Tod nach Po-OP: Düsseldorfer Arzt vor Gericht

Ein stattlicher Po ist zu einem weltweiten weiblichen Schönheitsideal geworden. Operative Gesäßvergrößerungen haben Hochkonjunktur. Doch nach Todesfällen muss ein Düsseldorfer Arzt nun vor Gericht.
OP Skalpell
Foto: Oliver Berg/dpa
Foto: Oliver Berg/dpa

Viele führen den Trend auf Kim Kardashian zurück: Seit der US-Superstar 2014 auf der Titelseite des Magazins „Paper“ sein auffallend großes Gesäß zeigte, tauchen immer mehr Frauen mit dem Wunsch nach einem größeren Po bei Schönheitschirurgen auf. In Düsseldorf bezahlten zwei Patientinnen diesen Wunsch wohl mit ihrem Leben.

Nun steht ihr Operateur vor dem Düsseldorfer Landgericht: wegen fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge in zwei Fällen und fahrlässiger Körperverletzung in einem dritten Fall, bei dem die Patientin überlebte. An diesem Dienstag beginnt der Prozess.

„Brazilian Butt Lift“ mit hoher Sterberate – trotzdem beliebt

Der Arzt bot seit mehreren Jahren Po-Vergrößerungen („Brazilian Butt Lift“) mittels Eigenfett-Implantation an. Eine populäre Methode, die von vielen plastischen Chirurgen wegen ihres Risikos kritisch gesehen wird. In seinen Social-Media-Kanälen zeigte der angeklagte Mediziner freimütig etliche der blutigen Eingriffe, bei denen er sich filmen ließ.

„Bei einer Mortalitätsrate von 1:3000 ist ein solcher Eingriff eigentlich kaum zu rechtfertigen“, hatte Professor Dennis von Heimburg, Präsident der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen, nach Bekanntwerden der Vorwürfe gesagt. Die Sterberate sei sehr hoch. Hauptgrund sei das Risiko einer Fett-Embolie, wenn Fettgewebe in die Blutbahnen des Muskelgewebes gerate.

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Dennoch: Die Internationale Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie hatte Ende vergangenen Jahres berichtet, dass die Gesäßchirurgie bei allen chirurgischen Eingriffen weltweit das höchste Wachstum aufwies: Die Zahl der Gesäßvergrößerungen nahm 2019 um 38,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu.

Die Anklage stützt sich auf Gutachten, die dem Operateur mehrere Behandlungsfehler vorwerfen. So sei in mehreren Fällen nicht ausreichend über die Risiken der Eingriffe aufgeklärt worden.

Erster Todesfall bereits 2018

Am 2. Juli 2019 soll der Mediziner einer 42-Jährigen Fett abgesaugt und ins Gesäß gespritzt haben. Die Aufklärung sei unzureichend gewesen. Die Operation und die anschließende Behandlung gegen Thrombose hätten stationär erfolgen müssen und nicht ambulant. Außerdem hätte der Eingriff nur mit einem Anästhesisten durchgeführt werden dürfen. Weder das Fettabsaugen noch das Einspritzen sei ordnungsgemäß erfolgt. Eine Nachbeobachtung und Nachsorge habe gefehlt. Die Frau sei an Komplikationen des Eingriffs gestorben. Todesursache sei Blutverlust in Kombination mit einer Fettembolie gewesen.

Der Mediziner hatte ein Verbluten als Todesursache auf dpa-Anfrage damals bestritten: „Verblutet ist sie definitiv nicht. Ihr Kreislauf war stabil nach der OP.“ Er vermute eher einen plötzlichen Herztod als Todesursache, etwa durch eine angeborene Herzschwäche, hatte er gesagt.

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Bereits am 6. August 2018 hatte der Mediziner laut Anklage eine Fettabsaugung von mehr als zwölf Litern Flüssigkeit mit anschließender Eigenfettimplantation in die Brüste und das Gesäß vorgenommen. Bei einer ambulanten Operation seien aber nur maximal fünf Liter erlaubt. Außerdem sei das Narkosemittel unzulässig hoch dosiert gewesen. Die 20-Jährige sei noch am gleichen Tag an den Folgen eines hohen Blutverlustes sowie einer Fettembolie, also eines Eindringens von Fett in die Lungenschlagadern, gestorben.

Am 12. Juni 2018 habe der Mediziner einer Patientin in seiner Praxis in Düsseldorf sechs Liter Flüssigkeit abgesaugt, davon 4,7 Liter Fett, wovon er 2,2 Liter in beide Gesäßhälften gespritzt habe. Dann habe er die Frau ohne die erforderliche Nachsorge entlassen. Bei der Operation habe der Mediziner außerdem ein nicht zugelassenes Medikament verwendet.

Der Angeklagte soll die Vorwürfe weiterhin bestreiten. Die Verteidigung führt mehrere Gegengutachten ins Feld. Bis auf Weiteres darf der Mediziner nicht als Arzt praktizieren. In Untersuchungshaft sitzt der 49-Jährige nicht. Sein Haftbefehl war gegen Auflagen und 100.000 Euro Kaution außer Vollzug gesetzt worden.

Und Kim Kardashian? Deren Po sei auf jüngeren Aufnahmen deutlich kleiner als früher, sind sich Beobachter sicher.

dpa