Viel Umsatz, kein Gewinn: Kölner Kult-Gastronom erklärt Wirtschafts-Wahnsinn

Der Umsatz stimmt, aber der Gewinn geht gegen Null: Das erleben derzeit viele Gastronomen in Köln. So auch Till Riekenbrauk vom Brauhaus Johann Schäfer in der Südstadt. Im Gespräch mit Tonight News erklärt der kölsche Kult-Wirt den gefährlichen Wirtschafts-Wahnsinn.
Till Riekenbrauk in seinem Brauhaus Johann Schäfer in der Südstadt. Foto: Riekenbrauk
Till Riekenbrauk in seinem Brauhaus Johann Schäfer in der Südstadt. Foto: Riekenbrauk

Die Zeit der Corona-Beschränkungen ist passé, die Kölner Gastro-Szene wieder zum Leben erwacht. Wirte können endlich wieder aufatmen, sind Restaurant-Terrassen und Biergärten doch proppenvoll. Sollte man meinen.

Warum der schöne Schein trügt, erklärt der Kölner Brauhaus- und Biergartenbetreiber Till Riekenbrauk im Gespräch mit Tonight News.

„Die Leute gucken auf die Terrasse und denken ‚läuft ja bei denen‘. Das ist aber überhaupt nicht der Fall“, weiß der Inhaber des Brauhauses Johann Schäfer in der Südstadt. Denn obwohl er sehr gute Umsätze mache, bleibe am Ende kaum noch etwas übrig. Wie kann das sein?

Kölner Brauhaus Johann Schäfer: Pommes-Preis hat sich um fast 50 Prozent erhöht

„Wir haben 2022 dreimal die Preise erhöhen müssen, aber der Wareneinsatz ist eben auch gestiegen. Wegen der Inflation ist Öl beispielsweise um 200 Prozent im Preis gestiegen.“ Hintergrund: Raps- und Sonnenblumenöl bezog Deutschland größtenteils aus der Ukraine. Aufgrund des andauernden Krieges muss das Öl nun von anderen, teureren Quellen bezogen werden.

Unter anderem auch deshalb fordert die IG Kölner Gastro, in der Riekenbrauk Vorstandsmitglied ist, in einem Brandbrief die dauerhafte Herabsetzung der Steuer für Speisen und Getränke, die in Gastronomien bestellt werden, auf sieben Prozent. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Mehrwertsteuer für Gastronomen bereits auf sieben Prozent gesenkt. Diese Regelung läuft Ende des Jahres allerdings aus. Ab Januar sind dann wieder 19 Prozent fällig. Riekenbrauk: „Bundeskanzler Scholz hatte die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer für Gastronomen vor seiner Wahl versprochen. Ich hoffe, er hält sich daran.“  Was die IG Kölner Gastro im Brandbrief sonst noch fordert, könnt ihr hier in aller Ausführlichkeit nachlesen.

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Die gefährliche Preisspirale, die nun den Brandbrief der Kölner Gastronomen nach sich zog, führt auch dazu, dass die Pommes, die Gäste in Riekenbrauks Brauhaus Johann Schäfer als Beilage bestellen können, mittlerweile stolze 6,50 Euro kosten. Dabei startete der Wirt bei seiner Restaurant-Eröffnung 2017 mit einem Preis von 4,50 Euro pro Portion – ein Preisanstieg von fast 50 Prozent! Riekenbrauk erklärt: „Die 6,50 Euro jetzt sind schon happig, aber in Anbetracht der Ölpreise immer noch zu wenig. Wenn wir wirtschaftlich arbeiten wollen würden, müssten wir 8 Euro nehmen, aber das bezahlt natürlich niemand.“

Auch das Kölsch ist deutlich teurer geworden. Startete der Gastronom mit einem Preis von 1,50 Euro für 0,2 Liter, verlangt er jetzt 2,20 Euro. Aber: „Obwohl wir dreimal die Preise erhöht haben, wird der Gewinn immer kleiner. Die ganze Branche ist extrem gebeutelt“, klagt der Wirt. Und die Inflation ist nicht der einzige Wirtschafts-Killer für Gastronomen. Riekenbrauk: „Der Mindestlohn schlägt natürlich auch in die Kassen. Früher haben die Angestellten knapp über zehn Euro bekommen. Jetzt bekommen sie mindestens 12,50 Euro. Das führte dann auch dazu, dass diejenigen, die einst 14 Euro pro Stunde bekamen, auch eine Lohnerhöhung um zwei bis drei Euro forderten.“ Außerdem seien die Energiekosten im Brauhaus im Sommer genau so hoch wie im Winter. Der Wirt: „Was wir im Winter verheizen, das verbraten wir im Sommer für Klimaanlagen.“

Brauhaus Johann Schäfer in der Südstadt: 50 Prozent weniger Umsatz als vor der Inflation

Von einer Pleite seien das Brauhaus Johann Schäfer und der Biergarten Johann Schäfer am Rheinauhafen, den Till Riekenbrauk ebenfalls betreibt, aber noch nicht bedroht. Die Südstadt habe „zum Glück eine gute Kaufkraft“ und sei „nicht so preissensibel“. Doch das Vorstandsmitglied der IG Kölner Gastro weiß auch: „Hier in Köln haben wir eine Riesen-Auswahl an Lokalitäten. Anders sieht das auf dem Land aus. Wenn zum Beispiel in Frechen ein Italiener zumacht, ist das dramatisch.“

Der Wirt schlägt Alarm: „Gerade nach der Corona-Zeit, wo viele jetzt dauerhaft im Home Office sind, brauchen die Menschen die Gastronomie ganz dringend als Begegnungsorte – und wenn hier eine Kneipe und ein Restaurant nach dem anderen schließt, ist das gefährlich für das städtische Leben.“

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Ganz unbesorgt sei aber auch der erfolgreiche Südstadt-Gastronom nicht: „Unser Gewinn wird ja auch immer kleiner. Früher konnte man mit einer gut laufenden Gastro Rücklagen bilden. Die sind seit Corona ja auch alle aufgebraucht. Und wo wir früher 100.000 Euro Gewinn gemacht haben, machen wir jetzt nur noch 50.000 Euro. Der Gewinn hat sich auch bei uns mindestens halbiert.“