Schrumpft Putins Rückhalt? Erstmals Kritik am Krieg im russischen TV

In einer russischen Sendung ist erstmals Kritik an Russlands Krieg gegen die Ukraine laut geworden. Schrumpft Putins Rückhalt?
Wladimir Putin
Wladimir Putin in einem Video zum Internationalen Frauentag am 8. März. Foto: Uncredited/Russian Presidential Press Service/dpa
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Wladimir Putin in einem Video zum Internationalen Frauentag am 8. März. Foto: Uncredited/Russian Presidential Press Service/dpa

Wladimir Solowjow ist eine streitbare Person in Russland. Wie der Grimme-Online-Award-Gewinner „dekoder“ schreibt, ist der Journalist so etwas wie der erste Ankläger und gleichzeitig größte Verfechter Russlands. Einerseits prangert er die Korruption in Russland scharf an, andererseits stimmt auch er in den russischen Tenor mit ein, dass in der Ukraine „Antifaschisten gegen Faschisten kämpfen“. Wegen dieser Haltung steht er in der Ukraine bereits seit 2014 auf der Sanktionsliste.

In einer TV-Sendung interviewte Solowjow kürzlich den israelischen Militär-Experten und Kreml-Unterstützer Yacov Kedmi. Dieses Gespräch passte aber so gar nicht in die westliche Berichterstattung von bedingungsloser Propaganda im russischen TV. Denn in dem Gespräch der beiden wurde sehr wohl deutliche Kritik am Krieg und der russischen Art und Weise der Kriegsführung laut.

So sprach Kedmi beispielsweise davon, dass „die Lage an der Front viele Fragen aufwirft“. Inzwischen sei es „unklar, ob die Ziele, die anfangs ausgegeben wurden, verworfen wurden“, heißt es weiter. „In zwei Wochen wurde keine Stadt eingenommen. In keiner Stadt wurde die Regierung geändert. Im Gegenteil: Alles, was passiert, hat die Regierung in den Städten nur gestärkt. Was war das für ein operativer Plan?“

Weiter heißt es von Kedmi: „Ich höre aus der russischen Regierung, dass es genug ist, wenn die Ukraine erklärt, dass sie nicht in die NATO geht. Noch vor einigen Tagen hieß es, dass die Erklärungen dieser ukrainischen Regierung nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben sind. Wenn wir nicht in die Städte gehen wollen … Dann hätte man diese Operation nicht beginnen sollen.“

Bis heute sei keine ernst zu nehmende Stadt eingenommen worden, lamentiert Kedmi weiter. „Wenn es keine ausgearbeitete Taktik, keinen Willen und keine Absicht gab, Städte einzunehmen, dann war es sinnlos, die Operation zu beginnen.“ Der Israeli glaubt sogar, dass man sich im Kreml ordentlich verkalkuliert habe, was ihm wiederum noch mehr Sorgen bereite. „Was kann die russische Führung veranlassen, ihre Pläne nicht zu erfüllen? Der UN-Sicherheitsrat? Nein. Hysterische Demonstrationen in London oder Berlin? Um Gottes Willen. Also was? Eine falsche Kalkulation? Entschuldigung, aber dann wird es ernst.“

Mit Hunderten von Toten auf beiden Seiten und wahrscheinlich noch mehr wäre dies ein absolut nicht lohnenswerter Krieg, sollte es nur darum gehen, dass die Ukraine die Krim als russisch anerkennt, schließt er. Auch Solowjow zeigt sich tief getroffen von der Analyse. „Die Stimmung ist sowieso schon schwer. Dein Pessimismus macht mich endgültig traurig.“

Vor allem die Aussicht auf das, was nach dem Krieg noch kommen könnte, macht dem TV-Moderator wenig Hoffnung. „Wir gelten trotzdem als Ausgeburt der Hölle. Was auch wird, der Westen wird uns lange hassen. Den Krieg nicht zu gewinnen, die angekündigten Ziele nicht zu erreichen, können wir nicht. Sonst führt das zum Tod von Russland.“

Es scheint, als drehe sich auch der Wind in Russland selbst. Die Akzeptanz schwindet offensichtlich. Für den Frieden ein gutes Zeichen!

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