Wie heißen die beiden Nummer-1-Alben, die Die Ärzte 2020 und 2021 veröffentlichten?

Die beiden Nummer-1-Alben, die Die Ärzte 2020 und 2021 veröffentlichten, heißen "Hell" & "Dunkel" – nicht "Schön" & "Hässlich", "Schlau" & "Doof" oder "Warm" & "Kalt".
Die Ärzte kündigen neues Album
Die Ärzte. Foto: Jörg Steinmetz/Die Ärzte/dpa
Die Ärzte. Foto: Jörg Steinmetz/Die Ärzte/dpa

Keine zwölf Monate nach dem Nummer-1-Album „Hell“ (2020) veröffentlichten Die Ärzte am 24. September 2021 mit „Dunkel“ ein weiteres Werk, das es zum Nummer-1-Album brachte. 19 sehr unterschiedliche Songs mit mancher Überraschung haben Schlagzeuger Bela B (58), Gitarrist Farin Urlaub (57) und Bassist Rodrigo Gonzalez (53) darauf zusammengetragen. Die Themen folgen konsequent dem Namen des Albums: es geht viel um Trennungen, Traurigkeit, Beziehungsgewalt, Nazis oder gefährdete Demokratie.

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„Das Album ist melancholischer“, sagte Gitarrist Farin Urlaub im September im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Ein Grund liegt in der Corona-Zeit. „Ein Teil ist definitiv der Tatsache geschuldet, dass man halt einfach seine Freundin so lange nicht gesehen hat – das hab ich beim Songwriting gemerkt. Die Situation geht natürlich auch an uns nicht spurlos vorüber.“ Witze über die Situation seien zum Teil verzweifelt. „Manche Songs sind auch schon lange vor Corona entstanden, auch Songs auf ‚Dunkel‘, sagte Urlaub. „Aber wir haben wahrscheinlich den Großteil der Sprüh-Songs auf „Hell“ verbraten.“

Doch auch solche energiegeladenen Stücke sind im Ärzte-Album drin. Etwa die erste Auskopplung „Noise“, einer der sehr seltenen Songs, bei dem Bela B und Farin Urlaub gemeinsam für Text und Musik verantwortlich sind. Sowas gab es etwa beim vielleicht bekanntesten Ärzte-Song, der Anti-Nazi-Hymne „Schrei nach Liebe“. Bela B: „Der ursprüngliche Song war ein Farin-Urlaub-Lied, das wir bei ‚Hell‘ schon abgelehnt hatten. Mir ist aber der Refrain nicht aus dem Kopf gegangen. Dann hab ich Farin gefragt, ob ich mit dem Lied spielen dürfe, und die Idee hat ihm gefallen.“

Der Songs steht auch für die neue Harmonie nach langer Zeit interner Konflikte am Rand einer erneuten Trennung. „In den acht Jahren gab es nicht viel Kontakt“, sagte Bela B. Mit den schon früh zusammen gedachten Alben „Hell“ und nun „Dunkel“ hat sich das Klima gewandelt. „Nicht so eine negative, sondern eine positive Diskussion. Das ist cool“, beschrieb Farin Urlaub die wiedergefundene Freude an der gemeinsamen Arbeit der drei Musiker.

Das schuf notwendige Sensibilität auch für extrem schwierige Themen. „Einschlag“ etwa dreht sich um einen Typen, der seine Partnerin getötet hat. Bela B: „Es gab Bedenken bei den anderen, dass das eventuell als Sympathie für den Täter falsch verstanden werden könnte, weil ich aus seinem Blickwinkel erzähle.“ Deshalb sei er den Text mit einer Freundin noch mal durchgegangen, „die mich sogar ermutigt hat, noch ein, zwei Sachen einzubringen, die ich mich vielleicht gar nicht getraut hätte“. Es gab auch eine Version aus Sicht des Opfers, „aber das barg die Gefahr, aufgesetzt oder auch anmaßend zu klingen“. Farin Urlaub: „Sowas wie Einschlag gab’s noch nicht.“

Noch eine andere Premiere findet sich auf „Dunkel“. Erstmals gab es im Song „Kerngeschäft“ ein Hip-Hop-Feature. „Ich hatte beim Schreiben des Songs schon einen Rap-Part im Kopf“, erzählt Bela B. Er habe sich in den vergangenen Jahren nicht viele Rap-Alben gekauft. „Eine Platte war von Ebow und die fand ich richtig gut.“ Er fragte die Rapperin („Asyl“), „und sie fand die Idee, mit uns zu arbeiten, cool“.

Mit Songs wie „Besser“, „Wissen“ oder „Schweigen“ lieferten die Ärzte wieder bestes Trostmaterial für Trennungsgeschädigte. „Anastasia“ erschien als Fortsetzung des Cyber-Sex-Songs „True Romance“ mit heißen Fantasien und ernüchternden Realitäten eines Nutzers von Dating-Apps. „Kraft“ steht mit enorm treibendem Bass für die Durchsetzungsfähigkeit von Worten. Bei vielen der Songs findet die musikalische Experimentierfreude der Band ihren Weg direkt aus den Lautsprecherboxen in Ohr und Glieder.

In „Anti“ knöpft sich die Band Ideologien und andere Sturheiten vor. „Wir sind schon mal sehr im Schwarz-Weiß-Denken verhaftet“, sagte Farin Urlaub. „Selbst Leute, die eigentlich dasselbe wollen oder ein ähnliches Bild haben von der idealen Welt, können nicht verstehen, dass man da auf anderen Wegen hinkommen kann.“ Es werde viel gebrüllt, aber wenig zugehört. „Wenn das meine Wahl ist / bin ich gegen alles!“, heißt es im Song.

Mit „Dunkel“ bezieht die selbst ernannte „beste Band der Welt“, die sich immer wieder für Klimaschutz stark gemacht oder auch direkt zur Wahl der Grünen aufgefordert hatte, erneut klar politisch Position. Für die Bundestagswahl wollten sie mobilisieren. „Es geht darum, dass wir uns alle angesprochen fühlen“, sagte Farin Urlaub. In seinem der Demokratie gewidmeten Song heißt es: „Dein Kreuz gegen Hakenkreuze, damit fängt es an / dem Hass zu widerstehen.“ Bela B: „Mit so einem Song von uns rechnet niemand. Das ist genau die Stärke der Band.“

In „Doof“ heißt es, niemand wähle Nazis nur aus Unwissenheit: „Nazis sind Nazis, weil sie Nazis sein wollen.“ Rodrigo González: „Man muss mit Faschisten nicht quatschen, man muss sie nicht bekehren, weil sie sich auch nicht bekehren lassen wollen.“ Farin Urlaub unterstrich das: „Es geht ja auch darum, in den drei Minuten einfach mal eine Front aufzumachen und zu polarisieren.“

dpa