„Werde ich mir nie verzeihen“: Bitteres Karriereende für Raymond van Barneveld

Er wollte bei seiner letzten Weltmeisterschaft noch einmal angreifen, doch am Ende blieb Raymond van Barneveld nur ein ganz bitterer Abgang.
Darin Young Raymond van Barneveld Darts WM 2020
Foto: Bradley Collyer/PA Wire/dpa
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Er wollte bei seiner letzten Weltmeisterschaft noch einmal angreifen, doch am Ende blieb nur ein ganz bitterer Abgang. Raymond van Barneveld hat seine Karriere mit einer Erstrundenniederlage beendet.

So hätte sich Raymond van Barneveld das Ende nun wirklich nicht vorgestellt. Tief bewegt und ohne große Worte verabschiedet sich der Niederländer von der WM-Bühne. Über drei Jahrzehnte einer glorreichen Laufbahn enden mit einem echten Tiefpunkt.

Wie ein geprügelter Hund stand van Barneveld auf der größten Darts-Bühne der Welt. Was zum letzten Ausrufezeichen einer glorreichen Karriere werden sollte, endete in einem sportlichen Fiasko. „Ich habe in der ersten Runde verloren. Das werde ich mir nach meinem Desaster-Jahr nie verzeihen. Nie im Leben“, sagte Barney mit gequälter Miene nach seinem enttäuschenden 1:3 gegen US-Außenseiter Darin Young. Das allerletzte WM-Match nach über drei Jahrzehnten als Darts-Profi und fünf Weltmeister-Titeln geriet zu einem richtigen Tiefpunkt.

Vor der finalen WM-Show hatte der 52 Jahre alte Niederländer nichts unversucht gelassen. Van Barneveld trainierte mit Rekord-Weltmeister Phil Taylor, er reiste mit Deutschlands Hoffnungsträger Max Hopp zu Jürgen Klopp nach Liverpool und kündigte noch einmal die ganz großen Ziele an. Am späten Samstagabend war davon im Alexandra Palace von London nichts mehr übrig. „Ich habe richtig schlecht gespielt heute Nacht“, sagte der Routinier, während die 3000 Fans zu seinen Ehren noch einmal lauthals die „Barney Army“ brüllten.

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Als sich van Barneveld in den Katakomben wieder ein wenig gefangen hatte, setzte er noch einmal zu massiver Selbstkritik an. „Ich habe mich nie gut gefühlt in diesem Match. In der Vorbereitung hatte ich richtig gute Spiele gespielt“, sagte er. Auf explizite Nachfragen zu seinen Verdiensten und seiner großen Rolle in diesem Sport sagte er: „Stolz? Worauf? Ich kann nicht damit leben in diesem Moment. Wenn du zwei Jahre in Serie in der ersten Runde verlierst, dann bist du ein Amateur. Dann gehörst du nicht mehr in dieses Spiel. Das werde ich mir selbst bis zum Ende meines Lebens sagen.“

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Auf Twitter teilte „Barney“ nach seiner Niederlage mit: „Ich konnte dem Druck nicht standhalten. Vielleicht wollte ich es zu sehr. Meine Fans haben mich inspriert, große Dinge zu tun, aber ich habe sie im Stich gelassen.“

Die Erkenntnis, dass das Karriereende ein bis zwei Jahre zu spät kam, reifte in van Barneveld schon länger. Unmotiviert schleppte er sich oft auf die großen Bühnen, gezeichnet von vielen Niederlagen und privaten Schicksalsschlägen. Immer wieder kündigte er sein Ende an und wieder ab. Diesmal soll es endgültig sein. Landsmann und Primus Michael van Gerwen sagte klar: „Man sollte doch zu einem Höhepunkt aufhören, denke ich. Es sieht so aus, als würde er aufgeben und das ist eine Schwäche.“

Gegner Young ist ein WM-Dauerstarter, er ist schon zum zehnten Mal dabei und hat beim größten Turnier der Welt gerade mal sein zweites Spiel überhaupt gewonnen. „Für mich ist das alles aufregend, aber ich fühle mit Raymond“, sagte der 46-Jährige, der auf der Bühne für seinen Jubel gar Pfiffe erntete. Während er in der zweiten Runde auf Jeffrey de Zwaan (Niederlande) trifft, beginnt für Barney nun das neue Leben mit vielen Reisen und mehr Zeit für die Familie und die Enkel.

In den sozialen Netzwerken teilten Fans wehmütig ihre Erinnerungen an das furiose WM-Finale 2007 zwischen Barney und „The Power“ Taylor. Sportgrößen verabschiedeten den fünfmaligen Darts-Champ höchstpersönlich. „Kopf hoch, sei stolz auf deine Karriere, Darts-Legende“, twitterte Liverpools Verteidiger Virgil van Dijk.

Selbst der englische Ex-Weltmeister Rob Cross, der unmittelbar nach dem Barney-Aus in einer komplett leisen Halle spielte und als Favorit auch noch ausschied (0:3 gegen Kim Huybrechts), stellte nicht sein eigenes Scheitern, sondern die Verdienste des Niederländers in den Mittelpunkt. „Ich möchte mich bei Raymond für alles bedanken, was er für diesen Sport getan hat. Eine unglaubliche Karriere und eine richtige Legende.“

mit Agenturmaterial von dpa