Wobei sind rund 80 % der betroffenen Erwachsenen männlich?

Mit Arthrose, Schielen, Hühneraugen und Stottern haben viele zu kämpfen – dabei sind aber 80 Prozent der betroffenen Erwachsenen männlich.
Der gewählte US-Präsident Joe Biden
Foto: Andrew Harnik/AP/dpa
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Wenn Sebastian Koch mit Ginger spricht, tut er dies fehlerfrei und flüssig, von Problemen keine Spur. Ginger ist die Katze des 28-Jährigen. Wenn er aber mit Menschen redet, ist das ganz anders: Dann stellt sich das ungewollte Verharren auf einem Buchstaben, das Wiederholen von Wörtern und das Dehnen von Vokalen ein. Es macht den Eindruck, als koste es Koch sehr viel Mühe, sich die Sätze abzuringen. Koch ist seit seiner Kindheit Stotternder, einer von 800.000 in Deutschland. Beim Stottern sind rund 80 Prozent der betroffenen Erwachsenen männlich, bei Arthrose, Schielen und Hühneraugen nicht. Auch US-Präsident Joe Biden tut es.

Nach erfolglosen Therapien hat der Kulturredakteur beim „Mannheimer Morgen“ die Perspektive einer Heilung ad acta gelegt und geht jetzt offensiv mit seiner Einschränkung um. Dazu lädt er für seinen Ppppodcast Gäste zum „Mannheimer Morgen“, mit denen er über ihre Erfahrungen als Stotternder oder als Therapeut spricht.

Gerade diese Kommunikationsform mit spontaner Konversation ist für Stotternde schwer zu meistern. «Aber die schriftliche Form, das Thema aufzuarbeiten, fand ich nicht so spannend», sagt Koch. Bislang bekam er dafür nur positive Rückmeldungen.

Warum nun wirken vierbeinige Freunde, neben Katzen auch Hunde, auf Stotterer so entspannend? Koch meint: „Sie haben – anders als die Menschen – keine Erwartungen und zeigen keine Reaktionen.“ Auch im Umgang mit Babys zeigt sich die Störung oft nicht. Kleine Kinder und Tiere können nicht nachäffen, sich nicht lustig machen oder einfach Redebeiträge von Stotternden ignorieren. Auch das Singen funktioniert einwandfrei. Grund: Dafür werden andere Gehirnareale gebraucht als beim Sprechen.

Schwierigkeiten haben Stotternde besonders in der Schule. So erlebte auch Koch in der sechsten Klasse, wie ihn ein Mitschüler nachäffte. Nach einem Gespräch mit Kochs Mutter ließ er davon ab. „Ich hatte extrem viel Glück“, sagt der Journalist. Anders als einer seiner Podcast-Gesprächspartner, der wegen psychischer und körperlicher Probleme infolge von Mobbing widerwillig die Schule verließ und eine Ausbildung begann. Auch der Göttinger Neurologe Martin Sommer, Vorsitzender der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe, erinnert sich an schlimme Erlebnisse auf dem Schulhof. „Meist hören die Probleme nach der Schule im Berufsleben auf“, sagt Koch, der nach dem Volontariat beim „Mannheimer Morgen“ dort auch übernommen wurde.

dpa