Den Saft welcher Pflanze träufelten sich Frauen früher in die Augen, um mit erweiterten Pupillen einem Schönheitsideal zu entsprechen?

Heute eher die Seltenheit: Den Saft der Pflanze Tollkirsche träufelten sich Frauen früher in die Augen, um mit erweiterten Pupillen einem Schönheitsideal zu entsprechen.
Schnecke auf Tollkirsche
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
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Sollte ein Spieler beim Pokern seinem Gegenüber in die Augen schauen? Wer auf die Pupillenbewegungen achtet, könne auf den inneren Zustand seines Gegenspielers rückschließen, meint der Hamburger Neurowissenschaftler Tobias Donner.

Den Saft der Pflanze Tollkirsche träufelten sich Frauen früher in die Augen, um mit erweiterten Pupillen einem Schönheitsideal zu entsprechen. Heute ist das eher die Seltenheit.

Der Professor am Universitätsklinikum Eppendorf hat zusammen mit zwei Kolleginnen die Veränderung der Pupillen bei Menschen untersucht, die gerade eine Entscheidung getroffen haben. Dafür ließ er seine Versuchsteilnehmer auf einen Bildschirm schauen, über den zwei Wolken von Punkten zogen. Die 27 Männer und Frauen sollten angeben, welche der beiden Wolken-Bewegungen stärker war. Während des Entscheidungsprozesses vermaßen die Wissenschaftler die Pupillen mit einer Videokamera.

Die Pupillengröße sei eng mit der Aktivität autonomer Zentren im Hirnstamm verknüpft, erklärt Donner. Diese Teile des Gehirns seien wichtig, um bei Unsicherheit in einer Entscheidung unser Verhalten unbewusst anzupassen – etwa dass wir beim nächsten Mal genauer auf die Fakten achten. Donner und Kolleginnen konnten die Unsicherheit der Teilnehmer anhand der Größe ihrer Pupillen berechnen. „Dass die Weite der Pupillen den allgemeinen Erregungszustand widerspiegelt, war bekannt“, sagt Donner. „Neu ist, dass das an dieses ganz präzise mathematische Maß von Entscheidungsunsicherheit gekoppelt war.“

Die Pupille sei ein indirektes Maß um zu erfahren, was im Hirnstamm passiere, sagt der Forscher. An der Findung von Entscheidungen seien nicht nur die höheren Bereiche des Gehirns beteiligt, sondern auch evolutionär sehr alte und autonome Hirnstammzentren. Der Neurowissenschaftler hofft, dass seine Erkenntnisse bei der Behandlung von Depressionen und anderen psychiatrischen Krankheiten helfen könnten, bei denen Hirnstammzentren gestört zu sein scheinen.

Über die Pupille steuert das Auge die Stärke des Lichteinfalls auf die Netzhaut. Dass sich die Pupille nicht nur durch Lichtreize verändert, ist schon seit Jahrhunderten bekannt. Der Neurophysiker Wolfgang Einhäuser-Treyer von der Technischen Universität Chemnitz weist darauf hin, dass die Tollkirsche wegen ihrer Pupillen-weitenden Wirkung den lateinischen Namen Atropa belladonna („schöne Frau“) bekommen habe. Frauen mit größeren Pupillen galten als attraktiver, weswegen gern mit dem Atropin der Tollkirsche nachgeholfen worden sei. Seit den 1960er Jahren wisse man, dass sich die Pupille auch bei Entscheidungsprozessen weite. Ein Faktor dabei sei Unsicherheit.

dpa