Wer hierzulande eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt bekommt, ist …?

Es klingt eher nach einem Begriff aus der Lyrik, ist aber Behördendeutsch. Darum handelt es sich bei einer Fiktionsbescheinigung.
Asyl Aufenthalt Ausländer
Foto: Uli Deck/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Wir schaffen das“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am 31. August 2015. Drei Tage danach verabschiedete sich Mohammed Tahseen Beik von seinen Eltern in der heimatlichen Siedlung bei Damaskus und brach nach Deutschland auf.

Er hofft wie viele andere auf eine Fiktionsbescheinigung – denn mit einer Fiktionsbescheinigung hat man in Deutschland ein vorläufiges Aufenthaltsrecht. „Ich wusste, ich sehe meine Familie nicht mehr“, sagt der heute 25-Jährige in Kaiserslautern. Merkels berühmten Satz habe er erst nach seiner Ankunft in Deutschland gehört. Zuvor hatte ihn die mühsame Reise über Libanon, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich geführt.

Mohammeds Stationen nach seiner Ankunft am 12. September in Deutschland sind schneller aufgezählt: Marktredwitz in Bayern, Kusel, Rockenhausen und Kaiserslautern in Rheinland-Pfalz. „Der Empfang in Marktredwitz war sehr schön, er hat meine Seele betäubt“, erzählt der junge Syrer. Er benutzt gern solche poetischen Wendungen: „Die deutsche Sprache fasziniert mich.“

Und doch ist Mohammed enttäuscht, nach fünf Jahren noch nicht weiter zu sein. Am Anfang hoffte er, schon bald das in Damaskus begonnene Studium der Wirtschaftswissenschaften fortsetzen zu können. „Es tut weh, dass ich mein Zeugnis bisher nicht nutzen konnte, um weiterzustudieren.“ So jobbte er in einer Pizzeria, sparte Geld und machte den Führerschein.

Jetzt möchte der junge Mann eine Ausbildung beginnen, am liebsten in einer Apotheke oder auch als Elektriker. „Ich habe meine Unterlagen nach Trier geschickt und seit mehr als zehn Wochen warte ich auf Antwort, ob meine Zeugnisse anerkannt werden.“ Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier prüft die Vergleichbarkeit schulischer Abschlüsse. „Das kann schon mal ein paar Wochen dauern“, sagt ein Sprecher.

Obendrein gibt es die Unsicherheit der Aufenthaltsberechtigung. Das Asylverfahren endete lediglich mit der Anerkennung eines sogenannten subsidiären Schutzes. Die für ein Jahr erteilte Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden. «Es war für mich enttäuschend, dass ich nur den subsidiären Schutz erhalten habe», sagt Mohammed. «Wäre ich in meinem Heimatland nicht unterdrückt worden, wäre ich nicht nach Deutschland gekommen.»

Sorgenvoll schaut er auf das Datum seiner „Fiktionsbescheinigung“, ausgestellt jeweils für drei Monate von der Stadt Kaiserslautern, gültig bis 17. Oktober. „Nenne es, wie du willst, Fiktionsbescheinigung oder anders – Hauptsache, ich bin hier!“

dpa