Manuel Neuer mit Lob überhäuft: „Wettbewerbsverzerrung“

Manuel Neuer demonstriert im Champions-League-Finale seine Ausnahmestellung. Alle rühmen ihn, einer spricht von "Wettbewerbsverzerrung".
Bayern München Manuel Neuer
Foto: Lluis Gene/Pool AFP/dpa
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An ihm kam kein Ball vorbei, auch nicht von Neymar. Manuel Neuer demonstriert im Champions-League-Finale seine Ausnahmestellung im Tor. Alle rühmen ihn, der leidtragende PSG-Coach spricht von „ein bisschen Wettbewerbsverzerrung“.

Auf Krücken gestützt humpelte Thomas Tuchel mit seinem gebrochenen Fuß lange nach der Siegerzeremonie noch einmal auf das Spielfeld, wo es nach einem kurzen Austausch mit Uli Hoeneß zu einem längeren Tête-à-tête mit Manuel Neuer kam. Den Arm um den Nacken des Bayern-Kapitäns gelegt, könnte der ungekrönt gebliebene Trainer von Paris Saint-Germain dem im Champions-League-Finale mit 1:0 (0:0) triumphierenden Kapitän des FC Bayern im vertraulichen Zwiegespräch das gesagt sagen, was er auch den Reportern erzählte.

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„Manuel Neuer ist auf jeden Fall zum falschen Zeitpunkt in absoluter Topform, und das schon seit Wochen“, sagte Tuchel. Für ihn war klar, wer neben Torschütze Kingsley Coman hauptverantwortlich dafür war, dass PSG am Sonntagabend das Estádio da Luz als Verlierer verließ. „Die Qualität von Manuel war heute wieder unglaublich. Er hat das Torwartspiel auf ein neues Niveau gehoben, das steht fest. Er spielt auf seinem allerhöchsten Niveau – leider, für uns.“

Tuchel rang sich sogar noch einen kleinen Scherz ab, der 46-Jährige sprach von „ein bisschen Wettbewerbsverzerrung“. Neuer war in einem großen Finale mal wieder ein grandioser Rückhalt. So wie beim Münchner Königsklassen-Triumph 2013 in Wembley gegen Borussia Dortmund oder im WM-Endspiel 2014 in Brasilien gegen Argentinien.

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„Ich habe ein gutes Spiel gemacht, ein super Spiel“, sagte Neuer selbst. War es sein bestes überhaupt? „Nein, das glaube ich nicht“, meinte der 34-Jährige. „Du brauchst die Torchance. Die hatten wir, die muss man dann halt reinmachen“, stöhnte Tuchel.

Aber gegen Neuer gelang das nicht mal Superstar Neymar. Neuers spektakulärste Rettungstat war gleich die erste gegen den Brasilianer, als er überragend mit dem Bein parierte (18. Minute). Auch Neymars Kollegen Angel di María, Kylian Mbappé und vor allem der frei vor Neuer zum Schuss kommende Marquinhos (70.) verzweifelten an den unglaublichen Reflexen des Münchner Torwarts.

„Wir hatten heute auch etwas Glück – und Manuel Neuer zwischen den Pfosten“, erklärte Thomas Müller. Bayern-Coach Hansi Flick reagierte kein bisschen erstaunt: „Wir haben Manuel, den weltbesten Torhüter.“ Ein Lob kam auch von Vorstand Oliver Kahn, dem einstigen Titan im Bayern-Tor, der 2001 beim ersten Münchner Königsklassen-Triumph gegen den FC Valencia drei Schüsse im Elfmeterschießen parierte. „Das ist das, was ein Torhüter für Bayern München einfach können muss: Er wird nicht permanent beschäftigt, aber genau in den Momenten war er da.“

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Wegen der Corona-Pandemie musste die EM in diesem Sommer auf 2021 verschoben werden. Neuer nutzte kurzerhand das Final-8-Turnier in Portugal zur Demonstration seiner Unantastbarkeit. Im Viertelfinale hatte er beim 8:2 gegen den FC Barcelona schon seinen DFB-Rivalen Marc-André ter Stegen ausgestochen. Der junge, ehrgeizige Alexander Nübel, der ablösefrei aus Schalke kam und Neuer irgendwann ablösen will als Nummer 1 im Bayern-Tor, wird viel Geduld aufbringen müssen.

Neuer ist nach seiner langwierigen Fußverletzung vor der WM 2018 wieder ein Torwart-Gigant. Und nach langwierigen Verhandlungen hat er seinen Vertrag in München noch einmal bis 2023 verlängert. Dann ist er 37. Na und, scherzte Kahn in den Tagen von Lissabon. „Wenn ein Torwart älter wird, wird er nicht schlechter. Manuel Neuer ist jetzt 34 – und Gianluigi Buffon bald 50. Da kann er noch viele Jahre auf hohem Niveau spielen.“

dpa