Mit Schwert, Charme und Besen: Moonlighter im Test für PC

Wer schon immer wissen wollte, wie sich ein Verkäufer an einem klassischen Rollenspiel-Warenstand fühlt, der sollte “Moonlighter” unbedingt eine Chance geben.
Foto: 11 bit studios
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“Ich hätte gerne fünf Heiltränke, zwei Manatränke, einmal dieses große funkelnde Schwert des feurigen Todes in der “+5”-Version, die flotten Schlüpper der Geschwindigkeit “+3” und ‘nen größeren Rucksack würd ich auch noch mitnehmen. Ach ja, diese Stoffreste hier können sie mir für nur 5 Goldmünzen pro Stück abkaufen. Ja, alle.”

Wer schon immer mal wissen wollte, wie sich ein Verkäufer an einem klassischen Rollenspiel-Warenstand fühlt, der sollte “Moonlighter” unbedingt eine Chance geben. Das clevere und extrem charmant präsentierte Pixel Abenteuer beleuchtet beide Seiten der Medaille: Nachts seid ihr in finsteren Dungeons unterwegs um neue Waren zu beschaffen, tagsüber vertickt ihr die gefundenen Waren im eigenen Verkaufshäuschen im Dorf um die Ecke an Bewohner und Abenteurer in Spe. “Moonlighter” ist übrigens der Name von eurem Geschäft – womit wir den Spieltitel auch gleich geklärt hätten.

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Hinter dem Spiel steckt die spanische Indie-Schmiede “Digital Sun”: Deren 8 Mitglieder – unter Führung von Javier Gimémez – riefen das Abenteuer über eine Kickstarter-Kampagne ins Leben: Von geforderten 40.000 Dollar standen am Ende 134.276 Dollar zur Verfügung – sicher alles andere, als ein schlechtes Ergebnis, und ein Beweis dafür, dass sich auch kleine Projekte noch immer über Kickstarter finanzieren lassen.

Von einem der auszog das Shoppen zu lernen

Es sind viele Dinge, die mir Moonlighter gleich schmackhaft gemacht haben: Die Pixel-Optik ist wirklich grandios knuffig, die Animationen herrlich, die technische Seite also mit “Herzchen”-Stempel bestanden.

Dasselbe gilt für den Soundtrack, an dem sich David Fenn (Titan Souls) austoben durfte: Sicher keine Stücke für die Ewigkeit, aber eine mehr als passende Untermalung für das Abenteuer. Den Soundtrack hat Fenn übrigens offiziell über Youtube zur Verfügung gestellt:

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Die Steuerung ist sehr direkt und ansprechend, die Kämpfe in den mehrstöckigen und zufällig generierten Dungeons erfordern Timing und Präzision. Per Hechtrolle weicht ihr nicht nur Geschossen und Gegnern aus, sondern schwingt euch auch über kleinere Abgründe und Fallen hinweg.

Tipp: Wenn ein Abgrund mit kleinen Pixelsternchen “funkelt”, solltet ihr den Sturz vielleicht doch mal wagen 😉

Per Knopfdruck wechselt ihr zwischen euren zwei Lieblingswaffen: Der Bogen wirkt dezent mächtig, Schwert und Schild werden schnell zum Standard. Die Möglichkeit sich auch diagonal zu bewegen, während der Held nur in vier Richtungen blickt, kann manchmal verwirren.

Den Überblick über die labyrinthartig aufgebauten Dungeons in vier unterschiedlichen Settings (Ruine, Wald, Wüste, Sci-Fi) behaltet ihr dank einer automatischen Karte. Mit Level-Aufstiegen und Erfahrungspunkten müsst ihr euch nicht herumplagen – das Verbessern des Helden erfolgt beinahe komplett über eure eigene Spielerfahrung, bzw. den erlernten Umgang mit den unterschiedlichen Waffentypen und Gegnern. Immerhin lässt sich der Schwierigkeitsgrad außerhalb der Dungeons jederzeit anpassen – und die Dorfbewohner (Schmied, Verzauberin, etc..) verbessern eure Ausrüstung teils so stark, dass alte Hassgegner schnell klein beigeben.

Tipp: Wer seinem Bett ein Upgrade gönnt, darf sich nachts über einen netten Lebenspunkte-Bonus freuen, der euch garantiert beim nächsten Abenteuer helfen wird!

Der größte Clou der Streifzüge in die Dungeons ist das Inventar: Um die gefundenen Ressourcen, Waffen, Rüstungen und Artefakte möglichst platzsparend im Rucksack zu verstauen, solltet ihr euch vorher Gedanken darüber machen, was ihr mit nach Hause nehmen wollt, und was im Dungeon liegen bleiben kann. Denn, und das ist wichtig: Nicht alle Gegenstände lassen sich nebeneinander ablegen, manche zerstören das angrenzende Objekt sogar – oder verändern es. Die Funktionsweise dieser verfluchten Gegenstände solltet ihr schnell auswendig lernen – so spart ihr euch das ein oder andere “Och nee!”.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt!

Ihr merkt schon: Moonlighter macht es einem leicht, es zu mögen. Leider gibt es dann aber auch ein paar Schattenseiten. Gleich in den ersten Spielstunden begegneten mir einige nervige Bugs, welche das ansonsten recht feingeschliffene Spielerlebnis getrübt haben – bis hin zu fiesen “Game-Breakern”, also Fehlern, welche einen Neustart des Spiels voraussetzen.

Untätigkeit diesbezüglich kann man Digital Sun aber nicht vorwerfen: Seit dem Release des Spiels am 29. Mai 2018 erschienen bis zum 8. Juni, also innerhalb von nur 10 Tagen (!), bereits drei große Updates, welche sich um Fehler und Vorschläge aus der Community kümmern. Gut möglich also, dass bereits ein Großteil der Bugs, denen ich beim Spielen begegnet bin, beim Schreiben dieser Zeilen der Vergangenheit angehören.

Fazit

Als sich das erste Mal ein Dieb in meinen “Moonlighter”-Shop verirrte und versuchte meine Waren zu klauen, habe ich für einige Sekunden so dick gegrinst, dass mich meine Frau verwundert angeschaut hat. Ja, “Moonlighter” hat viele dieser Momente, in denen man sofort sieht, dass da Entwickler mit viel Herz und Köpfchen am Werk gewesen sind.

Und dennoch ist den spanischen Entwicklern letztendlich kein Meisterwerk geglückt: Die Kämpfe gegen die immer selben Monster werden spätestens nach 10 Stunden Spielzeit zur Routine, die Upgrade- und Aktionsmöglichkeiten innerhalb der Dorf-Umgebung erweisen sich als recht oberflächlich. Wer wirklich alles bis zum Maximum herauskitzeln will, darf auf die rund 13 bis 14 Stunden für die Handlung gerne nochmal 6 bis 8 weitere Stunden draufpacken.

Immerhin kündigten Digital Sun erst kürzlich eine “Roadmap” an, welche aufzeigen soll, wie es mit den Plänen für das Spiel weitergehen soll – das ein oder andere Schmankerl haben die Jungs und Mädels sicher noch in Petto.

Das alles reicht locker für eine Kaufempfehlung mit gutem Gewissen: Moonlighter erfindet das “Itemshop-Abenteuer” sicher nicht neu, präsentiert es aber so charmant und mit so einem tollen Team im Hintergrund, dass sich der Kauf auch für alle Genre-Frischlinge mehr als lohnt.

Moonlighter erhält von uns 8 von 10 im Dunkel aufblitzende, grüne Augen, 4 von 5 vollgepackte Rucksäcke und eine 82 prozentige Erfolgsquote, was die Verkäufe im Shop angeht. Schönes Ding!

Moonlighter ist als Download für 19,99 Euro erhältlich für PlayStation 4, Xbox One und PC. Eine Nintendo Switch Version ist angekündigt und soll im Laufe der kommenden Wochen erscheinen.