Wo die wilden Wikinger wohnen: Das steckt hinter dem Steam-Spiel „Valheim“!

Ein kleines Indie-Team werkelt an einem Online-Survival-Spiel und durchbricht damit sämtliche Schallmauern. Wir zeigen, was dahinter steckt.
Valheim
Quelle: Coffee Stain Publishing
Quelle: Coffee Stain Publishing

Es scheint mal wieder eine „dieser“ Geschichten zu sein: Ein winziges 5-Mann-Indie-Entwickler-Team werkelt an einem Online-Survival-Spiel und durchbricht binnen weniger Wochen sämtliche Schallmauern.

Bei mittlerweile weit über 3 Millionen verkauften Exemplaren und rund 500.000 gleichzeitig aktiven Spielern täglich (und damit Platz 3 der Steam-Charts), darf man da zuerst einmal herzlich gratulieren. Und danach gewissenhaft fragen: Wie lange wird der Hype halten? Und was verspricht die Zukunft?

Wer Anfang 2021 noch Wetten auf Online-Survival-Games abschließt, hat entweder zu viel Geld, oder ist schlicht wahnsinnig: Der Markt für dieses Genre ist extrem überfüllt, die Aufmerksamkeitsspanne der User nur noch gering, die Platzhirsche eng voneinander abgezäunt: „ARK“ und „Rust“ vereinen bereits tausende Spieler hinter sich, gleich dahinter reihen sich die Titel wie „The Forest“, „Don’t Starve“, „Subnautica“ und „The Long Dark“ in eine Schlange bis zum Horizont. Noch recht frisch am Markt sind neue Herausforderer wie  „Grounded“, „Sea of Thieves“ und „Raft“.

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Ihr merkt schon: Die Liste der „Online-Survival-Games“ ist endlos lang, die Zutaten zumindest ähnlich. Mal verkloppt man Zombies, mal Dinosaurier, mal wilde Bären. Mal wird man vom Hai gefressen, mal von anderen Mitspielern um die Ecke gebracht. Die Welten sind groß, die Konditionen vor Ort lebensbedrohlich, die Spielelemente sorgsam ums Bauen und Verbessern gestrickt. Man mag meinen: Irgendwann ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Außer man ist Wikinger.

https://www.youtube.com/watch?v=5mHRJ1KFe20

Bin mal kurz mit Trollen im Wald toben!

Auf dem Papier macht “Valheim” erstmal nicht so viel anders, und es sieht zudem erstaunlich unspektakulär aus: Simple bis regelrecht hässliche Texturen und zutiefst unspektakuläre, pixelige Charaktermodelle zeigen ein Spiel, welches technisch aus der Zeit herausgefallen zu sein scheint.

Immerhin: Durch Licht-, Nebel und diverse Wetter-Effekte wird das simple Grafik-Kleid atmosphärisch gewaltig ausstaffiert, erhält Tiefe und Charme. Netter Nebeneffekt des technischen Minimalismus: Wo immer mehr Spiele die 20 bis 100 Gigabyte sprengen, ist Valheim mit einem (!) Gigabyte Installationsgröße auf eurer Festplatte ein wahrer Zwerg – und läuft auch auf älteren Rechnern (im Early-Access-Rahmen) problemlos.

Die virtuelle Welt selbst wird, wie bei Minecraft, zufällig generiert und bietet in der aktuellen Early Access Fassung bereits eine angenehme Bandbreite unterschiedlicher Biome: Segelt über meterhohe, von Stürmen gepeitschte Wellen im Ozean, erforscht offene Graslandschaften und düstere Wälder, klettert auf verschneite Berggipfel und wagt euch in finstere Verliese. Dass die Entwickler ihre Welt nicht nur nach Schema F gestalten, beweisen viele verstreute Hintergrundgeschichten, etwa auf Runen-Tafeln. Tatsächlich bietet „Valheim“ überraschend weit mehr erzählerische Tiefe als viele vergleichbare Titel.

Valheim

In Valheim treffen die Baumhaus-Profis auf „Zuhause im Glück“. Quelle: Coffee Stain Publishing

Klassen gibt es in Valheim keine, die Fertigkeiten eures Wikingers wandeln auf Skyrims „Learning by Doing“-Pfaden: Je öfters ihr etwas macht, desto besser werdet ihr. Immerhin dürft ihr bereits in der Early Access so einiges „machen“: Jede Menge Ressourcen wollen gesammelt, eure eigene, kleine Wikingersiedlung gegründet, fiese Kreaturen wie Trolle und Skelette verprügelt und (aktuell) sieben große Bosse unschädlich gemacht werden – schließlich wollt ihr bei Göttervater Odin gehörig Respekt sammeln. All das funktioniert bereits jetzt sehr gut, wobei vor allem die physikalischen Spielereien begeistern: Wenn ein wütender Troll hinter euch den Wald abholzt, springt die innere Adrenalinpumpe gleich auf Volldampf.

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Valheim ist zwar auf Koop ausgelegt – insgesamt dürfen sich 10 Spieler gleichzeitig austoben – bietet aber bereits jetzt auch die Möglichkeit zum PvP: Wer sich gerne mit anderen Spielern duelliert, kann dies nach eigenem Gusto tun. Oder anders herum: Wer keine Lust auf Kämpfe gegen andere Spieler hat, der bleibt davon komplett verschont. Außer wenn jemand auf die kluge Idee kommt, zwei Trolle in euer Lager zu hetzen. Bei so viel Kreativität müssen dann aber selbst dem PvP abgeneigte Zocker kurz ihren Hut ziehen.

Valheim

Trotz technischem Minimalismus: Valheim hat durchaus seine (gruseligen) Momente. Quelle: Coffee Stain Publishing

Publisher Coffee Stain beweist erneut ein goldenes Händchen

Vertrieben wird Valheim von den Coffee Stain Studios: Der insbesondere für den kultigen „Goat Simulator“ bekannte Spieleentwickler aus Schweden agiert mittlerweile auch als Publisher – und bewies zuletzt immer wieder ein goldenes Händchen. 2020 kümmerten sich die Schweden um den Vertrieb des grandiosen Pixel-Shooters „Huntdown“ (immer wieder gerne verwechselt mit „Hunt: Showdown„), 2019 um die Aufbau-Sim „Satisfactory„, 2018 um das bis heute stark gefeierte Koop-„Zwerge im Weltraum“-Spiel „Deep Rock Galactic“ – für viele Spieler einer der stärksten und lustigsten 4-Spieler-Titel der letzten Jahre.

Dass man nun schon wieder mitten ins Schwarze getroffen hat, überraschte sogar CEO Albert Säfström: „DREI MILLIONEN? Jetzt schon?“ – Für ihn sei dieser Erfolg noch komplettes Neuland für Coffee Stain, gleichzeitig sei man dankbar mit Daniel Kaplan, zuletzt beteiligt am Erfolg von Minecraft, einen fähigen Mann an Bord zu haben – ebenso wie die Entwickler von Iron Gate.

Valheim

Wer sich von der letzten Prügelei mit wilden Trollen erholen will, geht einfach ’ne gemütliche Runde Fischen. Quelle: Coffee Stain Publishing

Um die Zahlen in Kontext zu setzen: Die über drei Millionen verkauften Einheiten (hierzulande kostet Valheim 16,79 Euro) hat das Spiel binnen 16 Tagen seit Start der Steam Early Access angehäuft. Und mit knapp 500.000 Spielern täglich übertrifft man selbst die damaligen Rekordzahlen der Triple-A-Konkurrenz wie Monster Hunter: World und GTA V.

Besonders beeindruckend: Die Steam User Reviews sind immer ein brauchbarer Wegweiser, wie gut ein Spiel innerhalb der Community ankommt. Zum Zeitpunkt dieser Zeilen steht Valheim bei 77.500 “äußerst positiven” Stimmen.

Dass sich die populären Streamer wie Gronkh und Co. schnell auf so ein Spiel stürzen, beschleunigt den Prozess zusätzlich zum bereits überall widerhallenden Internet-Getuschel: Auf Twitch stellte Gronkh das Spiel zusammen mit Kaya Yanar in einem äußerst lustigen und charmanten Stream vor. Auch auf YouTube finden sich immer weitere, populäre Gesichter, die auf den Valheim-Zug nach Valhalla springen.

Valheim

Aus der Monet-Sammlung: Wikinger im Schnee. Quelle: Coffee Stain Publishing

It’s a Long Way to the Top (If You Wanna Rock’N’Roll)

Aufgrund der geplanten Größe des Projekts, gehen die Entwickler von Iron Gate aktuell davon aus, dass die Early Access Phase noch länger als ein Jahr laufen wird. „Wir wollen das Spiel so gut machen, wie wir nur können. Bereits in der Beta haben wir gelernt, dass die Zusammenarbeit mit der Community der beste Weg dafür ist. Valheim ist eine riesige Welt und wir haben noch viel, was wir hinzufügen wollen: Mit der Early Access Version können wir konstant wertvolles Feedback sammeln und mit unseren Spielern an dem arbeiten, was sie noch von uns sehen wollen.“ Die Kommunikation mit Iron Gate läuft dabei primär über ihren eigenen Discord-Server, sowie die Steam-Foren.

Trotz des immensen Erfolgs der ersten Tage, weichen die Entwickler noch nicht allzu weit von ihren Plänen ab: Die Road-Map für die kommenden Wochen steht bereits, einzig die Möglichkeit nun noch mehr Manpower für das Projekt zu engagieren, verleiht den Machern Aufwind. Zur Planung gehören unter anderem neue Biome, weitere Verbesserungen der Kampfmechanik, Mondphasen und ein waschechter Sandbox-Modus.

Valheim Roadmap

Für 2021 haben sich die Entwickler von Valheim viel vorgenommen. Dank des anhaltenden Hypes rund um das Spiel, dürften diese Inhalte nun etwas schneller fertig werden. Quelle: Coffee Stain Publishing

„Wir gingen immer davon aus, dass der Early Access Launch einigermaßen erfolgreich sein würde, also denke ich, dass sich unsere Pläne kaum geändert haben. Außer dass wir uns nun vielleicht ein größeres Büro leisten können.“ sagt Richard Svensson. Er ist derjenige, mit dem Valheim 2018 als Ein-Mann-Projekt begonnen hat. 2019 kam Coffee Stain als Publisher mit an Bord, erst 2020 wuchs Iron Gate auf fünf Leute.

Von der Community hinter „Valheim“ ist Svensson bereits jetzt begeistert: „Es ist einfach fantastisch, wenn die Fans Bilder, Musik und andere, von Valheim inspirierte Kunst abliefern. Ich mag es Leute zu inspirieren.“

Alle Infos zu Valheim auf einen Blick

Link zur Steam-Seite

Kosten: 16,79 Euro / Early-Access-Version
Entwickler: Iron Gate AB
Publisher: Coffee Stain Publishing
Genre: Online-Survival / Abenteuer
Online-Koop für 2 bis 10 Spieler (Dedizierte Server)

Mindestanforderungen:
Setzt 64-Bit-Prozessor und -Betriebssystem voraus
Betriebssystem: Windows 7 or later
Prozessor: 2.6 GHz Dual Core or similar
Arbeitsspeicher: 4 GB RAM
Grafik: GeForce GTX 500 series or similar
DirectX: Version 11
Speicherplatz: 1 GB verfügbarer Speicherplatz

Empfohlen:
Setzt 64-Bit-Prozessor und -Betriebssystem voraus
Betriebssystem: Windows 7 or later
Prozessor: i5 3GHz or better
Arbeitsspeicher: 8 GB RAM
Grafik: GeForce GTX 970 series or similar
DirectX: Version 11
Netzwerk: Breitband-Internetverbindung
Speicherplatz: 1 GB verfügbarer Speicherplatz