Nach Taifun in Japan: Zahl der Toten steigt weiter an

Einer der heftigsten Taifune seit Jahrzehnten hat in Japan schwere Überschwemmungen ausgelöst und mindestens 33 Menschen in den Tod gerissen.
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Foto: Yohei Kanasashi/Kyodo News/dpa
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Einer der heftigsten Taifune seit Jahrzehnten hat in Japan schwere Überschwemmungen ausgelöst und mindestens 66 Menschen in den Tod gerissen. 15 weitere Menschen galten am Dienstag noch als vermisst.

Der außergewöhnlich starke Wirbelsturm „Hagibis“ war am Wochenende mit rekordstarken Regenfällen und Sturmböen über die Hauptstadt Tokio und andere Gebiete des fernöstlichen Inselreiches hinweggefegt und hinterließ eine Spur der Verwüstung.

Mehr als die Hälfte der Todesopfer werden in den beiden nordöstlichen Provinzen Miyagi und Fukushima beklagt, deren Bewohner schon 2011 Opfer eines schweren Erdbebens und gewaltigen Tsunamis mit Tausenden Toten wurden. Nun müssen erneut Tausende Menschen Zuflucht in Notlagern suchen.

Der Taifun, der sich am Sonntag im Nordosten über dem Meer zu einer Tiefdruckzone abschwächte, hatte zahlreiche Flüsse über die Ufer treten lassen und ganze Wohngebiete und Straßen überschwemmt. „Ich lebe schon lange hier, aber so etwas habe ich noch nie erlebt“, sagte ein 60 Jahre alter Angestellter in Tokio beim Anblick des Tamagawa-Flusses, der über die Ufer trat und Häuser überschwemmte.

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Das Luftbild zeigt ein überflutetes Wohngebiet in Nagano.
Foto: XinHua/dpa

Während am Sonntag in der Hauptstadt und deren Umgebung wieder die Sonne schien, setzten die Einsatzkräfte die Bergungsarbeiten fort. Mit Militärhubschraubern und Schlauchbooten rückten die Einsatzkräfte an, um Menschen aus ihren Häusern zu retten. Dabei kam es zu einem tragischen Unglück, als Rettungskräfte eine 77 Jahre alte Frau in der nordöstlichen Stadt Iwaki in einen Hubschrauber hieven wollten und sie plötzlich 40 Meter in die Tiefe stürzte. Sie kam dabei ums Leben.

In der Bucht von Tokio sank ein Frachtschiff aus Panama, das dort ankerte, als sich der Taifun näherte. Fünf Menschen an Bord kam ums Leben, drei Besatzungsmitglieder galten am Sonntag als vermisst.

Auch in anderen Regionen des Inselreiches kam es zu Überschwemmungen, darunter in der mit am schwersten betroffenen Provinz Nagano, wo der Chikuma-Fluss die Uferdämme durchbrach und Wohngebiete mit schlammigen Wassermassen überflutete. Teils stand das Wasser mehrere Meter hoch. Auf Luftaufnahmen des japanischen Fernsehens waren Bewohner zu sehen, die aus ihren überfluteten Fenstern weiße Tücher schwangen, um auf sich aufmerksam zu machen. Mehr als 110.000 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Küstenwache und Militär seien an den Rettungseinsätzen beteiligt, sagte Regierungschef Shinzo Abe.

166.000 Häuser von der Stromversorgung abgeschnitten

„Ich bitte die Bevölkerung, angesichts von Erdrutschen und angeschwollenen Flüssen wachsam zu bleiben“, sagte Abe am Sonntag. Dutzende Erdrutsche und Schlammlawinen waren in weiten Gebieten Japans abgegangen. 21 Flüsse waren durch die Uferdämme gebrochen. Rund 34.000 Haushalte in der Hightechnation waren am Dienstag weiterhin von der Stromversorgung abgeschnitten. In 138.000 Häusern funktionierten die Wasserleitungen noch nicht, wie Medien berichteten.

In der Tokioter Nachbarprovinz Chiba, wo erst im vergangenen Monat ein Taifun gewütet und große Stromausfälle verursacht hatte, wurden ein Dutzend Häuser von einem plötzlichen Tornado zerstört. „Das sieht hier wie nach Abrissarbeiten aus“, sagte eine ältere Japanerin.

Der Wirbelsturm „Hagibis“ (Philippinisch für „schnell“) war am Samstag nahe Tokio auf Land getroffen. Später zog er Richtung Nordosten weiter in jene Region, wo es 2011 zu einer Erdbeben- und Tsunamikatastrophe mit Tausenden von Toten gekommen war. Auch dort löste der Taifun schwere Überschwemmungen und Erdrutsche aus. Als Folge mussten die Organisatoren der laufenden Rugby-Weltmeisterschaft ein weiteres Spiel absagen. Betroffen war die Begegnung Namibia gegen Kanada, die in Kamaishi stattfinden sollte.

Wegen der Gefahr heftiger Niederschläge, die zu den schlimmsten seit rund 60 Jahren zu werden drohten, hatten die Behörden für Tokio und mehrere andere Regionen erstmals die höchste Warnstufe ausgegeben. Mehr als sechs Millionen Bewohner des Landes war geraten worden, sich vor dem Wirbelsturm – der in Japan schlicht Taifun Nummer 19 genannt wird – in Sicherheit zu bringen.

Unterdessen nahm der Tokioter Flughafen Haneda am Sonntag wieder den Betrieb auf. Auch Bahnen und Hochgeschwindigkeitszüge vom Typ Shinkansen fuhren wieder, nachdem die Betreibergesellschaften den Betrieb am Vortag wegen des Taifuns deutlich eingeschränkt hatten.

Die Behörden hatten gewarnt, dass der Taifun Tokio und andere Gebiete im Osten Japans mit den schlimmsten Regenfällen seit jenem verheerenden Wirbelsturm überziehen könnte, der 1958 mehr als 1200 Menschen in der Region das Leben gekostet hatte. Viele Kaufhäuser und Läden in Tokio und Umgebung hatten am Samstag geschlossen. In manchen Geschäften der Hauptstadt waren Regale wie leer gefegt, da sich viele Bewohner vorsichtshalber mit Wasser und Lebensmitteln eindeckten.

dpa