Apotheken in NRW beklagen Lieferengpässe: „Die Lage ist schlimm!“

Kein Insulin, keine Blutdruckmittel, sogar der Hustensaft geht aus: Die Apotheken sehen sich in Hinblick auf die anhaltenden Lieferengpässe mit immer größeren Herausforderungen konfrontiert. Droht der Kollaps?
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pikselstock/Shutterstock.com
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Werden die Medikamente in den Apotheken knapp? Davon kann zum Glück noch nicht die Rede sein, denn ein Lieferengpass gilt zum Glück noch nicht als Versorgungsengpass – meist können Kunden auf alternative Präparate zurückgreifen. Dennoch befinden sich viele Apotheken in einer einmaligen Lage.

Nordrhein-Westfalens Apotheken beklagen anhaltende Lieferengpässe bei einer Reihe von Medikamenten. Darunter sind Fiebersäfte für Kinder, Magensäureblocker, Hustensäfte und Blutdruckmittel. Die Probleme hätten in den vergangenen Monaten zugenommen, sagte der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein, Thomas Preis, in Düsseldorf. „Die Lage ist schlimm.“ Mit Blick auf 2023 sagt er: „Wir erwarten eine Steigerung der Lieferdefizite.“ Ein Sprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) sprach von einer „großen Herausforderung“, die man angesichts der Engpässe habe, und die auf absehbare Zeit bestehen bleiben werde.

Die ABDA begründet die angespannte Lage mit dem „enormen Kostendruck im Gesundheitswesen“. Um Geld zu sparen, setzten Hersteller auf eine Produktion in Asien, sagte ein Sprecher. Falle dort eine Charge aus oder der Schiffstransport verspäte sich, habe das Folgen für das hiesige Angebot.

Der Apothekerverband Westfalen-Lippe teilte mit, dass derzeit auch bei Hustenmitteln mit Codein, Antieleptika, mehreren Antibiotika und starken Schmerzmitteln Lieferengpässe bestehen. Auch das Internet spiele eine Rolle: Eine Sprecherin des Verbandes berichtet, dass das bei Durchfallerkrankungen geeignete Mittel Elotrans in sozialen Medien als angebliches Anti-Kater-Mittel beworben werde. Ergebnis: Auch hier gibt es den Angaben zufolge Engpässe. Das sei „äußerst bedenklich“.

Arzneimittel-Produktion soll zurück in die EU kommen

Was also tun? Der Apothekerverband Westfalen-Lippe fordert: „Um Lieferengpässe in den Griff zu bekommen, muss die Produktion von Wirkstoffen und Arzneimitteln unter hohen Umweltschutz- und Sozialstandards wieder verstärkt in der EU stattfinden.“

Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind derzeit Lieferengpässe bei etwa 300 Arzneimitteln bekannt. Zum Vergleich: In Deutschland sind rund 100 000 Arzneimittel zugelassen. Die Behörde weist aber darauf hin, dass es für viele knappen Medikamente eine Reihe wirkstoffgleicher Nachahmerarzneien gebe. Ein Lieferengpass müsse nicht gleichzeitig ein Versorgungsengpass sein.

dpa