Bushidos Album „Sonny Black“ bleibt verboten

Bushidos Album "Sonny Black" ist nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zu Recht als jugendgefährdend eingestuft worden.
Bushido vorm Bundesverwaltungsgericht
Foto: Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa
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Ein Richter des Bundesverwaltungsgerichts spricht von „Nutten“ und „Bitches“. Ihm gegenüber sitzt ein schweigsamer Gangster-Rapper. Es geht um Bushidos umstrittenes Album „Sonny Black“.

Es ist kein gewöhnlicher Tag am Leipziger Bundesverwaltungsgericht. Eine Wachfrau knipst im Flur mit dem Smartphone Rapper Bushido. Der Richter Thomas Heitz spricht in der dreistündigen Verhandlung in Leipzig von „Bitches“, „Nutten“ und Drogenhandel. Er zitiert Texte aus einem umstrittenen Album des Gangster-Rappers – Gegenstand der Verhandlung (Az.: BVerwG 6 C 18.18).

Es geht darum, ob die Bundesprüfstelle Bushidos Album „Sonny Black“ 2015 zu Recht als jugendgefährdend eingestuft hatte. Das Bundesverwaltungsgericht stimmt zu: „Die hemmungslose Gewaltdarstellung zieht sich durch die Titel“, erklärt Heitz. Frauen und Homosexuelle würden durch „vulgäre Sprache“ herabgewürdigt.

Es sei schwierig mit der Rapper-Sprache in einer „komplett anderen Abteilung auf Verständnis zu stoßen“, sagt Bushido nach der Verhandlung. Er sei „abgeschmiert auf ganzer Linie“, allerdings habe er sich auch keine großen Hoffnungen gemacht. Er wolle künftig weniger Gründe für Indizierungen liefern, sagt Bushido. „Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass ich nicht frauen- und schwulenfeindlich bin“, so der Gangster-Rapper.

Seit 2015 darf sein Album „Sonny Black“ nicht an Kinder und Jugendliche verkauft werden. Damals landete es auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Die Behörde befand, die Titel verherrlichten Gewalt und einen kriminellen Lebensstil, diffamierten Frauen und Homosexuelle. Der Berliner Rapper klagte gegen den Listeneintrag, das Verwaltungsgericht Köln wies die Klage ab. Im Berufungsverfahren entschied das Oberverwaltungsgericht Münster für Bushido. Daraufhin reichte die Bundesprüfstelle Revision ein.

Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts beschäftigen sich nun mit den Fragen, ob die an der Platte beteiligten Künstler hätten angehört werden müssen. Auch die wegen Antisemitismus-Vorwürfen in die Schlagzeilen geratenen Rapper Kollegah und Farid Bang waren daran beteiligt. Und dann geht es auch noch darum, ob die Indizierung von Trägermedien, also von gesamten CDs, Filmen und Büchern, überhaupt noch zeitgemäß ist.

„Schon in den 1980er Jahren hat die Indizierung nicht funktioniert, heute, im digitalen Zeitalter, ist das ein Witz“, sagt Marc Urlen vom Deutschen Jugendinstitut im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Statt vorzugeben, was für Kinder und Jugendliche geeignet ist, fordert er mehr Medienkompetenz. „Kinder und Jugendliche müssen von klein auf lernen, mit Angeboten der Medien kritisch umzugehen“, so Urlen. Dazu gehöre auch, zu hinterfragen, welches Anliegen Bushido mit seinem Album verfolgt, welchen Nutzen der Rapper aus einer Skandalisierung zieht. „Wenn die Bundesprüfstelle ein Medium auf den Index setzt, erhält dieses viel mehr Aufmerksamkeit“, sagt Urlen. Durch eine Tabuisierung werde ein Datenträger für die jugendliche Zielgruppe erst recht interessant.

Bushidos Anwalt Mirko Lenz spricht sich in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht für die Indizierung einzelner Titel anstelle ganzer Alben aus. Die Zeit von Kassette und CD sei vorbei, im Internet sei das Verhalten der Hörer ein anderes: „Nicht das Gesamtkunstwerk wird gestreamt, nur der Einzeltitel“, sagt Lenz.

„Tatsächlich ist es so, dass die großen Streamingdienste wie Amazon und Spotify die Indizierung beachten“, entgegnet Frank Hölscher, der die Bundesprüfstelle vor Gericht vertritt. Er räumt aber ein, dass das Internet den Jugendschutz „erheblich erschwert“. „Es ist für Behörden, die da tätig werden wollen, ein Hasen- und Esel-Spiel“, so Hölscher mit Blick auf Plattformen wie Youtube, auf denen für Minderjährige gesperrte Titel frei zugänglich hochgeladen werden. „Das Internet hat Jugendmedienschutz schwieriger gemacht als er früher war, aber hat ihn nicht völlig obsolet gemacht“, so der Anwalt der Bundesprüfstelle.

Liegen kritische Filme oder Songs etwa auf ausländischen Servern, ist der Handlungsspielraum deutscher Behörden begrenzt. Hinzu kommt, dass die gesetzlichen Zuständigkeiten unterschiedliche sind, je nachdem ob ein Medium digital oder „physisch“ ist. So regelt bei Telemedien der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder das Vorgehen nach der Indizierung durch die Bundesprüfstelle. Bei Computerspielen, Büchern, Filmen und CDs gilt das Jugendschutzgesetz. Die Indizierung von Trägermedien wird veröffentlicht, für jugendgefährdend befundene digitale Inhalte werden nicht bekannt gemacht. Indizierte Medien dürfen nicht an Kinder und Jugendliche verbreitet werden, außerdem darf nicht für sie geworben werden.

Entscheider der Bundesprüfstelle bewerten, ob Medien auf eine Liste für jugendgefährdende Medien gesetzt werden. Die Prüfstelle kann nur auf Anregungen von Behörden und Trägern der freien Jugendhilfe aktiv werden. Im Vorjahr schloss die Bundesprüfstelle insgesamt 790 Verfahren ab, in 333 Fällen handelte es sich nach Meinung der entscheidenden Gremien um Pornografie.

dpa