Wissenschaftler streiten: Wie giftig ist Kokosöl?

Deutschland beschäftigt sich mit einer wichtigen Frage: "Ist Kokosöl Gift?" Verantwortlich hierfür ist Prof. Dr. Dr. Karin Michels.
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Deutschland beschäftigt sich mit einer wichtigen Frage: „Ist Kokosöl Gift?“ Verantwortlich hierfür ist Prof. Dr. Dr. Karin Michels, Direktorin des Instituts für Prävention und Tumorepidemiologie an der Universitätsklinik in Freiburg.

Die Freiburger Medizinerin warnt vor dem Exot, der die Küche längst erobert hat, und stößt eine Debatte an. Wissenschaftler und Naturschützer stellen sich hinter sie. Und benennen die Nachteile des Öls. Es gibt aber auch heftigen Gegenwind.

Ernährungsexperten empfehlen einen zurückhaltenden Konsum von Kokosöl. Das aus dem Nährgewebe von Kokosnüssen hergestellte Pflanzenfett erfreue sich bei Verbrauchern zunehmender Beliebtheit, sagte die Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), Antje Gahl. Es enthalte jedoch viele gesättigte Fettsäuren. Diese stellten eine Gesundheitsgefahr dar. Sie steigerten unter anderem das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Kokosöl habe zu Unrecht ein positives Image, sagte Gahl der Deutschen Presse-Agentur.

Die Medizinerin Karin Michels hatte kürzlich eine heftige Diskussion um Vor- und Nachteile des Öls angestoßen. In einem Vortrag hatte die Direktorin des Instituts für Prävention und Tumorepidemiologie am Uniklinikum Freiburg das Lebensmittel als „das reine Gift“ bezeichnet und vom Konsum abgeraten. Die auf der Videoplattform YouTube veröffentlichten Äußerungen seien auf große Resonanz und sehr emotionale Kritik gestoßen, sagte ein Sprecher des Klinikums. Ziel von Michels sei gewesen, zu den Themen Ernährung und Gesundheit aufzuklären.

Rund ein Drittel der Michels-Thesen sollen falsch sein

Experten wie der Tübinger Biologe, Sportwissenschaftler Dr. Wolfgang Feil, Leiter der Forschungsgruppe Dr. Feil, sind bestürzt: „Tatsächlich gehört Kokosöl zu den Lebensmitteln, die heute gut untersucht sind. Die Studienlage belegt, dass Kokosöl viele positive Effekte auf den menschlichen Körper hat: Es ist dabei nicht nur gut für Herz und Blutgefäße, sondern lindert auch Zahnfleischentzündungen oder sogar Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Auch bei Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson konnten positive Effekte erzielt werden.“

Laut Feil gibt es leider immer wieder Experten, die relevante Studien nicht kennen und deshalb eine veraltete Faktenlage verbreiten. „Irreführend wird es, wenn diese Experten einen Professoren- oder Doktortitel tragen und trotz vorhandener guter Studien faktenlose Thesen aufstellen. Das verunsichert“, betont Feil. Grund für die Falschaussagen zum Kokosöl sei der immer noch währende Irrglaube, gesättigte Fettsäuren wären per se schlecht. Diese waren nach Korrelationsstudien in den 60er Jahren in Verruf geraten. Damals glaubte man, dass gesättigten Fettsäuren z. B. aus Milch und Fleisch das Herzinfarktrisiko erheblich steigern würden. Diese Korrelationsstudien von Keys wurden später als falsch eingestuft.

Die Aussagen von Michels seien pointiert, sagt indes Gahl. In der Sache seien sie aber korrekt. Mehrere internationale Studien belegten das Gesundheitsrisiko, das von Kokosöl ausgehe. Dennoch profitiere das exotische Fett vom Trend zu internationaler sowie veganer und vegetarischer Küche. Es werde im Handel immer häufiger nachgefragt.

Wer Kokosöl gelegentlich zum Kochen nutze, müsse sich keine Sorgen machen, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Gahl. Häufig verwendet, sei es jedoch schädlich. Dass Kokosöl beim Abnehmen helfe, wie es die Werbung suggeriere, sei schlicht falsch, sagte Gahl.

Besser als Kokosöl sind demnach Pflanzenöle wie zum Beispiel Raps-, Soja, Oliven-, Sonnenblumen- oder Leinöl. Diese enthielten ungesättigte Fettsäuren und seien daher weniger bedenklich. Ungesättigte Fettsäuren seien gut für Herz und Kreislauf des Menschen.

Auch Naturschützer warnen vor Kokosöl

Auch Naturschützer können sich für Kokosöl nicht erwärmen. Wegen langer Lieferwege und oft fragwürdiger Anbaumethoden habe es eine schlechte Öko-Bilanz, sagte Ilka Petersen, Referentin Landnutzung und nachhaltige Biomasse bei der Umweltorganisation WWF Deutschland. Ökologische und soziale Mindeststandards würden kaum eingehalten.

Zudem setze der Handel Kokosbauern zunehmend unter Druck. Diese könnten von ihren Erträgen trotz steigendender Nachfrage kaum leben, der Großteil der Gewinne gehe an die zahlreichen Zwischenhändler der Branche. Die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen für die Bauern müssten dringend verbessert werden. (Mit dpa-Material)