Ein lustiger Tennisspruch als Dachzeile kommt immer gut an: Mario Tennis Aces im Test für die Nintendo Switch

Mit "Mario Tennis Aces" erscheint bereits das dritte Tennisspiel im Jahr 2018. Ob der bunte Comic-Ausflug auf den Court begeistern kann, erfahrt ihr im Test!
Foto: Nintendo
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Für Tennis-Fans sah 2018 vor kurzem noch nach einem überraschend guten Jahrgang aus: Mit “AO International Tennis”, “Tennis World Tour” und dem hier getesteten “Mario Tennis Aces” erschienen nach langer Zeit gleich drei Videospiele zum Thema. Mittlerweile ist klar: Weder “AO International Tennis” noch “Tennis World Tour” konnten den Erwartungen gerecht werden. Leider ist auch “Mario Tennis Aces” nicht perfekt – und blendet im Gegensatz zur Konkurrenz jede Form von Realismus aus.

Sport, mein alter Feind. Seit Dekaden meide ich meine finstere Nemesis und den dunklen Enthusiasmus, den sie im Land zu verbreiten sucht. Oder um meinen alten Freund Winston Churchill zu zitieren: “No Sports!”

Die Auseinandersetzung mit “Mario Tennis Aces” kommt deswegen weniger aus Eigeninteresse, als Job-bedingt. Wobei ich zugeben muss, dass ich zumindest sportlichen Videospielen mit Bonbon-Optik nicht ganz abgeneigt bin. Einer meiner Höhepunkte war diesbezüglich das altehrwürdige Mario Smash Football (2005, Gamecube), bzw. dessen Nachfolger Mario Strikers: Charged Football für die Wii (2007) – beides wahre Spaßgranaten, vor allem in munterer Mehrspieler Runde auf der Couch daheim.

Mario Tennis Aces schlägt in die gleiche Kerbe: Bunt, knuffig und garantiert so nah am Tennissport, wie mein Verlangen ein Fitnessstudio zu besuchen. Allein das Ausschreiben des Wortes lässt meine Nackenhaare zu Berge stehen. Fitnessstudio. Drei “s”. Oder muss es “s’s”, also “Ess’es” heißen? Urghs. Darauf erstmal ‘ne Eszet Schnitte. Voll retro!

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Verfluchte Tennisschläger

Ohne wirklich etwas auszuwählen, schmeißt mich der neueste Spross im Software-Lager von Nintendo unverhofft mitten ins Stadion hinein: Mario gönnt sich ein Doppel mit Prinzessin Peach, wobei das hier gerade perverser rüberkommt, als beabsichtigt. Jedenfalls wird die “Friede, Freude, Eierkuchen”-Szenerie schnell durch zwei bekannte Serien-Rüpel unterbrochen: Wario und Waluigi stürmen den Court und wollen Mario einen ganz besonderen Tennisschläger andrehen.

Das Problem: Das Teil ist verflucht, zerstört mit seinen Wirbelstürmen die gesamte Anlage, nimmt Wario und Waluigi unter seinen dunklen Einfluss und entführt dann auch noch (nein, tatsächlich mal nicht die Prinzessin!) Luigi.

Ja, die Handlung hinter dem Abenteuer-Modus von Mario Tennis Aces ist ganz schön hanebüchen. Macht aber nichts, denn beim Ziehen von Mario über eine Oberweltkarte, mal wieder ganz klassisch gegliedert in die seit Jahrzehnten bekannten Themenwelten wie “Wald”, “Schnee” und eine “Gruselvilla”, kommt durchaus Spaß auf. Toll: Die Bossgegner fordern euch mit stets neuen, kreativen Einfällen, nerven aber auch gerne mal mit fiesen Methoden und einem stets präsenten Zeitlimit – beim ersten Mal lässt sich kaum ein Boss sofort besiegen.

Weniger spannend kommt der minimale Rollenspiel-Aspekt daher: Nach jedem Match levelt Mario auf und verbessert seine Werte, beispielsweise für Geschwindigkeit und Schlagstärke. Einfluss nehmen könnt ihr darauf leider nicht – die Mechanik dient allen voran dazu die Schwierigkeit anzupassen, wenn ihr mal an einer bestimmten Stelle festhängen solltet. Dann geht es einfach zurück in die vorigen Level um Erfahrungspunkte zu sammeln.

Mit einer Spielzeit von rund 5 bis 6 Stunden unterhält euch das Abenteuer gut, danach geht es im Online-Modus oder freien Matches gegen “richtige” Spieler weiter.

Die Kunst auf einen harmlosen Filzball zu dreschen

Zu Beginn bekommt ihr die wesentliche Spielmechanik anhand einiger charmant präsentierter Aufgaben erklärt: Mal müsst ihr Ziele treffen, mal kleine Rätsel lösen, oder gegen Mario-typische Gegner wie Donkey Kong, Buu Huu und Koopas auf dem Court antreten.

Jeder Schlag, egal ob Slice, Topspin oder normaler Schlag, lässt sich aufladen und dann mit größerer Geschwindigkeit über das Netz servieren – dadurch lädt sich dann eure Energieleiste auf. Hier wird es interessant: Auf dem Spielfeld erscheinen Sternsymbole; habt ihr genug Energie gesammelt und steht auf einem Stern, könnt ihr in eine Ego-Perspektive umschalten und den Ball mit jeder Menge Kraft auf einen bestimmten Punkt lenken.

Noch mächtiger sind die Spezialschläge, die mit einer eigenen Animation eingeleitet werden: Mario springt per Doppelsprung in die Luft, Toad katapultiert sich mit einem knuffigen Rückwärtssalto in die Höhe und Prinzessin Peach ballert den Ball durch ein rosa Herz.

Um diese Schläge abzuwehren, aktiviert ihr am besten eine kurze Zeitlupe, die ebenfalls an euren Energiereserven zehrt, und betätigt den Schlagknopf genau zu dem Zeitpunkt, in dem der gegnerische Ball euren Schläger berührt. Mit viel Timing lassen sich auf diese Weise selbst die Spezialschläge abwehren. Gelingt es euch nicht, nimmt euer Tennisschläger Schaden und zerbricht letztendlich – dann ist der Satz automatisch verloren.

Übrigens könnt ihr Mario Tennis Aces auch im sogenannten “Realmodus” spielen: Dann werden die Joy-Cons selbst zum Tennisschläger und ihr dürft mit „echten“ Schlägen im „echten“ Wohnzimmer selige “Wii”-Zeiten aufleben lassen. Mehr als ein Gimmick ist dieser Modus zumindest für mich als Bewegungs-Verweigerer leider nicht.

Nintendo ist mal wieder Nintendo…

Wenn es darum geht eigenartige Entscheidungen zu treffen, ist Nintendo wirklich unübertroffen. So ärgern sich selbst Sport-Noobs, wie meiner einer, in den (übrigens jederzeit auswählbaren) Disziplinen abseits vom Abenteuermodus über jede Menge seltsame Einschränkungen, die so gar nicht passen wollen.

Warum zum Beispiel dürfen die freien Matches nur über einen Satz mit zwei Spielen ausgetragen werden? Warum kann ich in einem Doppel mit Freunden nicht gegen zwei K.I.-Gegner antreten? Und am nervigsten: Warum zwingt mich das Spiel ab drei bis vier Spielern zwingend zum unübersichtlichen Splitscreen? Urghs! Immerhin darf man hier noch auf zukünftige Patches hoffen – das Echo der Fans dürfte mittlerweile bis ins Nintendo-Hauptquartier ins ferne Japan vorgedrungen sein.

Zum Schluss noch fix ein Wort zur Technik: Zucker! Die Kurse sehen klasse aus, insbesondere der wilde Rasen der Wald-Stage hat es mir angetan – das sieht einfach extrem fluffig aus! Egal ob Animationen oder Soundkulisse – hier wird mal wieder Nintendo-pur geboten. Zum Verlieben!

Fazit

Auch als Nicht-Sportler hatte ich jede Menge Spaß mit Mario Tennis Aces: Der Abenteuermodus hat mich für 6 Stunden gut unterhalten, ohne dabei jedoch höhere Spielspaß-Sphären zu erreichen – man nimmt das Abenteuer gerne mit, geht jedoch nicht wirklich gesättigt vom Platz. Eigentlich müsste danach die Kür im Online-Modus kommen – doch selbst dieser verkommt unter dem aktuell aufgezwungenen Regelwerk eher zum kleinen Snack für zwischendurch. “Arcadig” ist wohl die passende Bezeichnung dafür.

Da es auch in Sachen Inhalt nichts zu mäkeln gibt, gehe ich trotz aller kleinen Fehltritte zufrieden vom Platz und serviere Mario Tennis Aces eine auf 76 Prozent geladene Energieleiste, 4 von 5 Filzball-fressenden Piranha-Pflanzen und 7 von 10 endlosen Ballwechseln mit Buu Huu.

Damit ist Mario Tennis Aces zwar das definitiv spaßigste Tennisspiel des Jahres – wirkliche Fans der gelben Bälle müssen wohl aber weiter auf das wahre Erbe von Virtual Tennis und Top Spin warten.