„Powernapping“ gegen Suppenkoma – wer mittags schläft, lernt mehr

Snoozing is losing? Wer am Schreibtisch ein Nickerchen macht, erntet Spott. Doch ausgeschlafene Mitarbeiter bringen mehr Leistung.
WM 2018 schlafen Parkbank
Foto: Marius Becker/dpa
Foto: Marius Becker/dpa

Wenn sich nach dem Mittagessen in deutschen Büros das «Suppenkoma» einstellt, ist vielen Mitarbeitern nach einem kurzen Schläfchen.

«Zeitlich würde das in der Mittagspause gehen, aber der geeignete Ort fehlt einfach», sagt Maria Richter, die als Mediatorin in Oldenburg arbeitet. Schon lange ist bekannt und wissenschaftlich untermauert, dass der «Powernap», neudeutsch für Mittagschlaf, die Leistungsfähigkeit steigert. Nun hat ein amerikanisches Forscherteam herausgefunden, dass auch besser lernt, wer mittags schläft. Die Ergebnisse veröffentlichte das US- Fachjournal «Nature Neuroscience» vorab in seiner Online-Ausgabe (doi:10.1038/nn864).

Die Versuchspersonen nahmen vier Mal am Tag an einem Wahrnehmungstest teil. Sie mussten auf einem Computerbildschirm angezeigte Muster sowie die Buchstaben T und L möglichst schnell unterscheiden. Für jede Sitzung des visuellen Tests ermittelten die Wissenschaftler um Sara Mednick von der Harvard University in Cambridge die Geschwindigkeit, mit der die Teilnehmer die Reize verarbeiteten.

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Die Forscher verordneten einem Teil der Probanden einen kontrollierten Mittagschlaf von 30 oder 60 Minuten zwischen dem zweiten und dritten Testlauf. Im Gegensatz zu ihren wach gebliebenen Kollegen zeigten diese Versuchspersonen danach gleich bleibende oder – die, die lange geschlafen hatten – sogar verbesserte Leistungen. Dies galt aber nur, wenn sie tatsächlich geschlafen und sich nicht lediglich ausgeruht hatten.

Die Wissenschaftler folgerten aus den Ergebnissen, dass der Schlaf wichtig ist, um die durch Übung antrainierten Fähigkeiten im Gehirn zu festigen. «Das passiert sonst nur im nächtlichen Tief- und Traumschlaf», erklärt Jürgen Zulley. Er ist Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums der Universität Regensburg und Verfechter eines Mittagsschlafs von 10 bis 30 Minuten Dauer. «Wer länger schläft, bringt seinen Kreislauf in den Keller oder fällt in den Zustand der Schlaftrunkenheit.»

Laut Zulley ist noch «geheimnisumwittert», welcher Teil des Mittagschlaf der tatsächlich nützliche ist. «Es scheint, dass der Einschlafprozess das wichtigste ist, um positive Wirkungen zu haben.» Wenn sich dies bewahrheite, sei auch egal, wie lang der Mittagschlaf letztlich dauere. Umfragen in Deutschland haben gezeigt, dass die meisten Deutschen ihren «Powernap» zwischen 13 und 14 Uhr legen, soweit das möglich ist. «Das ist Teil des biologischen Rhythmus, da ist einfach der Tiefpunkt erreicht», sagt Zulley. So einen Tiefpunkt gebe es auch im nächtlichen Nachtschlaf – zwischen 3 und 4 Uhr morgens habe der Mensch seine «biologische Geisterstunde».

Trotz des Wissens um die Nützlichkeit des Mittagsschlafs ist er in Deutschland aber nach Angaben des Schlaffachmannes ein Tabuthema. «Wir haben hier eine Stechuhrmentalität – es wird nach Zeit gearbeitet, nicht nach Leistung.» Dabei sei es ratsamer, einen geplanten, kontrollierten Mittagschlaf zu halten, als weniger Leistung zu bringen oder fehlerhaft zu arbeiten.

Maria Richter ruht, wenn das im Arbeitsalltag möglich ist, meist eine halbe Stunde «mit effektiver Schlafzeit 20 Minuten». Aber auch an freien Tagen oder am Wochenende hält sie an einem «Powernap» fest. Die Wahl des Ortes ist dabei nicht nebensächlich: «Ich brauche irgendwas zum Kuscheln, gehe aber keinesfalls ins Bett.» (Internet: Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin: http://www.dgsm.de)

Übrigens: Man muss keinen Wecker stellen oder Sie sich von jemandem wecken lassen. haltet einfach einen Schlüsselbund in einer Hand, sodass die Schlüssel zu Boden fallen können, wenn sich die Hand öffnet. Und das wird sie.

mit dpa-Material