Ärger bei der Post auch in NRW: Jedes fünfte Paket bleibt wegen Warnstreiks liegen

Die Warnstreiks bei der Post dauern an. Verdi will für die Beschäftigten 15 Prozent mehr Lohn rausholen – das Management bei der Post kann da nur mit dem Kopf schütteln. Der Streik trifft zahlreiche Kunden, reihenweise Pakete bleiben liegen.
Paketbote Fahrzeug
Foto: Sina Schuldt/dpa
Paketbote Fahrzeug
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Am Samstag, dem 28. Januar, ist bereits Tag 6 bei den Warnstreiks der Post angebrochen. Bei den Verhandlungen scheinen die hoch gesteckten Ziele kaum erreichbar. Wer aktuell auf ein Paket oder einen Brief wartet, der könnte etwas Geduld brauchen: Weil viele Post-Beschäftigte ihre Arbeit niedergelegt haben, ist am Samstag Firmenangaben zufolge jedes fünfte Paket und jeder elfte Brief liegengeblieben.

Rund 13.500 Beschäftigte hätten an den Warnstreiks in verschiedenen Regionen Deutschlands teilgenommen, sagte ein Post-Sprecher am Samstag in Bonn. Das sei etwas mehr als ein Drittel der Belegschaft in den betroffenen Standorten. Verdi-Angaben zufolge beteiligten sich 18.000 Postler. Die Ausfallquote von 20 Prozent bei Paketen und 9 Prozent bei Briefen bezieht sich auf das tägliche Volumen in ganz Deutschland. Allerdings wurde nicht überall gestreikt. In Regionen, wo es Arbeitsausstände gab, war die Ausfallquote höher als im Bundesschnitt.

Hohe Beteiligung an den Streiks

Gewerkschafter zeigten sich zufrieden mit den Arbeitsniederlegungen. „Es läuft gut“, sagte der für Postdienste zuständige Verdi-Landesfachbereichsleiter in NRW, Thomas Großstück. Andrea Kocsis, stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführerin sagte: „Die hohe Beteiligung an den Streiks macht deutlich, dass unsere Mitglieder voll und ganz hinter ihrer Forderung stehen.“

Der Post-Sprecher sagte, dass die Warnstreik-Beteiligung in den einzelnen Regionen und Standorten unterschiedlich hoch ausfalle, wodurch sie sich auch unterschiedlich auswirke. Verzögerungen bei der Abholung und Auslieferung von Briefen und Paketen könnten dazu führen, dass die Sendungen „erst einige Tage später, das heißt je nach Ende der Streikaktivitäten vor Ort erst in der kommenden Woche ausgeliefert werden können“.

Bestreikt wurde zum Beispiel die Zustellung im Raum Bonn, in Bochum und im Münsterland – dort blieben viele Briefe und Pakete liegen und wurden nicht ausgetragen. Auch Mannheim, Stuttgart und Freiburg waren betroffen.

Tarifbeschäftigte von Inflation betroffen

Die Gewerkschaft fordert 15 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die rund 160.000 Tarifbeschäftigten im Bereich Post & Paket Deutschland. Begründet wird die Forderung unter anderem mit der Inflation. 140.000 Postler bekommen der Gewerkschaft zufolge ein Monatsentgelt, das bei 2108 bis 3090 Euro brutto liegt. Diese Tarifbeschäftigten seien im besonderen Maße von der hohen Inflation betroffen, da sie einen großen Anteil ihres Nettoeinkommens für Nahrungsmittel und Energie aufbringen müssen, argumentiert die Gewerkschaft.

Die letzte Tariferhöhung im Januar 2022 habe nur zwei Prozent betragen, heißt es von der Gewerkschaft mit Verweis auf die aktuell hohe Inflation. Die Tarifforderungen seien „notwendig, gerecht und machbar“, sagt Verdi-Verhandlungsführerin Kocsis.

Das Management hält die Forderung der Gewerkschaft hingegen für überzogen und nicht darstellbar. Die Firmenspitze gibt zu bedenken, dass der Konzern finanziellen Spielraum für Investitionen brauche, um auch langfristig wettbewerbsfähig zu sein und Arbeitsplätze zu sichern. Außerdem verweist die Post darauf, dass der Konzerngewinn „zum übergroßen Teil mittlerweile im internationalen Geschäft erwirtschaftet“ werde.

Post setzt auf weltweite Express- und Frachtgeschäfte

Tatsächlich wurde im vergangenen Jahr nur etwa ein Sechstel des Betriebsgewinns (Ebit) der Deutschen Post DHL mit Briefen und Paketen in Deutschland erzielt, beim Personal liegt dieser Anteil hingegen bei circa einem Drittel. Deutlich profitabler als das Stammgeschäft sind für die Post längst die weltweiten Express- und Frachtgeschäfte.

Gewerkschafter pochen dennoch auf eine kräftige Entgelterhöhung für die Belegschaft im deutschen Stammgeschäft, also der Brief- und Paketbeförderung. Die Arbeitsbelastung der Postler sei hoch, betont Andreas Henze von Verdi Baden-Württemberg. In der Zustellung und in den Verteilzentren gingen Beschäftigte „auf dem Zahnfleisch“. „Sie müssen für die Konzerngewinne immer schneller und schwerer arbeiten“, sagt der Landesfachbereichsleiter Postdienste. „Ihr Knochenjob muss endlich finanziell wertgeschätzt werden.“

Bereits in der vergangenen Woche hatte es Arbeitsniederlegungen bei der Post gegeben, die zweite Warnstreik-Welle begann am Donnerstag. Am 8. Februar sollen die Tarifverhandlungen weitergehen. Dann will die Post ein eigenes Angebot vorlegen. „Trotz der unterschiedlichen Positionen gehen wir davon aus, dass wir in fairen und zügigen Gesprächen in der nächsten Verhandlungsrunde […] vorankommen werden“, sagt der Post-Sprecher.

dpa