Als die Corona-Pandemie im April 2020 gerade begonnen hatte, war an einen Impfstoff noch gar nicht zu denken. Selbst Masken waren rar gesät – und wenn vorhanden, dann oftmals relativ teuer. Wie gut, dass Musiker und YouTuber Fynn Kliemann plötzlich mit günstigen Mund-Nase-Bedeckungen um die Ecke kam – die obendrein auch noch fair produziert wurden. Oder doch nicht?
In der neuesten Ausgabe von „ZDF Magazin Royale“ (seit Mitternacht online abrufbar, Ausstrahlung im ZDF am Freitag ab 23 Uhr) werden schwere Vorwürfe gegen Kliemann erhoben. Nach eigenen Angaben hat das Team interne E-Mails und Chats, Auftragsbestätigungen, Videos, Fotos und Lieferscheine ausgewertet und dabei entdeckt, dass das Textilunternehmen „Global Tactics“ die Masken möglicherweise nicht in Europa, sondern in Bangladesch und Vietnam hat herstellen lassen.
Den Anschuldigungen von Böhmermanns Team zufolge sollen rund 2,3 Millionen solcher Masken dort produziert worden sein – zum Kurs von 45 Cent pro Stück. Im Schnitt sollen Angestellte in den Produktionshallen in Dhaka lediglich 120 Euro im Monat verdient haben. Verkauft worden seien die Masken – bei einer Abnahmemenge von 100 Stück – für je 98 Cent pro Stück. Unter anderem der Großhändler „About You“ vertrieb diese im Anschluss. In Kliemanns eigenem Online-Shop oderso.cool waren sie für 2,20 Euro zu kaufen. Dort als Produktionsorte ausgewiesen: Serbien und Portugal.
Gegenüber mehreren Medien beteuerte Kliemann damals, die Masken würden zum Selbstkostenpreis verkauft. „Man sollte sich an einer solchen Krise nicht bereichern“, sagte er zum Beispiel im Gespräch mit ntv. Und wurde letzten Endes sogar mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2020 ausgezeichnet.
Fynn Kliemann: Fehlerhafte Masken für Geflüchtete?
Doch es geht noch weiter. Öffentlichkeitswirksam spendeten Kliemann und Geschäftspartner Tom Illbruck später 100.000 Masken Flüchtlingsunterkünfte, wurden in den Sozialen Medien dafür gefeiert. Wie das „ZDF Magazin Royale“ nun herausfand, womöglich zu unrecht. Denn: Die Mund-Nasen-Bedeckungen sollen fehlerhaft, nicht für den Verkauf bestimmt und vom Produzenten daher nicht einmal in Rechnung gestellt worden sein.
Unklar ist auch, was mit dem Geld passiert, das Urlauber zusätzlich zum Fixkostenpreis eines Aufenthalts in einem von Kliemanns Ferienhäusern – der ebenfalls nur die Kosten decken soll – entrichten konnten, passiert. Mehr als 10.000 Euro seien auf diesem Wege bisher gesammelt worden.
Fynn Kliemann reagiert auf Böhmermann-Vorwürfe
Doch was sagt Kliemann zu den Vorwürfen? Bereits vier Tage vor Veröffentlichung des „ZDF Magazin Royale“-Videos machte der 34-Jährige eine entsprechende Anfrage öffentlich:
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Am selben Abend veröffentlichte er ein Statement in Form eines Videos, in dem er auf den Fragenkatalog des ZDF eingeht:
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Er sei ein „Fan von Transparenz“ und finde es „eigentlich gut“, dass Sachen hinterfragt würden. In dem rund 28-minütigen Clip distanziert sich Kliemann teilweise von „Global Tactics“: Er sei mit 20 Prozent zwar an der Firma beteiligt, besitze als „stiller Gesellschafter“ allerdings „kein Mittbestimmungsrecht“. Er habe die Masken, die alle in Serbien oder Portugal produziert worden seien, lediglich als Kunde erworben und danach weiterverkauft. Beim Thema Maskenspenden verweist er ebenfalls auf seinen Geschäftspartner. Ein Statement nach Veröffentlichung der „ZDF Magazin Royale“-Rechercheergebnisse hat es derweil noch nicht gegeben.
Fynn Kliemann: Nachhaltigkeitspreis entzogen – auch „About You“ reagiert
Die ersten Reaktionen auf den Kliemann-Knall derweil schon. Die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis teilte mit, dass Kliemanns Aussagen über den Produktionsort „nicht stimmten und in Bangladesch und Vietnam hergestellt wurde“. Als besonders gravierend wird „die vorsätzliche Verteilung minderwertiger Masken an Flüchtlingslager“ bezeichnet. Mit „allem, was wir unter Nachhaltigkeit verstehen“ sei dies nicht zu vereinbaren. Die Folge: Fynn Kliemann wird der Nachhaltigkeitspreis entzogen. Und auch „About You“ hat bereits reagiert und die Masken aus dem Online-Angebot entfernt.
>> Fynn Kliemann entschuldigt sich – doch About You widerspricht ihm <<