„Aloha“ auf dem Unterarm: Polizist zieht für Tattoo vor Gericht

Jeder fünfte Deutsche ist heutzutage tätowiert. Aber was heißt das für die Dienstvorschriften der Polizei?
Foto: Daniel Karmann/dpa
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Jeder fünfte Deutsche ist heute tätowiert. Aber was heißt das für die Dienstvorschriften der Polizei? In München zieht nun ein Beamter vor Gericht, weil er sich tätowieren lassen will. Die Gewerkschaft der Polizei erwartet ein Grundsatz-Urteil.

„Aloha“ ist eigentlich ein gutes Wort. Der hawaiianische Gruß steht für Liebe, Freundlichkeit oder Mitgefühl. Für einen bayerischen Polizisten allerdings ist er zum Stein des Anstoßes für einen jahrelangen Streit mit seinem Arbeitgeber geworden, der am Mittwoch (10 Uhr) den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München beschäftigt. Der Beamte hatte nämlich schon vor fünf Jahren die Erlaubnis beantragt, sich einen „Aloha“-Schriftzug auf den Unterarm tätowieren zu lassen. Doch das Polizeipräsidium Mittelfranken lehnte den Antrag ab.

Die Begründung: Wenn der 1976 geborene Polizeioberkommissar die Sommeruniform mit den kurzen Ärmeln trage, dann wäre „Aloha“ ja für jeden sichtbar.

Grundlage für das Verbot ist der Artikel 75 des Bayerischen Beamtengesetzes. „Soweit es das Amt erfordert, kann die oberste Dienstbehörde nähere Bestimmungen über das Tragen von Dienstkleidung und das während des Dienstes zu wahrende äußere Erscheinungsbild der Beamten und Beamtinnen treffen“, heißt es darin. „Dazu zählen auch Haar- und Barttracht sowie sonstige sichtbare und nicht sofort ablegbare Erscheinungsmerkmale.“

Der Polizist will das Verbot aber nicht hinnehmen; er hält die Regelung des Innenministeriums vom 7. Februar 2005 zum „Erscheinungsbild der Bayerischen Polizei“ für veraltet.

Es ist längst nicht das erste Mal, dass deutsche Gerichte sich mit dieser Frage befassen müssen. Allerdings geht es im aktuellen Fall um eine Art Grundsatzentscheidung in dem Bundesland, in dem die Frage von Tätowierungen bei Polizisten nach Ansicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) bislang am restriktivsten gehandhabt wird.

Erst Ende September entschied das Verwaltungsgericht in Magdeburg, dass ein Polizei-Anwärter in Sachsen-Anhalt, der sich eine vermummte Gestalt und das Logo des 1. FC Magdeburg auf die Wade tätowieren ließ, nicht deshalb abgelehnt werden darf.
Kurz zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht im westfälischen Münster in einem ähnlichen Fall ganz ähnlich entschieden. Ein großer Löwenkopf auf dem Unterarm war für die Richter kein Grund, einen Bewerber vom Polizeidienst auszuschließen.

Allerdings hängt es auch immer von der jeweiligen Tätowierung ab, wie ein solcher Streit ausgeht. Im April entschied das Arbeitsgericht in Berlin gegen einen tätowierten Polizisten. Er war als Bewerber für den Objektschutz abgelehnt worden, weil er auf einem Unterarm die Göttin Diana mit entblößten Brüsten tätowiert hatte. Zu Recht, urteilte das Gericht.

Ähnlich erging es einer Polizei-Anwärterin mit auffälligem Tattoo in Hessen: 2014 entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel gegen sie. Die Frau hatte sich auf dem rechten Unterarm den Spruch „Bitte bezwinge mich“ tätowieren lassen. Die Tätowierung überschreite den Rahmen der noch akzeptablen individuellen Auffälligkeit, urteilte der Gerichtshof.

Peter Schall, bayerischer Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, hält ein striktes Tattoo-Verbot für Polizisten für überholt. „Das kommt noch aus alten Zeiten, in denen nur Seeleute und Strafgefangene tätowiert waren. Der Polizist sollte wie aus dem Ei gepellt ausschauen.“ Seine Gewerkschaft habe eine Kollegin betreut, die sich ihre sichtbare Tätowierung in einer langwierigen und schmerzhaften Prozedur entfernen ließ, um im Polizeidienst bleiben zu können.

„Ich erwarte aber eigentlich, dass das vom Gerichtshof weitgehend freigegeben wird. Es ist ja auch die Frage, wie lange Bayern es sich überhaupt noch leisten kann, hier so restriktiv zu sein. Inzwischen ist ja jeder Dritte tätowiert“, sagt Schall. Laut einer Studie der Uni Leipzig aus dem vergangenen Jahr ist es jeder fünfte Deutsche. Und es werden mehr. „Man wird sich das auf Dauer nicht leisten können, die Leute auszugrenzen. Die Befähigung sollte entscheiden und nicht das Aussehen“, meint Schall.

In Berlin hat die Polizei ihre Haltung inzwischen schon ganz offiziell geändert. In einem Bewerbungs-Aufruf der Hauptstadt-Polizei hieß es: „Die Polizei Berlin ändert ihren Umgang mit Tätowierungen!“ Ausnahmen: extremistische, sexistische, gewaltverherrlichende und religiöse Motive. „Aloha“ steht nach Ansicht des klagenden Polizisten „in vollem Einklang zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, wie er in erster Instanz vor Gericht angegeben hatte.

UPDATE: Bayerische Polizisten dürfen sich weiterhin nicht sichtbar tätowieren lassen. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof am Mittwoch in München entschieden. Der 42 Jahre alte Polizeioberkommissar Jürgen Prichta hatte geklagt, weil das Polizeipräsidium Mittelfranken ihm verboten hatte, sich den hawaiianischen Schriftzug „Aloha“ auf seinen linken Unterarm tätowieren zu lassen.

Prichta hatte 2008 seine Flitterwochen auf Hawaii verbracht und wollte mit dem Tattoo eine bleibende Erinnerung daran auf seinem Körper verewigen. „Ich bin schon enttäuscht“, sagte er nach dem Urteil. „Und ich verstehe es auch nicht.“

Der Verwaltungsgerichtshof sah die Dienstanweisung, dass Polizisten keine sichtbaren Tätowierungen tragen dürfen, durch den Artikel 75 des Bayerischen Beamtengesetzes gedeckt. Er bestätigte mit seinem Urteil die gleichlautende Entscheidung der Vorinstanz. Hier geht es zur kompletten Meldung.