J.Lo stript für guten Zweck – „Robin Hood“ auf Stöckelschuhen

Jennifer Lopez als Stripperin in einem Gangsterfilm? Vor Jahren noch undenkbar, war "Hustlers" im Sommer der US-Kinohit. Jetzt startet der Film auch hier.
Jennifer Lopez im Kinofilm
Foto: Barbara Nitke/STXfilms/dpa
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Jennifer Lopez als Stripperin in einem Gangsterfilm? Was vor einigen Jahren noch das sichere Rezept für Spott und schlechte Internetgags gewesen wäre, war im Sommer der US-Kinohit. Jetzt kommt der auf wahren Begebenheiten beruhende Film in deutsche Kinos.

Manchmal, da reicht eine einzige Einstellung, um klar zu machen, wohin ein Film geht. In „Hustlers“ kommt diese Szene schon nach wenigen Minuten. Die Beats in einem Stripclub für reiche Wall-Street-Typen dröhnen und plötzlich steht da eine umwerfende und kaum bekleidete Frau.

Ramona Vegas Haut schimmert golden und ihr Spagat an der Stripstange raubt den Kerlen den Atem, kurzum: Sie ist hier der Superstar. Das liegt auch an der Frau, die diese Stripperin verkörpert, Latino-Weltstar Jennifer Lopez.

Was wurde der 50-Jährigen Unrecht getan: Wer hatte die Schauspielerin und Sängerin nicht abgeschrieben nach einer schlagzeilenträchtigen Beziehung mit Ben Affleck und dem katastrophal gefloppten „Liebe mit Risiko – Gigli“? Wer hat sie nicht verhöhnt für Liebeskitsch wie „Manhattan Love Story“ und Thrillertrash wie „The Boy Next Door“? Wer hatte nicht längst wieder vergessen, dass Lopez ursprünglich einmal mit dem Bio-Pic „Selena“ und an der Seite von George Clooney in „Out of Sight“ als fantastische Schauspielerin berühmt wurde?

Bei all den Lästereien ist es fast in Vergessenheit geraten, dass Lopez seit mehr als zwei Jahrzehnten ein weltweiter Megastar ist, gefragt als Sängerin, Schauspielerin und TV-Persönlichkeit. Forbes schätzt, dass sie nach Millionen verkauften Alben in den frühen 00er-Jahren selbst im Jahr 2019 noch rund 47 Millionen Dollar einnehmen wird.

Ihre über zwei Jahre lang laufende Vegas-Show soll mehr als 100 Millionen Dollar erlöst haben. Und jetzt eben „Hustlers“, ein Glamourdrama, das mit seiner warmherzigen Mischung aus Robin Hood auf Stöckelschuhen und „Ocean’s Eleven“ im Stringtanga zum Überraschungshit des US-Kinosommers bei Kritikern und Publikum wurde. Gerade einmal rund 20 Millionen Dollar Produktionskosten stehen allein in USA das Fünffache an Ticketverkäufen gegenüber.

Erzählt wird grob die wahre Geschichte einer Gruppe von Stripperinnen rund um die zunächst unschuldig daherkommende „Destiny“ (Constance Wu aus „Crazy Rich Asians“) und um den Über-Vamp Ramona Vega.

Durch die Wirtschaftskrise vor einem Jahrzehnt stimmte plötzlich die Kasse nicht mehr und die Frauen begannen, die Kerle abzufüllen und deren Kreditkarten leerzuräumen – wie soll ein Typ schließlich erklären, was es mit diesem Zehntausende Dollar teurem Besuch im Stripclub auf sich hat? Eines Tages geriet die Frauen-Gang aber an einen Mann, der eben kein Superreicher war, sondern sich an die Polizei wendet.

Aus dieser Geschichte strickt Regisseurin Lorene Scafaria eine wilde Mischung aus Gangsterfilm, weiblicher Buddykomödie und Kapitalismuskritik. Nicht alles daran gelingt, dafür schwelgt der Film zu sehr in den übertriebenen Geschenken opulenter Weihnachtsfeiern und dafür hat er am Ende zu wenig zum Verhältnis der beiden Protagonistinnen zu sagen, die sich laut Artikel im „New York Magazine“ ohnehin wohl nicht ganz so nahe standen wie ihre Film-Versionen.

Immerhin aber verliert der Film nie den Respekt für seine Protagonistinnen und kommt trotz viel nackter Haut niemals billig daher – mag auch die Außenwelt diese Frauen wie Objekte behandeln, der Film und seine gelungene Kameraarbeit tun es nicht. Und ganz zum Schluss, als die Party längst für alle Seiten vorüber ist, da hat Lopez‘ Ramona sogar noch die klügste Wahrheit dieses rundherum unterhaltsamen Filmes parat: „Diese Stadt, dieses ganze Land ist ein Strip-Club. Manche Leute schmeißen mit dem Geld um sich und manche Leute führen den Tanz auf.“

dpa