„Does whatever a spider can“: Marvel’s Spider-Man im Test für PlayStation 4

Die zuletzt eher lieblos entwickelten Spiele dürft ihr ad acta legen, denn Insomniac Games geht mit Spidey eigene Wege. Und die wissen zu begeistern.
Foto: Sony Interactive Entertainment
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Die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft ist zurück! Nach drei erfolgreichen Auftritten in Hollywood-Filmen, dürft ihr nun endlich mal wieder zum Controller greifen. Die zuletzt eher lieblos entwickelten Spiele dürft ihr in Gedanken ad acta legen, denn Entwickler Insomniac Games geht mit Spidey eigene Wege. Und die wissen beinahe auf Anhieb zu begeistern.

Das beginnt bereits beim Protagonisten Peter Parker, der keinerlei Ähnlichkeit mit dem aktuellen Spidey-Schauspieler Tom Holland hat. Die Geschichte ist eine eigene: Parker forscht mit seinem Förderer und Freund Dr. Otto Octavius an Arm-Prothesen für Kriegsveteranen. Das Forschungsprojekt wird allerdings von Bürgermeister Norman Osborne zerschlagen.

In seiner Identität als Spider-Man hat der Held derweil mit der neuen Gruppierung der „Dämonen“ zu tun. Ihr Anführer kann die Bewohner von New York in einen Wutrausch versetzen. Wie besessen fällt die Bevölkerung übereinander her. Die Story kommt am Anfang eher schleppend voran. Die Entwickler räumen den Charakteren viel Zeit ein und gehen bei der Erzählung in die Tiefe, was sich besonders am emotionalen Ende auszeichnet.

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Seinen Kampf gegen das Böse muss Spider-Man dieses Mal nicht alleine bestreiten. Für kleinere Abschnitte im Spiel schlüpft ihr in die Rollen von Reporterin und Peter Parkers On/Off-Freundin Mary-Jane Watson sowie dem Schüler Miles Morales. Während ihr mit Spider-Man auf Konfrontationskurs seid, schleicht ihr euch als einer dieser Sidekicks an den Gegnern vorbei. Diese kurzen Spielmomente dienen ebenfalls dazu, euch die Charaktere näher zu bringen.

Besonders die Entwicklung von Miles Morales ist interessant: In einer Nebengeschichte der Comics ist es Morales, der nach dem Tod von Peter Parker in das Kostüm von Spider-Man schlüpft.

Keine Langeweile in New York

Spider-Man hat in New York viel zu tun. Die Stadt ist riesig und lädt neben der Haupt-Handlung zu zahlreichen Nebenmissionen ein. In verschiedenen Herausforderungen entschärft ihr beispielsweise in kürzester Zeit Bomben, schlagt Wellen von Gegnern in die Flucht oder jagt Drohnen durch die Luft hinterher.

Aber auch für den Kopf gibt es etwas: Im Forschungslabor warten zwei Formen von Rätseln auf euch, die beide wie eine Art Puzzle funktionieren. Bei einem lenkt ihr einen Stromfluss, beim anderen erforscht ihr DNA-Stränge. Manchmal werdet ihr ein paar Minuten brauchen, aber sonst hält sich der Schwierigkeitsgrad in Grenzen. Es erinnert an Knobelaufgaben, die einem die Lehrer in der Schule am letzten Schultag geben.

Als Belohnung für Nebenquests erhaltet ihr Erfahrungspunkte und, viel wichtiger, verschiedene Marken. Diese benötigt ihr zum Upgraden eurer Ausrüstung oder zum Kauf neuer Anzüge. Bei beidem greift Spider-Man auf ein reichhaltiges Repertoire zurück: Als zusätzliche Ausrüstung bekommt ihr beispielsweise kleine Spiderbots, Elektronetze oder Netzfallen. Diese können durch die Marken jeweils mehrfach verbessert werden.

Zudem können insgesamt 27 (!) Anzüge für die charmante Spinne aus der Nachbarschaft gekauft werden. Beim Outfit-Wechsel schwingt ihr euch dann als Comic-Spider-Man, Ironman-Spider-Man oder Wrestler-Spider-Man durch die Stadt. Herrlich!

Viele Details für Marvel-Fans

Die Anzüge deuten es schon an: Entwickler Insomniac Games hat es sich nicht nehmen lassen ordentlich für Fan-Service zu sorgen. So begegnet ihr bekannten Spider-Man-Schurken wie Tombstone, Vulture, Elektro oder dem Schocker, und findet in der Stadt viele berühmte Gebäude. Sei es der Avengers Tower, das Haus von Doctor Strange oder das Büro von Jessica Jones. Die Anspielungen an das Marvel Cinematic Universum sind enorm!

Clever ist es von den Machern, dass sie die meisten dieser Orte als Denkmäler ins Spiel eingebaut haben, die ebenfalls per Nebenquest zu besuchen sind. Auf den Straßen von New York lauft ihr sonst eher selten herum, die Verlockung zwischen den Gebäuden hin und her zu schwingen ist groß.

Was Bruce Wayne kann, kann Peter Parker schon lange

Wer schon einmal ein Spiel der Batman Arkham-Asylum-Reihe gespielt hat, wird sich im Kampfsystem sofort heimisch fühlen. Per Tastendruck schlagt und spinnt ihr euch durch Horden von Gegner oder weicht Angriffen aus. Das funktioniert zu Beginn noch sehr leicht, der Schwierigkeitsgrad steigt dann aber mit zunehmendem Spielfortschritt. Dabei wird der Titel zu keinem Zeitpunkt unfair, allerdings besonders gegen Ende zu einem fordernden Erlebnis.

Darüber hinaus wirbelt ihr im Kampf Gegenstände durch die Gegend, schleudert Raketengeschosse auf die Gegner zurück, springt von den Wänden zum Angriff oder schaltet Feinde unbemerkt von Oben aus. Die K.I. der Gegner fügt sich ins stimmige Bild ein. Sprich: Die Figuren reagieren realistisch. Hat der Scharfschütze euch gesehen, lässt er euch so schnell nicht mehr aus den Augen.

Das Bonbon von „Marvel’s Spider-Man“ ist jedoch die Grafik. Es braucht sich vor keinem Spiel der modernen Konsolengeneration zu verstecken. Spider-Man sieht optisch hervorragend aus. Die realistisch aussehenden Hochhäuser der Metropole, die Bewohner, das Schurkendesign – all das macht die Stadt lebendig. Der Soundtrack rundet das Erlebnis ab. Das bekannte Hauptthema wechselt sich mit ruhigeren Passagen ab, passend zur Stimmung und Situation im Spiel.

Fazit

Für mich ist Marvels Spider-Man einer der Anwärter auf den Titel „Spiel des Jahres“. Es ist wunderschön, spielt sich gut und hat auch neben der Handlung noch ordentlich etwas zu bieten. Das Kampfsystem wird nach knapp 20 Stunden Spielzeit zwar etwas eintönig, da ist das Spiel dann aber auch vorbei.

Ein weiteres Problem ist die Handlung. Hier hätte ich mir noch etwas mehr Mut zur „Freiheit“ gewünscht. Wer sich im Spider-Man-Universum ein bisschen auskennt, kann viel vorhersehen. Denn so ganz kommt das Spiel um seine Origin-Story dann doch nicht herum.

Eine Szene nach dem Abspann sorgt dann aber doch für Überraschung und macht Freude auf den möglichen Nachfolger. Vielleicht ja sogar als Miles Morales?

Spider-Man bekommt von uns 96 von 100 klebrigen Spinnennetzen, 9 von 10 gelungenen MCU-Anspielungen und 4 von 5 furchtbar nervigen Wortwitzen von Peter Parker obendrauf. Kaufen!