NS-Hinterlassenschaft Prora: Jetzt wird die Hitler-Anlage ein Ostsee-Erholungsort

Diktator Adolf Hitler wollte einst ein Seebad für etwa 20.000 Menschen am Ostsee-Strand errichten. Daraus wurde nichts.
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Diktator Adolf Hitler wollte einst ein Seebad für etwa 20.000 Menschen am Ostsee-Strand errichten. Daraus wurde nichts. Jetzt gab es grünes Licht für eine Prädikatisierung zum Erholungsort. Mit diesem Status lassen sich Kurtaxe und Fremdenverkehrsabgabe erheben.

Der Binzer Ortsteil Prora auf der Insel Rügen wird voraussichtlich im August zum Erholungsort ernannt. Der Beirat für die Anerkennung von Kur- und Erholungsorten sehe die Anforderungen erfüllt, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums am Montag der DPA.

Vorbehaltlich des ausstehenden Gutachtens zur Luftqualität sowie eines Touristikkonzepts will Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) am 17. August die Ernennungsurkunde an die Gemeinde Binz überreichen.

Die NS-Hinterlassenschaft Prora war nach dem Verkauf des Bundes an Privatinvestoren in den vergangenen Jahren saniert worden. Hunderte Ferien- und Eigentumswohnungen entstanden in dem Areal, das die Nationalsozialisten einst als gigantische Ferienanlage, dem „Seebad der 20.000“, planten und das zu DDR-Zeiten als großer Militärstandort ausgebaut wurde. Nach Angaben der Kurverwaltung entstanden bislang in Prora rund 1400 Gästebetten.

„Wir sind sehr froh darüber, dass Prora zu den prädikatisierten Orten gehören wird“, freute Kurdirektor Kai Gardeja. Die noch fehlenden Gutachten gingen in diesen Tagen an das Ministerium.

Der Status als Seebad werde mittelfristig angestrebt.

Die Gemeinde hatte zunächst den Seebad-Titel angestrebt, sich aber dann entschlossen, zunächst den Status als Erholungsort zu beantragen. Für den Titel Seebad müsse noch stärker in die touristische, Gesundheits- und Versorgungsinfrastruktur investiert werden, sagte Gardeja.

Mit dem Label Erholungsort darf die Gemeinde in Prora Kurtaxe und Fremdenverkehrsabgabe erheben. Bevor aber dort Urlauber und Geschäftstreibende zur Kasse gebeten werden, müssen zunächst eine Satzung erarbeitet und entsprechende Kalkulationsberechnungen angestellt werden. Gardeja schätzt, dass die für Binz und Prora gemeinsam geltende Satzung dann zum 1. Januar 2019 greift.

Bislang wurden drei Rettungstürme am Strand von Prora gebaut und der Ortsteil mit einer Promenade an Binz angeschlossen. Es fehlen aber noch Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte und eine soziale Infrastruktur – Voraussetzung für die Seebad-Zertifizierung. Zudem muss die Promenade weiter ausgebaut werden. Rund 20 Millionen Euro flossen nach Angaben der Kurverwaltung mit dem Ausbau von Prora an öffentlichen Geldern in die Infrastruktur wie Wegebau, Toiletten und Rettungstürme am Strand.

Die Anlage war 1936 von den Nationalsozialisten als 4,5 Kilometer lange Ferienanlage konzipiert und im Rohbau errichtet worden. Mit Kriegsausbruch wurden die Arbeiten eingestellt. Die DDR baute Prora zu einem riesigen Militärkomplex aus. Inzwischen sind die Blöcke 1 bis 4 an Investoren verkauft worden. Dort sind bereits Hunderte Ferien- und Eigentumswohnungen entstanden.

(Mit dpa-Material)