nicht.“

Dirk Schimmelpfennig weiß als Sportchef des Deutschen Olympischen Sportbundes, dass dieses Defizit zu Verunsicherung führt und am Selbstbewusstsein nagt. „In den Wettkämpfen bekommt der Athlet die Rückmeldungen über sein Leistungsvermögen, gleichzeitig geben sie Ansporn und Perspektive“, sagte er.

Um dieses Manko etwas zu kompensieren, haben Verbände und Sportler virtuelle und digitale Wettkampfangebote kreiert. Der Deutsche Fechter-Bund schuf aus der Not die „German Masters“ für die Eliteathleten. Das letzte Turnier im Dezember musste aber wegen des zweiten Lockdowns abgesagt werden. Recht große Beachtung fand auch die vom Säbel-Ass Max Hartung initiierte „Demaskiert Liga“, denn dem Europameister fehlte genauso das „Adrenalin des Wettkampfes“.

Kurzbahn-Spezialist Philip Heintz hat dagegen „überhaupt keine Probleme“, sich zu motivieren. „Mir macht das Schwimmen und das Training derzeit wieder so viel Spaß, dass ich dabei gar nicht an die Spiele denke“, sagte der Weltmeister über 200 Meter Lagen von 2013 und 2017. „Mir macht es einfach Spaß. Insofern ist Motivation für mich gar keine Frage.“ Egal ist ihm dabei auch, wie die Tokio-Spiele ausgetragen werden – mit wenigen oder keinen Zuschauern und sowieso nach strengsten Corona-Regeln. „Klar hätte ich meine letzten Spiele schon gerne anders gehabt. Aber ich war zweimal bei Olympia, deswegen ist es für mich nicht so schlimm wie für andere“, sagte Heintz.

Diese Lockerheit haben nicht alle Athleten, wie Schwimm-Bundestrainer Bernd Berkhahn betonte: „Die Anforderungen für eine Olympia-Teilnahme waren und bleiben wie immer sehr hoch.“ Er wünsche deshalb allen Olympia-Hoffnungen, gesund durch diese besondere Saison zu kommen und „sich ihre Ziele erfüllen zu können“.

dpa