Zustand „sehr ernst“: Bürgermeister von Danzig auf offener Bühne niedergestochen

Die Tat erschüttert ganz Polen. Ein Mann stürmt auf die Bühne einer Benefizveranstaltung und sticht den Bürgermeister von Danzig nieder.
Foto: Screenshot Youtube
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Die Tat erschüttert ganz Polen. Ein Mann stürmt auf die Bühne einer Benefizveranstaltung und sticht den Bürgermeister von Danzig nieder. Ärzte beschreiben dessen Zustand als „sehr ernst“.

Eine Messerattacke auf den Bürgermeister von Danzig hat Entsetzen in Polen ausgelöst. Pawel Adamaowicz sei „am Leben“, aber weiter „in einem sehr ernsten Zustand“, sagte der Arzt Tomasz Stefaniak von der Universitätsklinik der Stadt in der Nacht zum Montag vor Reportern. Der Bürgermeister habe Stichwunden an Herz und Unterleib davongetragen und fünf Stunden lang operiert werden müssen. „Die nächsten Stunden werden alles entscheiden“, ergänzte Stefaniak. Die Attacke auf Adamowicz war offenbar ein Racheakt. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen.

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Adamowicz nahm am Sonntag an einer Spendenveranstaltung teil, als ein Mann plötzlich auf die Bühne stürmte und mit einem Messer auf ihn einstach. Der Bürgermeister hielt sich den Bauch und sackte vor dem Publikum zusammen. Präsident Andrzej Duda sagte zuvor, er sei informiert worden, dass Ärzte den Herzschlag des schwer verletzten Adamowicz wieder in Gang gebracht hätten. Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden riefen zu Blutspenden auf.

Der polnische Sender TVN berichtete, der mutmaßliche Angreifer habe kurz nach der Tat gebrüllt, er sei von der vorangegangenen Regierung unter Führung der Bürgerplattform zu Unrecht ins Gefängnis gesteckt worden. Der Partei gehörte Adamowicz früher an. Auf TVN-Bildern war zu sehen, wie der mutmaßliche Täter rief, dass sein Name Stefan laute. „Ich war inhaftiert, aber unschuldig. Die Bürgerplattform folterte mich. Deswegen ist Adamowicz gerade gestorben“, schrie er.

Den Verdächtigen identifizierte die Polizei später als vorbestraften 27-Jährigen. Er habe Banküberfälle verübt. Zugang zum Bühnenbereich habe er sich mit einem Presseausweis verschafft. Ein Polizeisprecher sprach später von mutmaßlichen psychischen Problemen des mutmaßlichen Täters.

Bilder des Senders TVN zeigen, wie Adamowicz kurz vor der Attacke noch mit einer Wunderkerze in der Hand auf der Bühne steht und dem Publikum sagt, dass es ein „wunderbarer Tag“ gewesen sei. Am Sonntag war der Bürgermeister auf den Straßen seiner Stadt unterwegs, um mit Freiwilligen im ganzen Land Geld für die Wohltätigkeitsorganisation Großes Orchester der Weihnachtshilfe zu sammeln. Die Stiftung kauft mit Spenden moderne medizinische Ausrüstung für klamme Krankenhäuser in Polen, was vor allem Kindern zugute kommen soll. Sie hatte auch die Benefizveranstaltung organisiert, auf der es zur Attacke auf Adamowicz kam.

Der Chef des Großen Orchesters der Weihnachtshilfe, Jerzy Owsiak, machte eine hasserfüllte Atmosphäre unter der nationalkonservativen Regierungspartei PiS für die Tat mitverantwortlich.

Der 53-jährige Adamowicz ist seit 1998 Bürgermeister von Danzig. In den 80er Jahren gehörte er der demokratischen Opposition unter Lech Walesa an, die dort ihren Ursprung hatte. Nachdem Adamowicz der Bürgerplattform den Rücken kehrte, wurde er im Herbst als Parteiloser für eine sechste Amtszeit wiedergewählt. Als Bürgermeister gilt er als progressive Stimme, die für die Rechte von homo-, bi- und transsexuellen Menschen und für Toleranz für Minderheiten wirbt. Im vergangenen Jahr marschierte Adamowicz bei der Schwulenparade mit – eine Aktion mit Seltenheitswert für einen Bürgermeister in Polen.

EU-Ratspräsident Donald Tusk, früher polnischer Ministerpräsident und Mitbegründer der Bürgerplattform, schrieb auf Twitter: „Lasst uns alle für Bürgermeister Adamowicz beten. Pawel, wir sind bei Dir.“ Tusk stammt aus Danzig.

Zuletzt kam es in Polen 2010 auf eine Attacke, die einem Politiker galt. In Lodz brüllte ein Mann, er wolle PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski töten und erschoss einen Mitarbeiter der damaligen Oppositionspartei. Ein zweiter Mensch wurde durch Stiche verletzt. Kaczynski machte damals eine „Atmosphäre des Hasses“ unter der Bürgerplattform für die Tat mitverantwortlich.

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(dpa)