Guide Michelin 2022 vergibt so viele Sterne wie nie zuvor

Am 9. März zeichnete der Guide Michelin wieder die besten Restaurants in Deutschland aus. Wer ist wieder dabei – und wer darf sich erstmals über einen Michelin-Stern freuen? Erstaunlich: Trotz Corona, Lockdown, Sperrstunde und Fachkräftemangel kämpften viele Gastronomen tapfer weiter. Dafür gab es nun einen wahren Sternenregen.
Verleihung der Michelin-Sterne 2022
Zwei-Sterne-Koch Tohru Nakamura (in der Mitte) vom Restaurant "Tohru in der Schreiberei" in München, steht während der Verleihung der Michelin-Sterne 2022 für deutsche Restaurants in der Handelskammer auf der Bühne. Neben ihm: Moderatorin Annie Hoffmann und Gwendal Poullennec, der internationale Direktor des "Guide Michelin". Foto: Marcus Brandt/dpa
Zwei-Sterne-Koch Tohru Nakamura (in der Mitte) vom Restaurant "Tohru in der Schreiberei" in München, steht während der Verleihung der Michelin-Sterne 2022 für deutsche Restaurants in der Handelskammer auf der Bühne. Neben ihm: Moderatorin Annie Hoffmann und Gwendal Poullennec, der internationale Direktor des "Guide Michelin". Foto: Marcus Brandt/dpa

Eine einmalige Zahl, insbesondere in Hinblick auf die weiterhin schwierige Lage: Stolze 327 Sterne-Restaurants sind im neuen „Guide Michelin“ zu finden. Der Gourmetführer für 2022 ist am Mittwoch in Hamburg vorgestellt worden.

Obwohl die Corona-Pandemie vielen Gastronomen zu schaffen gemacht hat, haben die Zwangspausen die Spitzenköche im Land zu Höchstleistungen angespornt. Mit neuen Rezepten und Arrangements erkochten sich Küchenchefinnen und -chefs in Deutschland damit so viele Michelin-Sterne wie nie zuvor, wie der Direktor des „Guide Michelin“ für Deutschland und die Schweiz, Ralf Flinkenflügel, der Deutschen Presse-Agentur, sagte. „Sie haben die Zeit genutzt, um sich zu hinterfragen und haben vieles besser gemacht.“

„Das ist ein Rekordjahr. Das hat uns sehr verwundert.“ Denn das Jahr sei für die Branche gleichzeitig pandemiebedingt auch ein „unheimlich schwieriges Jahr“ gewesen. „Es war schon wirklich sehr erstaunlich, wie gut die Gastronomen das alles gemeistert haben.“ Die Küchenchefinnen und -chefs hätten dabei viel Flexibilität, Mut und Widerstandsfähigkeit an den Tag gelegt.

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Thomas Schanz freut sich über dritten Stern

Besonders begeistert waren die Michelin-Inspektoren bei ihren Besuchen in Rheinland-Pfalz vom „Weltklasse“-Essen des Küchenchefs Thomas Schanz. Das „schanz.restaurant“ im Weinort Piesport hat sich damit einen dritten Stern ergattert und gehört nun zur Spitze der deutschen Gastronomie. Schanz selbst zeigte sich am Mittwoch in Hamburg sehr überrascht von der kulinarischen Ehre. Er habe ja schon zwei Sterne. „Es ist unfassbar, muss ich sagen. Jetzt drei Sterne zu bekommen – das ist ein ganz großer Traum, der hier in Erfüllung geht. Das ist ganz groß“, sagte er nach der Verleihung. Damit gibt es in Deutschland nun neun Drei-Sterne-Restaurants.

Drei-Sterne-Restaurants 2022

Die Karte zeigt die Standorte aller neun Drei-Sterne-Restaurants im Guide Michelin. Grafik: J. Reschke, Redaktion: I. Kugel

Zudem sind fünf Restaurants aus Bayern und jeweils eins aus Baden-Württemberg, Hamburg und dem Saarland dank der Kochkünste ihrer Küchenchefs in die Riege der nun 46 Zwei-Sterne-Restaurants aufgenommen worden.

Gleichzeitig tragen 272 Restaurants jeweils einen Stern – in dieser Kategorie sind 31 Restaurants neu dazugekommen. Elf grüne Sterne gab es zudem für umweltbewusstes und ressourcenschonendes Handeln in der Küche. Die Auszeichnung „Bib Gourmand“ haben 18 Restaurants für gute Küche zu moderaten Preisen neu ergattern können.

>> Ein Blick nach Köln: Diese Restaurants in der Domstadt hat der Guide Michelin 2022 ausgezeichnet! <<

Guide Michelin 2022: Diese Restaurants sind neu dabei

Einige Restaurants und deren Chefköche und Teams dürfen sich 2022 erstmals über einen Stern freuen, andere gewinnen Sterne hinzu.

Drei Sterne gehen an:

  • Piesport – schanz. restaurant. (drei Sterne)

Zwei Sterne gehen an:

  • Grassau – ES:SENZ (zwei Sterne)
  • Hamburg – 100/200 Kitchen (zwei Sterne)
  • München – Atelier (zwei Sterne)
  • München – Tantris (zwei Sterne)
  • München – Tohru in der Schreiberei (zwei Sterne)
  • Nürnberg – etz (zwei Sterne)
  • Saarlouis – LOUIS restaurant (zwei Sterne)
  • Stuttgart – Speisemeisterei (zwei Sterne)

Ein Stern geht an:

  • Augsburg – Alte Liebe (ein Stern)
  • Baden-Baden – Maltes hidden kitchen (ein Stern)
  • Berlin – Bricole (ein Stern)
  • Darmstadt – OX (ein Stern)
  • Deidesheim – Schwarzer Hahn (ein Stern)
  • Dortmund – The Stage (ein Stern)
  • Duggendorf – Hummels Gourmetstube (ein Stern)
  • Duisburg – Mod by Sven Nöthel (ein Stern)
  • Düsseldorf – PHOENIX (ein Stern)
  • Erkelenz – Troyka (ein Stern)
  • Flensburg – Das Grace (ein Stern)
  • Frankfurt am Main – MAIN TOWER Restaurant & Lounge (ein Stern)
  • Frankfurt am Main – Masa Japanese Cuisine (ein Stern)
  • Frasdorf – Michael’s Leitenberg (ein Stern)
  • Halle (Saale) – Speiseberg (ein Stern)
  • Hamburg – Jellyfish (ein Stern)
  • Hamburg – Zeik (ein Stern)
  • Hannover – Handwerk (ein Stern)
  • Hannover – Votum(ein Stern)
  • Karlsruhe – TAWA YAMA FINE (ein Stern)
  • Kerpen – Schloss Loersfeld (ein Stern)
  • Koblenz – Gotthardt‘s (ein Stern)
  • München – Mountain Hub Gourmet (ein Stern)
  • München – Tantris DNA (ein Stern)
  • München – Werneckhof Sigi Schelling (ein Stern)
  • Nürnberg – Veles (ein Stern)
  • Osnabrück – Friedrich (ein Stern)
  • Schluchsee – Mühle (ein Stern)
  • Stuttgart – Ritzi Gourmet (ein Stern)
  • Werder (Havel) – Alte Überfahrt (ein Stern)
  • Wuppertal – Shiraz (ein Stern)

Die gesamte Übersicht über alle deutschen Sterne-Restaurants findet ihr auf guide.michelin.com.

Einschränkungen aufgrund von Fachkräftemangel

Die Corona-Krise hat bei allen wirtschaftlichen und personellen Schwierigkeiten nicht dazu geführt, dass auffällig viele Sterne-Restaurants aufgeben mussten, so Flinkenflügel weiter. „Es schließen jedes Jahr Sterne-Restaurants. Da haben wir keine großen Veränderungen zu einem ’normalen Jahr‘ gesehen.“

Dennoch hat die Corona-Krise gleichzeitig bei einigen Sterne-Restaurants auch zu Einschränkungen aufgrund des Fachkräftemangels geführt. Die Gäste müssen deshalb teilweise mit kürzeren Öffnungszeiten oder einer kleineren Karte rechnen, wie Michelin-Cheftester Flinkenflügel weiter sagte. „Ich finde es gut, wenn die Gastronomen dann sagen: ‚Wir bieten weniger an – aber das dann auf einem gutem Niveau.'“

Die meisten Sterne-Restaurants sind übrigens nach wie vor in den Großstädten und den als kulinarisch bekannten Hochburgen zu finden. Daran habe auch Corona nichts geändert. „Ich sehe da keine Landflucht.“

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Elitäres Verhalten gehört der Vergangenheit an

Vegetarische Gerichte und ungezwungene Atmosphäre – das sogenannte Casual Fine Dining – sind in den guten Restaurants weiterhin als Trends deutlich erkennbar. „Dieses elitäre Gehabe von vor 20, 30 Jahren findet einfach nicht mehr statt.“ Zudem sei es mittlerweile in vielen Sterne-Restaurants „fast schon obligatorisch“, dass gleichzeitig auch ein vegetarisches Menü angeboten werde. Unter den ausgezeichneten Sterne-Küchen sind auch mehrere rein vegetarische Restaurants.

Die Küchenchefinnen sind weiter auf dem Vormarsch – wenn auch langsam. So finden sich unter 327 Spitzenköchen nun 16 Frauen – 2 mehr als im vergangenen Jahr. „Es gibt Jahr für Jahr eine leichte Tendenz nach oben“, sagte Flinkenflügel. Von einer Explosion in diesem Bereich könne aber keine Rede sein. „Das darf gerne mehr werden.“ Hauptgrund für den Unterschied bei den Geschlechtern sei, dass viel weniger Frauen diesen Beruf überhaupt erlernten.

Um Restaurants zu bewerten, gehen die internationalen Michelin-Inspektoren anonym in die Restaurants. Das Ambiente spielt bei der Bewertung übrigens keine Rolle. Der Stern ist den Angaben nach eine reine Küchen-Auszeichnung. Das Essen stehe dabei im Mittelpunkt. Das sollte vom Geschmack her perfekt zusammenpassen. „Harmonie ist ein gutes Schlagwort. Wir achten außerdem auf die Qualität der Produkte, die Originalität, das handwerkliche Geschick sowie die Beständigkeit der Gerichte“, sagte Flinkenflügel. Deshalb besuchen die Tester die Restaurants auch mehrfach. „Um festzustellen, ob das Niveau auch über einen gewissen Zeitraum gehalten wird und über die gesamte Karte hinweg gut ist.“

Die ersten Michelin-Sterne in Deutschland wurden 1966 verliehen. Im internationalen Vergleich muss sich die deutsche Spitzenküche weiterhin auf jeden Fall nicht verstecken, so Flinkenflügel. „Hinter Frankreich nimmt Deutschland schon eine sehr, sehr entscheidende Rolle ein.“

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dpa