Wie funktioniert eine offene Beziehung ohne Probleme? Mit diesen Regeln geht’s

Ihr liebt euren Partner, aber sehnt euch nach etwas Neuem? Eine offene Beziehung könnte die Lösung sein – wenn Regeln zur Vorbeugung beachtet werden.
Foto: tongcom photographer / Shutterstock.com
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Sie lieben Ihren Partner, aber sehnen sich nach etwas Neuem? Eine offene Beziehung könnte die Lösung für Sie sein. Damit das Beziehungsmodell funktioniert, müssen Sie jedoch ein paar Regeln beachten.

Was ist eine offene Beziehung eigentlich?

In einer offenen Beziehung entscheidet sich das Paar dafür, dass beide Partner sexuelle Beziehungen mit anderen Frauen und Männern eingehen dürfen. Die Beziehung wird nach außen geöffnet. Da diese sexuellen Abenteuer im Einverständnis beider Partner stattfinden, handelt es sich nicht um Fremdgehen.

Soweit die Definition. Wie genau die offene Beziehung gelebt wird, ist von Paar zu Paar unterschiedlich. Einige Partnerschaften oder Ehen beginnen traditionell monogam und werden später aufgrund von unterschiedlichen Bedürfnissen geöffnet. Andere Menschen wissen von Anfang an, dass sie nicht monogam leben möchten und suchen einen Partner, der diese Vorstellungen teilt.

Unterschieden werden sollte die offene Beziehung von polyamoren Beziehungen. Bei einer offenen Beziehung befinden sich zwei Menschen in einer festen Partnerschaft. Sie empfinden nur für Ihren festen Partner Liebe, dürfen jedoch mit anderen Männern oder Frauen Sex haben.

Bei einer polyamoren Beziehung dürfen zwei oder mehr Menschen eine feste, tiefgründige Partnerschaft miteinander eingehen. Neben sexuellen Beziehungen können sie auch emotionale Bindungen mit weiteren Menschen aufbauen und Liebe für mehr als eine Person gleichzeitig empfinden.

Bei der offenen Beziehung geht es also eher um das Ausleben der eigenen Sexualität mit anderen Menschen, während die Liebe zum festen Partner exklusiv bleibt. Im Gegensatz zum Fremdgehen haben die Partner den sexuellen Abenteuern außerhalb der Beziehung zugestimmt und es wird niemand belogen oder hintergangen.

Wie funktioniert eine offene Beziehung?

Wie die offene Beziehung aussieht, ist unterschiedlich. Eines ist bei allen offenen Beziehungen gleich: Die Partner geben sich das Einverständnis, mit anderen Menschen Sex zu haben. Wie die Partner dieses Beziehungsmodell in der Praxis leben und welche Regeln bestehen, wird individuell festgelegt.

Es ist beispielsweise möglich, dass Sex mit anderen erlaubt ist, solange diese Abenteuer den Alltag des Paares nicht einschränken. Übernachtungen bei anderen Männern oder Frauen könnten Tabu sein, ebenso wie länger andauernde Affären oder wiederholte Dates mit den Sexpartnern.

Ebenso kann das Paar festlegen, wie viel oder wie wenig sie über die Sexualpartner wissen möchten. Sollen die außerehelichen Erfahrungen verschwiegen, geteilt oder detailliert erzählt werden? Was, wenn der Mann oder die Frau Gefühle für eine andere Person entwickelt?

Probleme können entstehen, wenn Eifersucht aufkommt oder Liebe für eine andere Person entsteht. Damit die offene Beziehung funktionieren kann, sind Offenheit und Vertrauen wichtig. Dieses alternative Beziehungsmodell ist also viel mehr als nur ein Freifahrtschein für’s Fremdgehen und nicht für alle Menschen geeignet.

Das bedeutet eine offene Beziehung aus psychologischer Sicht?

Viele Menschen können nicht monogam leben, obwohl es die Gesellschaft und die gängigen Moralvorstellungen so vorsehen. Das führt dazu, dass sich Menschen in einer monogamen Beziehung wiederfinden und den Partner wiederholt betrügen. Kommt der Fehler ans Tageslicht, ist die Beziehung am Ende.

Der amerikanische Psychologe und Bestsellerautor Chris Ryan ist davon überzeugt: Monogamie ist eine Erfindung der Gesellschaft. Menschen ähneln den Bonobo Schimpansen. Diese haben Sex aus reiner Freude daran und nicht nur zur Fortpflanzung – genau wie Menschen eben. Sie wechseln die Sexualpartner häufig, egal ob Männlein oder Weiblein.

Und auch der Buchautor Friedemann Karig ist davon überzeugt, dass dieses alternative Beziehungsmodell funktionieren kann. Mit der neu gewonnenen Freiheit ist das für Paare die Chance, ihr eigenes Sexualleben aufblühen zu lassen und mit dem Partner einen viel offeneren, ehrlicheren Dialog zu führen. Das Besitzdenken der monogamen Beziehungen hält er dagegen für ungesund.

Ist die sexuelle Treue nicht möglich, bietet die offene Beziehung eine ehrliche Alternative zum Fremdgehen. Ein einfacher Ausweg für sexuell frustrierte Paare ist das Beziehungsmodell jedoch nicht. Das Thema Eifersucht ist in der offenen Beziehung präsenter als in monogamen Beziehungen. Die Offenheit der Partnerschaft zwingt die Menschen, sich ihren eigenen Ängsten und Unsicherheiten zu stellen.

Welche Regeln sind bei einer offenen Beziehung sinnvoll?

Damit die offene Beziehung funktioniert und Eifersucht nicht zu einem Problem wird, sollten die Partner ein paar Regeln aufstellen. Denn offen bedeutet nicht, dass alles erlaubt ist. Viel mehr müssen sich Menschen in einer offenen Partnerschaft um Ehrlichkeit und Kommunikation bemühen.

Es gibt keine festen Regeln in einer offenen Beziehung. Diese können von einem Paar ganz unterschiedlich ausfallen. Ganz umkompliziert ist dieser Prozess nicht. Sie müssen sich mit Ihren eigenen Gefühlen, Bedürfnissen und Unsicherheiten auseinandersetzen und diese klar kommunizieren können.

Nicht umsonst gibt es komplette Ratgeber mit Tipps für das Gelingen einer offenen Ehe oder einer offenen Beziehung. Der Beziehungscoach und Autor Nils Terborg verrät in seinem Buch „Offene Beziehung: Wie sie funktioniert und was du wissen musst“, wie Sie die offene Beziehung erfolgreich und glücklich leben können.

Über die folgenden Regeln sollten Sie sich in einer offenen Beziehung unterhalten:

  • Safer Sex ist ein Muss: Dies ist eine der wichtigsten Regeln. Sex mit anderen sollte nur mit Kondom stattfinden. Das gilt vor allem für One-Night-Stands, damit Sie weder Ihre, noch die Gesundheit des eigenen Partners gefährden.
  • Kommunikation ist Pflicht: Fühlen Sie sich mit etwas nicht wohl oder verspüren Sie Eifersucht, sprechen Sie mit Ihrem Partner. Eine offene Kommunikation ist das A und O einer funktionierenden Beziehung.
  • Offenheit über sexuelle Begegnungen: Klären Sie im Vorfeld, wie viel Sie und Ihr Partner von den sexuellen Begegnungen des jeweils anderen wissen möchten. Testen Sie, mit wie vielen Details Sie sich wohlfühlen.
  • Rahmenbedingungen festlegen: Gibt es Regeln in Bezug auf die sexuellen Partner? Dürfen diese in die gemeinsame Wohnung gebracht werden oder sind Übernachtungen bei anderen erlaubt? Darf die Affäre auch länger andauern oder muss schon nach dem ersten Date Schluss sein? Überlegen Sie gemeinsam, welche Bedingungen für Sie stimmig sind.
  • Tabus einhalten: Gibt es Personen, mit denen Sex verboten ist? Das kann beispielsweise der beste Freund, gemeinsame Bekannte oder der Ex-Partner sein.
  • Der richtige Umgang mit Problemen: Eifersucht, Verlustangst oder Gefühle für einen anderen Menschen? Die Konfrontation mit negativen Gefühlen ist in der offenen Beziehung nicht ungewöhnlich. Überlegen Sie sich schon jetzt, wie Sie mit diesen Problemen umgehen möchten. Unser Tipp: Wir empfehlen offene und ehrliche Gespräche, ohne den Anspruch, den Partner in seiner Freiheit einzuschränken.

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Welche Vorteile hat eine offene Beziehung?

Viele Menschen können oder wollen nicht treu sein – die offene Beziehung ist da eine gute Alternative. Durch die klare Absprache, dass Sex mit anderen erlaubt ist, muss keiner den Partner hintergehen oder ein schlechtes Gewissen bei einem Seitensprung haben.

Es ist besser, sich und dem Partner einzugestehen, dass das sexuelle Interesse an anderen trotz einer glücklichen Beziehung besteht. Das sagt erst einmal nichts über die Liebe zu Ihrem Partner aus. Hat ein Partner sexuelle Bedürfnisse, die vom anderen nicht erfüllt werden können, kann eine Öffnung der Beziehung die Zufriedenheit steigern oder die Beziehung sogar noch retten.

Von außen betrachtet unterscheidet sich die offene Beziehung kaum von monogamen Beziehungen: Die Partner leben noch immer zusammen, die Liebe gehört nur ihnen beiden. Nur ist jetzt Sex außerhalb der eigenen Beziehung ausdrücklich erlaubt. Das kann die Partnerschaft vor Monotonie schützen, sexuellem Frust vorbeugen und die Partner immer wieder erkennen lassen, was sie aneinander haben.

Hat Untreue in vorherigen Beziehungen zur Trennung geführt, weil Sie einfach nicht treu sein konnten, schließt die offene Beziehung diesen Trennungsgrund erfolgreich aus. Keiner muss etwas verheimlichen oder Lügen erzählen. Und überhaupt: Mehrere Studien haben bereits bestätigt, dass ein Großteil der Menschen sowieso nicht treu sein kann. Je nach Umfrage gehen über die Hälfte der Männer und Frauen fremd oder spielen zumindest mit dem Gedanken.

Statt den Partner also zu betrügen, geben Sie sich lieber die nötige Freiheit. Das zeugt von großer Liebe und Vertrauen. Menschen in offenen Beziehungen möchten Ihren Partner glücklich sehen, ihn nicht einschränken und keine Besitzansprüche stellen. Das kann die Liebe sogar noch festigen: Wir lieben uns und sind dennoch frei.

Voraussetzung für eine funktionierende offene Beziehung ist allerdings, dass alle Beteiligten mit der Öffnung der Partnerschaft einverstanden sind. Stimmt der Mann oder die Frau der offenen Beziehung nur zu, weil er oder sie Angst hat, den geliebten Partner zu verlieren, ist Eifersucht und Enttäuschung vorprogrammiert und die Beziehung zum Scheitern verurteilt.

Welche Nachteile hat eine offene Beziehung?

Wer das Wagnis offene Beziehung eingeht, wird mit seinen eigenen Ängsten und Unsicherheiten konfrontiert. Das ist nicht nur eine Möglichkeit, um zu wachsen. Es bringt viele Paare auch schnell an ihre Grenzen. Eifersucht und Verlustangst führen in vielen offenen Beziehungen zu Problemen.

Wer dem Partner sexuelle Freiheiten gibt, muss mit sich selbst im Reinen sein. Natürlich sind Menschen in offenen Beziehungen nicht automatisch frei von Selbstzweifeln, Eifersucht und Verlustängsten, doch diese sollten nicht auf den Partner übertragen werden.

Stattdessen ist es wichtig, dass negative Gefühle reflektiert werden. Analysieren Sie beispielsweise die Gründe für Ihre Eifersucht. Ist es die Angst vor dem Verlust des Partners an eine andere Person? Der Wunsch den Partner nicht sexuell zu teilen? Oder Neid über die sexuellen Abenteuer des Partners?

Wichtig ist auch, dass die Partner jederzeit offen über ihre Ängste und Zweifel sprechen können, ohne dass das Gespräch in Frust oder Streit endet. Führt die Offenheit der Beziehung dagegen immer wieder zu Problemen, sollte sich das Paar überlegen, ob die Beziehung so weitergeführt werden soll.

Und auch Untreue ist in offenen Beziehungen möglich. Allerdings geht es dabei nicht um sexuelle Untreue, sondern um emotionale Untreue. Verschweigt ein Partner wiederholte Treffen mit einer anderen Person, ist dies ein klarer Vertrauensbruch.

Wie geht man richtig mit Eifersucht in einer offenen Beziehung um?

Der Partner trifft sich mit einem anderen Menschen und das Kopfkino will nicht aufhören. Ist sie hübscher als ich? Kann er meine Frau besser befriedigen? Geht es ihr bei dem anderen Mann vielleicht doch um mehr, als nur Sex?

Menschen in offenen Beziehungen sind durchaus auch mal eifersüchtig. Nur der Umgang mit der Eifersucht ist in funktionierenden offenen Beziehungen anders. Statt den sexuellen Kontakt zu der anderen Person zu verbieten, erfordert die offene Beziehung Selbstreflektion und Offenheit. Der eifersüchtige Partner muss sich mit Ängsten und Unsicherheiten auseinandersetzen, ohne sofort an das Ende der Partnerschaft zu denken.

Und das ist keine leichte Aufgabe. Eine gute Basis ist das Vertrauen in die Beziehung. Die Ängste können offen angesprochen und dabei ausgeräumt werden. Wenn nötig können die Regeln angepasst werden. Dabei sollte Eifersucht jedoch nicht als Vorwand gesehen werden, um die Freiheit in der Beziehung weiter einzuschränken. Viel mehr sollten beide Partner Rücksicht auf die Gefühle der anderen Person nehmen.

Schwierig wird es, wenn aus einem sexuellen Kontakt mehr wird und sich einer der Partner fremdverliebt. In diesem Fall ist eine offene Kommunikation wichtig. Sich in eine andere Person zu verlieben, sollte nicht zwangsläufig das Ende der festen Beziehung bedeuten.

Das Paar kann dann entscheiden, wie mit der Verliebtheit umgegangen werden soll. Für einige Paare kommt nur der schnelle Kontaktabbruch mit der anderen Person in Frage, andere können sich auch eine polyamore Beziehung vorstellen. In dieser Beziehungsform sind weitere emotionale Bindungen außerhalb der festen Partnerschaft erlaubt.

Ist eine offene Beziehung der Anfang vom Ende?

Nach zehn Jahren Alltagstrott schlägt er oder sie plötzlich eine Öffnung der Ehe vor. Ist das das Ende der langjährigen Beziehung? Oder vielleicht sogar eine große Chance? Beides ist möglich. Eine offene Beziehung ist kein Patentrezept, für einige jedoch eine gute Alternative.

Bei der Öffnung einer monogamen Beziehung oder Ehe gibt es keine klaren Regeln. Die Ehe kann schrittweise oder für eine zeitlich beschränkte Testphase geöffnet werden. Die sexuelle Freizügigkeit kann sich auf bestimmte Situationen wie beispielsweise Swingerclubs oder bestimmte Personen wie beispielsweise ein experimentierfreudiges, befreundetes Paar beschränken.

Die Öffnung der Beziehung kann dabei frischen Wind in das Alltagsleben bringen. Die Partner haben sich mehr zu erzählen, führen tiefe Gespräche über Wünsche und Ängste und lernen sich auch nach langer Zeit noch einmal besser kennen. Durch die sexuellen Erfahrungen mit anderen kann auch der Sex mit dem langjährigen Partner plötzlich wieder frisch und spannend sein.

Kriselt es allerdings schon länger in der Partnerschaft, stimmt ein Partner der offenen Beziehung nur zu, um den anderen nicht zu verlieren oder stimmt die Kommunikation schon seit Jahren nicht mehr, ist auch die Öffnung der Beziehung kein Rettungsanker.

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Wie beende ich eine offene Beziehung?

Es ist gut möglich, dass sie anfangs neugierig auf die offene Beziehung waren, der Zauber der Freiheit jedoch schnell verflogen ist. In einer innigen Paarbeziehung sollte es immer möglich sein, die Notbremse zu ziehen. Neben einer Trennung können Sie auch zur Monogamie zurückkehren.

Denn die bestehende Beziehung sollte immer höchste Priorität haben. Fühlen Sie sich in der offenen Beziehung nicht mehr wohl, ist ein klärendes Gespräch angebracht. Ein guter Tipp ist, die Regeln erneut zu besprechen. Diese sind nicht in Stein gemeißelt und können jederzeit angepasst werden. Beide Partner müssen sich mit den Rahmenbedingungen wohlfühlen.

Können Sie sich nach der ersten Testphase nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass Ihr Partner neben Ihnen noch andere Sexualpartner hat, müssen Sie gemeinsam entscheiden, ob Sie zur Monogamie zurückkehren können und wollen. Unterscheiden sich Ihre Vorstellungen zu stark und ist Ihr Partner nicht bereit, die freie Liebe aufzugeben, bleibt am Ende nur die endgültige Trennung.