Christian Eriksen: Sportpsychologe befürchtet längere Probleme für Kollegen

Sportpsychologe René Paasch rät den Betroffenen nach dem Herzstillstand von Dänemarks Christian Eriksen dazu, sich therapeutisch helfen zu lassen. Er geht davon aus, dass seinen Teamkollegen der Zwischenfall über einen längeren Zeitraum zu schaffen machen wird.
Dänemark Finnland Christian Eriksen Euro 2020 Europameisterschaft 2021 EM
Foto: Wolfgang Rattay/Pool via AP
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Der Sportpsychologe René Paasch geht davon aus, dass der dramatische Zusammenbruch des Mittelfeldstars Christian Eriksen im EM-Gruppenspiel gegen Finnland den Spielern der dänischen Fußball-Nationalmannschaft noch länger zu schaffen machen wird.

Solch ein plötzlich auftretendes Ereignis bedeute für die Mitspieler „natürlich auch eine Schocksituation, eine Schockstarre, die dazu führen kann, dass man selbst auf einmal Angst aufbaut und Sorge hat“, sagte Paasch in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.

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Posttraumatische Belastungsstörung führt zu Phasen ohne Schlaf und Konzentration

„Wir sprechen dann in solch einem Moment auch wirklich von einer posttraumatischen Belastungsstörung, die sich manifestieren kann, indem man viele traurige Phasen hat, nicht schlafen und sich nicht konzentrieren kann.“

Eriksen hatte am Samstag kurz vor Ende der ersten Halbzeit einen Herzstillstand erlitten und war noch auf dem Platz notärztlich versorgt worden. Im Krankenhaus stabilisierte sich der Zustand des 29-Jährigen von Inter Mailand.

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Paasch sagte, die von diesem Vorfall betroffenen Personen müssten über einen längeren Zeitraum fachkundig begleitet werden. „In solchen plötzlichen Momenten, in Notfallsituationen, ist es ganz wichtig, dass Menschen sich trauen, aufeinander zuzugehen. Das heißt, auch wirklich zuzuhören, sich viel Raum zu geben und in irgendeiner Form mitzuteilen“, sagte der erfahrene Sportpsychologe.

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Therapeutische Unterstützung kann den Beteiligten helfen

Sein Tipp: „Man sollte Protokolle schreiben, wie sich die Spieler verhalten haben über die Tage hinweg. Wie haben sie geschlafen, welche Gesprächsthemen bewegen sie?“ Dafür müsse man jemanden ins Boot holen, „der sich therapeutisch damit gut auskennt“.

Nur ein Therapeut könne in solchen Momenten nachhaltig helfen, sagte Paasch. „Denn wir wissen nicht wirklich, was das langfristig mit dem Einzelnen machen kann. Wir haben unterschiedliche Erfahrungswerte von Schlaflosigkeit, Depressivität und viele andere Faktoren, die dafür sprechen, dass es ein plötzliches Ereignis gab. Und deswegen ist es wichtig, fachkundig das Ganze zu begleiten.“

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Der dänische Fußball-Verband hatte seinen Spielern bereits kurz nach dem Spiel psychologische Hilfe in Aussicht gestellt. „Es ist eine traumatische Erfahrung“, sagte Nationaltrainer Kasper Hjulmand. „Wir werden die nächsten Tage damit verbringen, so gut wie möglich daran zu arbeiten. Und natürlich gibt es professionelle Leute um uns herum.“ Der Verband bot auf seiner Internetseite ganz konkret „den Spielern, Christians Familie und allen anderen in der Herren-Nationalmannschaft Krisenhilfe an“.

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dpa