Nur noch wenige Meter trennen die Retter in Andalusien von dem Brunnenschacht, in dem sich der kleine Julen befinden soll. Aber es gibt wieder Verzögerungen – das Gestein des Berges ist einfach zu hart. Derweil beten Hunderte für ein Wunder.
Bei der seit zwölf Tagen andauernden Suche nach dem in einem tiefen Brunnenschacht in Spanien vermuteten Julen läuft der Countdown. Ein achtköpfiges Team von Bergarbeitern war am Freitagmittag noch knapp zweieinhalb Meter von der Stelle entfernt, an der sich der Zweijährige befinden soll.
Die Männer arbeiteten im andalusischen Totalán seit Donnerstagabend in einem rund 80 Meter tiefen Rettungsschacht unter schwierigsten Bedingungen zumeist liegen oder knieend. Sie waren damit beschäftigt, mit Presslufthämmern und Spitzhacken einen insgesamt vier Meter langen waagerechten Tunnel zu graben.
Jedoch erschwerten die Gesteinsbedingungen weiterhin die Arbeiten, sagte Polizeisprecher Jorge Martín vor Journalisten. „Wir haben dieselben Probleme vorgefunden wie an den vergangenen Tagen: Extrem harter Felsen.“ Kurz vor Mittag habe man eine dritte Mikrosprengung durchgeführt, betonte Martín weiter. Ein Hubschrauber sei geschickt worden, um mehr Sprengstoff zu holen.
Eine genaue Zeit, wann der Tunnel fertiggestellt ist und Julen eventuell gefunden werden kann, konnte Martín nicht nennen. Man müsse „im Rhythmus des Berges“ arbeiten. Jedoch hofften die Einsatzkräfte, den Jungen noch im Laufe des Freitags bergen zu können.
Von dem Kind gab es weiterhin kein Lebenszeichen. Man hofft dennoch, dass es noch am Leben sein könnte. Am Donnerstagabend hatten etwa 200 Menschen in Totalán an einer Nachtwache für Julen teilgenommen, um für ihn zu beten und ihre Solidarität mit den verzweifelten Eltern zu zeigen.
Julen soll am 13. Januar bei einem Ausflug mit seiner Familie in den 107 Meter tiefen Schacht gefallen sein. Dieser war offenbar auf der Suche nach Wasser illegal ausgehoben worden. Weil das Loch nur einen Durchmesser von 25 bis 30 Zentimetern hat, hatten die Retter entschieden, einen parallelen Schacht auszuheben, um zu Julen vorzudringen.
Das Kind wird in einer Tiefe von 70 bis 80 Metern vermutet. Die Retter hatten kurz nach dem Verschwinden des Jungen in dem Schacht eine Tüte mit Süßigkeiten gefunden, die Julen dabei hatte, sowie wenig später auch Haare.
Verschiedene Probleme – darunter der unebene, schwer zugängliche Unglücksort am Hügel Cerro de la Corona nahe der Küstenstadt Málaga und die Härte des Bodens – hatten die Arbeiten immer wieder verzögert. Insgesamt wurden im Rahmen der aufwendigen Bergungsaktion bereits mehr als 40 000 Tonnen Erde abgetragen.
Die Bergarbeiter – erfahrene Spezialisten aus der nordspanischen Kohleregion Asturien – arbeiteten jeweils in Zweierteams. Sie wurden mit einer speziellen, an einem Kran befestigten Kapsel in den Schacht herabgelassen und lösten sich alle 30 bis 40 Minuten ab.