Wie weit blickt der Duden maximal in die Zukunft?

Welche Wörter gibt es im Duden, welche nicht? Das ist immer wieder interessant! Wie weit blickt der Duden maximal in die Zukunft? Die Antwort darauf ist überübermorgen.
Duden 28. Auflage 12. August 2020
Der Duden wird in ein Bücherregal geschoben. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Der Duden wird in ein Bücherregal geschoben. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Jahrzehnte sorgten sie für Klarheit beim Buchstabieren von Namen am Telefon, jetzt haben Anton, Berta und Cäsar ausgedient. Das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat sich seit Herbst die Norm „Diktierregeln“ vorgenommen und damit auch die offizielle Buchstabiertafel als Teil davon. Dieses Buchstabieren gibt es schon seit Jahrzehnten. Genug Vergangenheit, nun in die Zukunft. Wie weit blickt der Duden maximal in die Zukunft. Die Antwort darauf ist überübermorgen, weiter geht es nicht.

„Wir sind bei der Überarbeitung der DIN 5009 im Plan und rechnen mit einer Veröffentlichung des Entwurfs im dritten Quartal des Jahres“, sagt Julian Pinnig vom Institut in Berlin. Ein gutes Dutzend Experten befasst sich mit den Bezeichnungen für die Buchstaben. Sie kommen etwa aus Bildung und Ausbildung, von Versicherungen oder Postunternehmen.

Konkrete Bezeichnungen für die einzelnen Buchstaben werden noch nicht verraten. Nur so viel: Künftig sollen Städte statt Vornamen die richtige Schreibweise von Wörtern, Mailadressen oder Aktenzeichen sichern. Statt W wie Wilhelm könnte es dann Wiesbaden oder Worms heißen. In Frage kommen Städte, die klar unterscheidbar sind und die Vielfalt des Landes abbilden. Hintergrund für die Städtenamen ist auch die Veränderung der gesellschaftlichen Realität. Eine Buchstabiertafel mit den bisherigen Vornamen spiegelt aus Sicht der DIN-Normer die kulturelle Diversität der Bevölkerung in Deutschland nicht ausreichend wider.

Ausgelöst hat die Reform Michael Blume, Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter. Ihn stört, dass in der aktuellen Tafel noch immer Relikte aus der Zeit der Nationalsozialisten stecken. Die hatten 1934 alle jüdischen Namen entfernt: Aus David wurde Dora, aus Nathan Nordpol, aus Samuel Siegfried. Zwar wurde die Tafel nach 1945 einige Male überarbeitet. Doch Nathan blieb draußen, Nordpol drin.

Nordpol klingt unverdächtig, aber für Blume ist es ein Beispiel, wie Antisemitismus funktioniert. „Es gibt ganz viele Bereiche, die von den Nazis vergiftet wurden. Sie werden zu Traditionen, über die niemand mehr nachdenkt.“ Der Nordpol etwa sei der Ort, „von dem nach der alternativen Geschichtsschreibung der Nazis die Arier herkommen“, sagt Blume. „Mit dem Wissen müssen wir den Nordpol aus der Buchstabiertafel streichen.“

dpa