Bizarrer Prozess in Berlin: Sqeeezer-Sänger zu Tode gefoltert – lange Haftstrafen

Im Prozess um den Foltertod des früheren Sqeezer-Sängers Jim Reeves sind die Angeklagten hart bestraft worden.
Foto: dpa
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Im Prozess um den Foltertod des früheren Sqeezer-Sängers Jim Reeves sind die beiden Angeklagten nur knapp unter einer lebenslangen Freiheitsstrafe geblieben. Das Landgericht Berlin verurteilte am Dienstag Pawel A. zu 14 Jahren Haft und Adam K. zu 13 Jahren Gefängnis.

Sie wurden des Totschlags in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit besonders schwerem sexuellem Missbrauch eines wehrlosen Menschen schuldig gesprochen.

Beide Männer müssen zudem mehr als 3500 Euro Schmerzensgeld an die Familie des Getöteten zahlen. Für den alkoholkranken A. ordnete die Kammer die Unterbringung in einer Entzugsanstalt an. Mit der seltenen Feststellung eines besonders schweren Totschlags hätte das Gericht auch eine lebenslange Freiheitsstrafe wie bei einem Mord verhängen können, erkannte aber unter anderem die schwere Trunkenheit der Angeklagten strafmildernd an.

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Die polnischen Wanderarbeiter hatten sich Ende Januar 2016 mit dem 47-jährigen Reeves ein Zimmer in einem Hostel im Bezirk Charlottenburg geteilt. Die Zimmergenossen waren am ersten Abend des Kennenlernens noch gemeinsam ausgegangen. Am zweiten Abend begaben sich A. und K. allein und betrunken nach zwei Flaschen Wodka in ihr Zimmer. Dort trafen sie auf Reeves, der kurz darauf qualvoll starb.

Die auf Videoaufzeichnungen des Hostels sichtlich angetrunkenen Männer erklärten im Prozess, der ebenfalls betrunkene Reeves habe sie angemacht. Zeugen bestätigten, dass der frühere Popstar unter Alkoholeinfluss zuweilen offensiv um Sex geworben habe. Richter Peter Faust glaubt, dass A. und K. wegen dieser Avancen Reeves zusammenschlugen und quälten.

„Diese Pfählung des Getöteten mit dem Stuhlbein und das Einführen der Zucchini ist ja etwas, das auf seine sexuelle Orientierung hinweist, indem homosexuelle Praktiken unter Männern nachgeäfft werden in fürchterlicher Art und Weise“, sagte Faust über die homophoben Motive der Verurteilten.

Das Mordmerkmal der Grausamkeit kam unter anderem deshalb nicht zum Tragen, weil Reeves zum Zeitpunkt der mehrfachen Penetrationen schon bewusstlos war. Zudem starb er an den Folgen der zuvor zugefügten Rippenbrüche, nicht an den ebenfalls lebensgefährlichen Darmverletzungen.

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Die Frage nach der Erfüllung von Mordmerkmalen hatte den im September 2017 begonnenen Prozess in die Länge gezogen. Vor allem die mehrere Verwandte von Reeves vertretende Nebenklage versuchte, auf eine Verurteilung wegen Mordes hinzuwirken. Die Anwälte von Reeves‘ Familie kündigten im Anschluss an, zumindest Rechtsmittel gegen das Urteil zu prüfen.

Am letzten der zahlreichen Prozesstage flossen im Saal noch einmal Tränen der Trauer, aber auch der Wut – etwa, als der 31-jährige A. in seinem Schlusswort auf seiner Unschuld bestand und lediglich einräumte, er hätte die Penetrationen verhindern und dem Verletzten Hilfe leisten können.

Zumindest der 24-jährige K. bekannte sich zu seiner Schuld, auch dazu, Reeves mit dem Stuhlbein vergewaltigt zu haben. „Ich bedauere die Tat, die ich begangen habe sehr – ich schäme mich“, sagte er und bat die eigene Familie und die Angehörigen von Reeves um Entschuldigung.

Unbeantwortet blieb im Prozess die Frage, warum die Männer dem schwerstverletzten Reeves ihre Hilfe verweigerten. Sie ließen ihn stattdessen tot mit einer Decke über Kopf im Zimmer 26 zurück.

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