Doppel-Absturz beim Luftkampf: Eurofighter-Pilot stirbt bei Luftwaffenübung

Tragisches Unglück bei einer Übung der Luftwaffe am Himmel über Mecklenburg-Vorpommern. Zwei Kampfflugzeuge stürzen ab. Ein Pilot stirbt.
Foto: dpa/Thomas Steffan
Foto: dpa/Thomas Steffan
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Zwei Rauchsäulen am Himmel zeugen am Montag vom schwersten Unglück der Luftwaffe in Deutschland seit Jahren. Nach einer Kollision in der Luft bei einer Luftkampfübung stürzen zwei „Eurofighter“ in Mecklenburg-Vorpommern ab. Einer der Piloten wird von Rettern lebend aus einem Baum geborgen. Dem zweiten können Rettungsmannschaften nicht mehr helfen. Bei einer großen Suche wird seine Leiche gefunden.

„Das sind Momente des Entsetzens, des Erstarrens, der Sprachlosigkeit“, sagt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wenige hundert Meter vom Ort des Absturzes mit tödlichen Folgen bei Nossentin entfernt. „Leider hat sich die Hoffnung für einen unserer Piloten nicht erfüllt.“ Am Tag der Trauer sei die Frage nach der Einsatzbereitschaft – möglichen Konsequenzen aus dem Absturz – zweitrangig.

Die Politikerin ist mit dem Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, sowie Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) in das Unglücksgebiet gereist. Zusammen besuchen sie auch die eigentliche Absturzstelle – ohne Journalisten.

Trümmer regneten nach dem Zusammenstoß über das Gebiet bei Plau am See, das bei Touristen beliebt ist und dessen Campingplätze zu Beginn der Sommerferien in den ersten Bundesländern gut besucht sind. Fotos zeigen den Absturz einer Maschine, die als brennender Feuerball zu Boden geht.

Die Polizei warnt via Twitter: „Bitte nicht nähern! Bitte machen Sie den Weg für Rettungskräfte frei und umfahren Sie den Bereich“. Immerhin: „Beide #Eurofighter waren nicht bewaffnet“, schreibt die Luftwaffe über Twitter.

Gut zwei Stunden nach dem Unglück kreisen über dem 650-Seelen-Dorf Nossentiner Hütte mehrere Hubschrauber, Busse mit Hilfskräften von Katastrophenschutz und Bundeswehr fahren vor, Polizisten sperren Zugänge zu den Unfallstellen ab. Auf den Gehwegen bilden sich Grüppchen, die Kunde vom Unglück spricht sich rasend schnell herum.

„Ich habe einen Doppelknall gehört und dann eine große schwarze Wolke gesehen“, sagt die Erzieherin eines Kindergartens etwa 400 Meter von einer der Absturzstellen entfernt. „Alle haben große Angst gehabt.“

https://twitter.com/RagnarWeilandt/status/1143140923582373888?ref_src=twsrc%5Etfw

Die drei Maschinen seien kurz vor 14 Uhr unbewaffnet zu einem Übungsflug gestartet, berichtet Inspekteur Gerhartz. Nach etwa 20 Minuten sei es aus ungeklärter Ursache zu dem Zusammenstoß gekommen. „Das ist für die Luftwaffe ein tiefer Schock“, sagt der oberste Luftwaffenoffizier bei dem Besuch mit der Ministerin. Seit über 15 Jahren werde der „Eurofighter“ geflogen. „Wir haben mittlerweile mehr als 100.000 Flugstunden insgesamt erflogen. Das ist der erste Flugunfall dieser Art.“

Der typischerweise einsitzige Jet ist 15,9 Meter lang und fliegt mit zweifacher Schallgeschwindigkeit. Er kann sowohl für Luft-Luft- als auch für Luft-Boden-Kämpfe bewaffnet werden.

Beim Taktischen Luftwaffengeschwader 73 in Laage bei Rostock sind rund 25 „Eurofighter“ stationiert. Hauptaufgabe des Geschwaders ist die Ausbildung der deutschen „Eurofighter“-Piloten. Nach ihrer fliegerischen Grundausbildung in den USA werden sie in Laage speziell auf den europäischen Kampfjet geschult, dazu gehört auch die erweiterte Waffenausbildung.

Bei Bedarf ist das Geschwader gemeinsam mit zwei anderen Jagdverbänden auch für die Sicherung des deutschen Luftraums zuständig. Für das sogenannte „Air Policing“ steht eine Alarmrotte bereit, die auf Anweisung eines Nato-Gefechtsstandes eingesetzt werden kann. 2018 unterstützen Eurofighter aus Laage die baltischen Staaten bei der Luftraumüberwachung.

Einen Zusammenstoß in der Luft hatte es auch schon im Juni 2014 in Nordrhein-Westfalen gegeben. Damals ging ein „Learjet“ zu Boden, der an einer Routine-Übung der Bundeswehr beteiligt war und in etwa 2500 Metern Höhe mit einem „Eurofighter“ der Luftwaffe kollidierte. Der Kampfjet konnte trotz Schäden zu einem Luftwaffenstützpunkt zurückkehren. Die beiden „Learjet“-Piloten starben. Ermittler machten damals einen Flugfehler und fehlendes Risiko-Bewusstsein als Auslöser des Unglücks aus.

In Nossentiner Hütte steht an diesem Montag Edeltraut Kurth in ihrem Garten und blickt ungläubig in Richtung eines 400 Meter entfernten Feldes, wo kurz zuvor eine der beiden Maschinen niedergegangen war. „Wenn man so etwas einmal erlebt hat, möchte man nicht mehr, dass hier solche Tiefflugübungen noch stattfinden“, sagt die 66-Jährige. (dpa)