„Tatort“: So ist der Wiesbaden-Tatort „Die Ferien des Monsieur Murot“

Auch ein Kommissar braucht einmal Urlaub. Im neuen "Tatort" mit Ulrich Tukur kann von Entspannung allerdings keine Rede sein.
Tatort: Die Ferien des Monsieur Murot
Foto: HR/Bettina Müller
Foto: HR/Bettina Müller

Auch ein Kommissar braucht einmal Urlaub. Im neuen „Tatort“ mit Ulrich Tukur kann von Entspannung allerdings keine Rede sein. Stattdessen wartet eine ganz neue Rolle auf LKA-Ermittler Murot.

Felix Murot (Ulrich Tukur) ist nicht so der Schweinshaxen-Typ – auch wenn ihm genau dieses Gericht während eines Biergartenbesuchs mit den Worten „Wie immer!“ auf den Tisch geknallt wird. Auch im Urlaub im Taunus verlassen einen LKA-Kommissar nicht die detektivischen Instinkte. Mit dem Teller in der Hand macht er sich auf die Suche nach dem eigentlichen Adressaten – und kann es kaum fassen, als Autohändler Walter Boenfeld über den Rand seiner Zeitung blickt: Beide Männer sehen sich zum Verwechseln ähnlich.

Mit dem Titel „Die Ferien des Monsieur Murot“ greift der „Tatort“ des Hessischen Rundfunks (HR), der am kommenden Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt wird, einmal mehr zum cineastischen Zitat. Mehr noch als an die klassische französische Komödie über die Ferien des Monsieur Hulot erinnert er allerdings an das „doppelte Lottchen“ – wenn auch deutlich mörderischer und erwachsener als das Original.

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Nachdem Tukur seine darstellerische Vielseitigkeit im vergangenen Jahr in der „Tatort“-Variante von „Und täglich grüßt das Murmeltier“ in immer neuen Varianten eines Todes unter Beweis stellen konnte, haben die Drehbuchautoren Ben Braeunlich und Grzegorz Muskala (Muskala führt auch Regie) diesmal eine Doppelrolle für den Murot-Darsteller geschrieben. Der Zufallsbegegnung des Kommissars und des Gebrauchtwagenhändlers folgt ein alkohollastiger gemeinsamer Abend samt Saunabesuch in Boenfelds Haus.

Am nächsten Morgen wacht Murot verkatert in der Hollywoodschaukel seines Gastgebers auf – und in dessen Kleidern. Denn Boenfeld hatte den Rollentausch angeregt – „nur ganz kurz“. Was Murot zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Boenfeld ist tot, auf dem Weg zu Murots Hotel wurde er auf der Landstraße von einem Auto überfahren.

Dass sein „Zwilling“ in den Tod befördert wurde, wird Murot auf dem Weg ins Hotel klar, als er an der abgesperrten Unfallstelle nahe der bereits zugedeckten Leiche einen seiner eigenen Schuhe erblickt. Hat deshalb Boenfelds Frau Monika (Anne Ratte-Polle) vorhin laut aufgekreischt, als sehe sie einen Geist, als er kurz in der Wohnung auftauchte? Immerhin hatte Boenfeld in der Sauna gestanden, er habe Angst vor seiner Frau und glaube, sie wolle ihn umbringen.

Statt sich im Taunus zu entspannen, spielt Murot Boenfelds Rolle weiter und ermittelt gewissermaßen undercover. Erstaunlich ist dabei, dass ihm der Rollenwechsel problemlos gelingt. Denn so sehr sich die beiden Männer äußerlich glichen – der laute, etwas prollige Walter mit seiner Vorliebe für knallbunte Hemden und Goldkettchen war denn doch ein ganz anderer Typ als der eher introvertierte und zurückhaltende Murot. Lediglich Murots Assistentin Magda Wächter (Barbara Philipp), die den angeblich toten Chef identifizieren muss, hat Zweifel: „Er sieht so anders aus!“ Alles postmortal, so die Erklärung des Rechtsmediziners.

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Auch ohne Boenfelds Angst vor der Ehefrau weiß der erfahrene Ermittler: Bei Mord ist der Täter meist im direkten Umfeld zu suchen. Die nahezu wortlosen Frühstücksszenen einer Ehe ähneln hier einem kleinen Kammerspiel voll gegenseitigen Belauerns, Beobachtens und Misstrauens. Da ist schon ein Teller Rührei verdächtig – Frühstück aus der Hand der liebenden Ehefrau oder womöglich doch ein Giftanschlag? Ist er schon längst aufgeflogen, und wer spielt mit wem ein falsches Spiel?

Doch Murot stößt in „seiner“ Nachbarschaft auch noch auf andere Kandidaten: Das angeblich befreundete Ehepaar aus der Nachbarschaft etwa, bei dem auch noch ganz andere Gefühle im Spiel zu sein scheinen. Murot hätte nichts dagegen, wenn sich hier neue Verdachtsansätze ergeben, denn an Monika Boenfeld hat er bald nicht nur dienstliches Interesse. Der ewige Einzelgänger Murot – in diesem „Tatort“ darf er Gefühle entwickeln. In Frage gestellt wird sein Verhalten nicht nur von Wächter („Die Frau ist irre!“), sondern auch vom toten Walter, der ihm immer wieder im Traum erscheint.

„Vielleicht kehre ich als ein anderer zurück“, schreibt Murot unmittelbar vor seinem Zusammentreffen mit dem Doppelgänger an Wächter. Nun kann er unerwartet tatsächlich ein ganz anderer sein – jedenfalls bis zur Aufklärung des Falles.

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dpa