Ab dem 22. Februar können alle Kinder in Nordrhein-Westfalen wieder in die Kitas und die Tagespflege kommen. Das kündigte NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) am Dienstag in Düsseldorf an. Allerdings bleibt es zunächst bei einem landesweit pauschal um zehn Wochenstunden gekürzten Betreuungsangebot und bei festen Gruppen.
Angesichts sinkender Corona-Neuinfektionszahlen verlässt NRW damit in Kürze den Weg der bisherigen Appelle an die Eltern, ihre Kinder möglichst zu Hause zu betreuen, obwohl die Kitas landesweit geöffnet waren für alle, die das aus beruflichen oder privaten Gründen nicht leisten konnten.
Live: Minister Joachim Stamp zu den Regelungen bei der Kindertagesbetreuung. https://t.co/ndDyqtl1yx
— Staatskanzlei NRW (@landnrw) February 16, 2021
Diese Woche gelte dieser Appell weiter, betonte Stamp. Es werde auch keinen Automatismus für einen Regelbetrieb geben, falls die landesweite Quote der Neuinfektionen noch in dieser Woche unter 50 gerechnet auf 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen sinken sollte. Seine Pläne erläuterte Stamp auch in Schreiben an Eltern und Beschäftigte in der Kindertagespflege.
LOKALE ENTSCHEIDUNGEN: Wenn die Neuinfektionszahlen weiter sinken, dürfen Kita-Leitungen und Träger voraussichtlich ab dem 8. März selbst entscheiden, ob sie die Kinder wieder im vollen Umfang betreuen. Wo das für den Infektionsschutz vor Ort weiter nötig sei, dürften Einrichtungen den Betreuungsumfang dann weiterhin um maximal zehn Wochenstunden kürzen, erläuterte Stamp.
Pauschal gelte diese Kürzung dann aber nicht mehr in NRW. Die Regelung soll zunächst bis Ostern gelten. Bevor diese Stufe in Kraft trete, werde zunächst gemeinsam mit Kita-Trägern, Elternverbänden und Gewerkschaften die Infektionsentwicklung in NRW betrachtet, erklärte Stamp.
REGELBETRIEB: Normalen Regelbetrieb könne es erst wieder geben, wenn ausreichend Corona-Selbsttests für jedermann zur Verfügung stünden, die Beschäftigten geimpft oder die Neuinfektionszahlen ganz niedrig seien, erklärte Stamp.
CORONA-NOTBREMSE: „Sollte es wider Erwarten zu einem sprunghaften Anstieg kommen, werden wir Kitas auch regional oder landesweit komplett schließen“, erklärte Stamp. „In einem solchen Notfall würde es dann tatsächlich auch nur eine ganz eng begrenzte Notbetreuung geben.“ Wenn es sich dabei nur um eine regionale Entwicklung handle, könne darauf auch regional reagiert werden.
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KRANKE KINDER: Eindringlich appellierte der Minister an die Eltern, kranke Kinder nicht in die Kitas zu schicken. „Wenn die Kita-Leitungen sagen, das Kind kann in dem Zustand nicht in die Kita, dann muss es dabei bleiben“, unterstrich er. „Wer einen Erkältungsschnupfen hat, gehört in diesen Tagen nicht in die Kita.“
KINDERBETREUUNGSTAGE: NRW hat ein Landesprogramm aufgelegt, damit auch selbstständig oder freiberuflich tätige Eltern einen Anspruch auf die neuen zusätzlichen Kinderbetreuungstage erhalten. Das Anmeldeportal werde gerade entwickelt, sagte Stamp. Sobald es stehe, werde darüber informiert. Es gehe aber kein Tag verloren, da der Anspruch rückwirkend ab dem 5. Januar geltend gemacht werden könne, versicherte Stamp.
CORONA IN KITAS: Bei Beschäftigten in NRW-Kindertageseinrichtungen wurden seit Anfang des Jahres laut Stamp knapp 590 Corona-Infektionen festgestellt. Im Januar seien es 402 Infektionen gewesen und im Februar bislang 187. Insgesamt gibt es in den Kitas und in der Tagespflege laut Familienministerium rund 168.000 Beschäftigte.
Durch eine falsche Interpretation von Krankenkassenzahlen sei der Eindruck entstanden, das Infektionsrisiko sei in Kitas besonders hoch, schrieb Stamp in einem Elternbrief. Das stimme aber so nicht. In die Zahlen der Krankenkassen seien alle Krankmeldungen etwa wegen Husten, Schnupfen oder Fieber eingeflossen, bei denen sich das Kita-Personal „in vorbildlicher Weise aus Vorsicht“ beim Arzt gemeldet habe.
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SELBSTTESTS: Die Landesregierung hat laut Stamp eine europaweite Ausschreibung für Millionen von Corona-Selbsttests für die Kita-Beschäftigten auf den Weg gebracht. Wenn die Zulassung dann da sei, solle die Bestellung sofort aufgegeben werden. Bis die zertifizierten Selbsttests in ausreichender Menge zu Verfügung stehen, können Kita-Beschäftigte zweimal pro Woche einen kostenlosen Schnelltest machen.
IMPFUNGEN: Nach Worten Stamps wäre es „ein Befreiungsschlag für die gesamte Gesellschaft“, wenn Lehrkräfte und Erzieher früher geimpft werden könnten. Dies sei wichtig für die Stabilität der Entwicklung der Kinder. Kinderärzte warnten vor Schäden bei einem fortdauernden Lockdown. Die Ständige Impfkommission (Stiko) sieht bislang keinen Grund, die Impfreihenfolge zu ändern. Die Politik könnte aber von den Stiko-Empfehlungen abweichen. Nach der aktuellen Impfverordnung sind Erzieher und Lehrkräfte bislang in der dritten Impf-Gruppe. Bund und Länder hatten sich darauf verständigt, eine Höherstufung zu prüfen.
KITA-BEITRÄGE: Vorerst bleibt es bei der Erhebung von Elternbeiträgen für die Kita. Die Landesregierung prüfe aber eine rückwirkende Erstattung, sagte Stamp. Im Vordergrund stehe derzeit aber die Stabilisierung des Betreuungssystems mit Bezahlung der Corona-Tests, Hygienemittel und der Alltagshelfer in den Einrichtungen.
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REAKTIONEN: Der Fachgewerkschaft für Beschäftigte der Kommunen, der Länder sowie der privatisierten Dienstleistungsunternehmen, Komba, kommt der NRW-Öffnungsplan für die Kitas zu schnell. Auch der Verband Bildung und Erziehung betonte, Infektionsschutz müsse im Mittelpunkt stehen. Es dürfe „keine Hürden geben, die Stundenanzahl, wenn nötig, zu reduzieren“.
Die SPD-Opposition im Düsseldorfer Landtag sieht in Stamps Modell keine Vorteile für die Eltern. „Die Rücknahme des Minister-Appells, Kinder nicht in die Kita zu bringen, bedeutet für Eltern in erster Linie: Sie können ab dem Zeitpunkt nicht mehr auf die zusätzlichen Kinderkrankentage zurückgreifen, wenn sie aufgrund der Pandemie ihre Kinder noch nicht wieder in die Kita geben wollen“, stellte der familienpolitische Sprecher Fraktion, Dennis Maelzer, fest. Diese Eltern müssten jetzt wieder auf ihren eigenen Erholungsurlaub zurückgreifen und gleichzeitig Kita-Beiträge zahlen.
dpa